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Montag, 22. März 2021

"Eine Lüge ist bereits dreimal um die Erde gelaufen, bevor sich die Wahrheit die Schuhe anzieht." Mark Twain (angeblich)

Pseudo-Mark-Twain-Zitat.

 Diesen Aphorismus hat noch niemand so oder so ähnlich in einem Text von Mark Twain gefunden, obwohl schon viele Experten danach gesucht haben (quoteinvestigator).

Die Erkenntnis, dass sich Gerüchte und Lügen viel schneller verbreiten als jene Wahrheit, die sie widerlegt, ist schon alt, und wurde von dem irischen Satiriker Jonathan Swift in einem Essay über Lügen in der Politik vor 300 Jahren mit folgenden Worten formuliert: 


Jonathan Swift, 1710:

  • "Die Lüge fliegt, und die Wahrheit humpelt ihr hinterher".
  • "Falsehood flies, and the Truth comes limping after it". (Link)

Die Metapher von der zu langsamen Wahrheit, die sich erst die Stiefel anziehen muss, ist am Anfang des 19. Jahrhunderts in Amerika entstanden und gelangte in den 1880er Jahren in den deutschen Sprachraum. 

Pseudo-Winston-Chuchill-Zitat.

 Alle Zuschreibungen der Metapher an Mark Twain, Thomas Jefferson oder Winston Churchill lassen sich nicht belegen, sind also falsch (quoteinvestigator).

Pseudo-Winston-Chuchill-Zitat.

1882

  • " 'Die Lüge', so meint einmal ein englischer Schriftsteller, 'hat bereits die Reise um die Welt gemacht, ehe die Wahrheit die Stiefel angezogen hat'."
    Eduard Marcour: "War Maria Stuart Gattenmörderin?"  1882, S. 209/21  (Link)

 

1885

  • "Die Lüge geht durch die halbe Stadt,
    ehe die Wahrheit die Stiefel anhat.
    G.W"

    Fliegende Blätter, Band LXXXIII, Nr. 2084-2109, 1885, S. 110   (Link)

Die erste falsche Zuschreibung an  Mark Twain auf Deutsch stammt aus der Übersetzung des journalismuskritischen Buches "Der Sündenlohn: eine Studie über den Journalismus" von Upton Sinclair; Mark Twain war 1921 schon 11 Jahre tot.

In Amerika wurde Mark Twain das Zitat neun Jahre nach seinem Tod erstmals untergeschoben (quoteinvestigator).

1921

  • "Von Mark Twain, glaube ich, stammt das Wort, daß eine Lüge rund um die Erde rennen kann, während die Wahrheit in ihren Schuhen steckt."
    Upton Sinclair: "Der Sündenlohn: eine Studie über den Journalismus", Verlag Der Neue Geist / Dr. Peter Reinhold Leipzig: 1921, S. 55 (Link)

In der Mitte des 20. Jahrhunderts war die Metapher anscheinend auch im deutschen Sprachraum schon so weit verbreitet, dass sie dem Volksmund zugeschrieben wurde.

1942 

  • "Es geht ihr, wie es im Volksmund heißt: Ehe die Wahrheit die Stiefel angezogen hat, ist die Lüge schon dreimal um die Welt gelaufen."
    Peter Ketter: "Die Apokalypse" 1942, S. 192 (Link)

Garson O'Toole hat die Entwicklung des Zitats in Amerika mit vielen Varianten dokumentiert (quoteinvestigator)

Die Lügen fliegen in dem Spruch zuerst von Maine nach Georgia, dann eine Meile, auch hundert Meilen, schließlich um die halbe oder um die ganze Erde und am Ende drei Mal um die Erde.

1820

  • "for falsehood will fly from Maine to Georgia, while truth is pulling her boots on". (Link)

1842

  • "It is said that Falshood runs off, while truth is pulling on its boots". (Link)

1854

  • "On the principle of the popular saying, that 'falsehood will travel a hundred miles while truth is pulling on its boots,’ holders will have entered and taken possession of the new Territories" (Link)

1856

  • "It is said that a lie will go a mile while truth is pulling on his boots".  (Link)

1857

  • "It is well said in the old proverb, 'A lie will go round the world while truth is pulling its boots on.'" (Link)

1895

  • "'A lie will travel round the world while truth is pulling on its boots' is a saying which gives an advantage to the lie." (Link)

 

Pseudo-Mark-Twain-Zitate im 21. Jahrhundert:


  • "Eine Lüge kann den halben Erdball umrunden, während sich die Wahrheit noch die Schuhe zubindet."
  • "Eine Lüge ist bereits dreimal um die Erde gelaufen, bevor sich die Wahrheit die Schuhe anzieht." 
  • "Eine Lüge reist einmal um die Erde, während sich die Wahrheit die Schuhe anzieht."
  • "Eine Lüge ist bereits dreimal um die Erde gelaufen, bevor sich die Wahrheit die Schuhe anzieht."
  • "Die Lüge ist dreimal um die Welt gereist, die Wahrheit bindet sich noch die Schuhe."
  • "Die Wahrheit schnürt sich noch die Schuhe während die Lüge bereits einmal um den Globus ist".
  • "Eine Lüge ist bereits dreimal um die Welt gelaufen, bevor sich die Wahrheit die Schuhe anzieht."
Pseudo-Mark-Twain-Zitat.

     

   

 

 

Artikel in Arbeit

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Quellen: 

 "The Yale Book of Quotations". Edited by Fred R. Shapiro. Foreword by Joseph Epstein, Yale University Press, New Haven and London: 2006, S. 615/168
Ralph Keyes: "The Quote Verifier: Who Said What, Where, and When." St. Martin's Griffin, New York: 2006, S. 121 (Link)
Richard Langworth:  Pseudo-Winston-Churchill-Zitate (richardlangworth.com)
Jonathan Swift: [Artikel ohne Titel] in: The Examiner, Number 15, 2.-9. November 1710, London: 1770, S. 2 (Link)
Jonathan Swift: "Über die Kunst der politischen Lüge", (1710) in: Das Blättchen, 27. Oktober 2014 (Link)
Garson O'Toole: "A Lie Can Travel Halfway Around the World While the Truth Is Putting On Its Shoes: Mark Twain? Jonathan Swift? Thomas Francklin? Fisher Ames? Thomas Jefferson? John Randolph? Charles Haddon Spurgeon? Winston Churchill? Terry Pratchett? Anonymous?" 2014 (quoteinvestigator)
1882: Eduard Marcour: "War Maria Stuart Gattenmörderin?" S. 21, in: Frankfurter zeitgemäße Broschüren, hrsg. von Paul Haffner, Band III, Verlag von A. Foesser, Frankfurt a. M.: 1882, S. 209/21  (Link)
1885: Fliegende Blätter, Band LXXXIII, Nr. 2084-2109, 1885, S. 110   (Link)
1942: Peter Ketter: "Die Apokalypse" Herders Bibelkommentar. Die Heilige Schrift für das Leben erklärt 16/2, Herder, Freiburg in Breisgau: 1942, S. 192 (Link)

 Beispiele für falsche Zuschreibungen an Mark Twain:

Upton Sinclair: "Der Sündenlohn: eine Studie über den Journalismus", Verlag Der Neue Geist / Dr. Peter Reinhold, Leipzig: 1921, S. 55 (Link)
"Harenberg Lexikon der Sprichwörter u. Zitate: mit 50000 Einträgen das umfassendste Werk in deutscher Sprache." (1997) 3. Auflage 2002, Harenberg Verlag, Dortmund: 2002, S. 808
Ingo Reichardt, Anne Reichardt: "Treffende Worte: 3000 Zitate für Führungskräfte." Linde Verlag, Wien: 2003, S. 105 (Link)
Henriette Kuhrt 12.11.2020 (bellevue.nzz.ch)
Imre Grimm 20.02.202 (rnd.de)

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Dank:

Ich danke wieder einmal Garson O'Toole (quoteinvestigator) für seine gründliche Arbeit und dem Historiker Richard Langworth für seine Sammlung falscher Churchill-Zitate (richardlangworth.com).

Dienstag, 16. Februar 2021

"Seit ich die Menschen kenne, liebe ich die Tiere ." Arthur Schopenhauer (angeblich)

Dieses ursprünglich französische Aperçu ist seit dem 19. Jahrhundert in vielen Sprachen und mehreren Varianten als Grabsteinspruch für Hunde, als Kalenderspruch in Amtszimmern, als Meme oder als Lebensmotto weit verbreitet und wird oft berühmten Personen untergeschoben, die für ihre Liebe zu Hunden bekannt sind.

Die beliebtesten Zuschreibungen (Schopenhauer, Friedrich d. Gr., Mark Twain) sind Erfindungen des 20. Jahrhunderts und konnten von der Zitatforschung in zeitgenössischen Quellen nicht nachgewiesen werden.

1) Von dem preußischen König Friedrich II. weiss man, dass er seine Hunde mehr als die Menschen mochte und dass er sein Grabmal auf der Terasse des Schlosses Sanssouci neben den Gräbern seiner Lieblingshunde anlegen ließ (Link)

Pseudo-Friedrich-II.-Zitat.

Wohl deswegen schien es mehr als 120 Jahre nach seinem Tod plausibel, der Ausspruch stamme von ihm. Aber es gibt keinerlei Belege dafür. 

Begonnen hat die falsche Zuschreibung an Friedrich II. um 1927 (Link), also ungefähr 140 Jahre nach seinem Tod, und auch der Anführer der Nationalsozialisten war der festen Überzeugung, das Zitat stamme von dem verehrten preußischen König:

  • "Von Zeit zu Zeit hob er [Hitler] seinen Blick zu dem Bildnis Friedrichs des Großen auf, das über seinem Schreibtisch hing, und wiederholte dessen Ausspruch: 'Seit ich die Menschen kenne, liebe ich die Hunde .'"
    Albert Zoller: "Hitler privat: Erlebnisbericht seiner Geheimsekretärin", Droste Verlag 1949, S. 230  (Link)

2) Ebenso bekannt ist die Zuneigung des Philosophen Arthur Schopenhauer zu seinen Pudeln, die er seit seiner Studienzeit bei sich hatte, und die er dem Umgang mit Menschen vorzog, doch er hat nie geschrieben, seit er die Menschen kenne, liebe er seine Hunde oder etwas Ähnliches.

Wilhelm Busch: "Schopenhauer" (Wikimedia).

Der Aphorismus wird ihm seit den 1930er Jahren in verschiedenen Varianten unterschoben und ist weder in seinen Texten noch in zeitgenössischen Quellen zu finden.


Pseudo-Arthur-Schopenhauer-Zitat.

3) In der englischsprachigen Welt wird das Zitat meistens Mark Twain zugeschrieben.

Pseudo-Mark-Twain-Zitat.

Aber wie der amerikanische Zitatforscher Garson O'Toole in seiner gründlichen Recherche zum Ursprung des Zitats herausgefunden hat, wurde es auch Mark Twain erst nach seinem Tod zugeschrieben und ist in seinen Texten, Briefen und Interviews unauffindbar (quoteinvestigator).
 

Pseudo-Vladimir-Putin-Zitat.


4) Entstanden ist der Aphorismus vor dem 19. Jahrhundert in Frankreich und bis zum Ersten Weltkrieg wurde er auch im deutschen Sprachraum durchwegs französischen Autorinnen und Autoren zugeschrieben.

Laut Recherchen des Technikhistorikers Ralf Bülow könnte der im Jahr 1762 verstorbene Dramatiker Crébillon einer der Ersten gewesen sein, der eine Variante dieses misanthropischen Aphorismus geprägt hat.

Im April 1780 erinnert sich der umgängliche französiche Revolutionär Mirabeau in einem Brief an seine Freundin Sophie an diesen Ausspruch Crébillons mit folgenden Worten:

  • "Ach. Dein Landsmann Crébillon hatte nicht so Unrecht. Als man ihn fragte, warum er beständig von Hunden umgeben sei, antwortete er: 'ich thue das, seit ich die Menschen kenne.'"
    Mirabeau, April 1780, S. 447  (books.google)
    "Hélas! ton compatriote Crébillon n'avait pas tort de répondre à ceux qui lui demandaient pourquoi il était toujours entouré de chiens: c'est depuis que je connais les hommes."


    Honoré-Gabriel Riqueti Mirabeau: Lettres originales de Mirabeau, écrites du donjon de Vincennes,1777-1780, Chez Rarnery, Paris: 1792, S. 256 (Link)

Eine frühe Variante des Zitats taucht im Jahr 1822 in den digitalisierten Texten auf, wie Garson O'Toole herausgefunden hat. Eine Frau habe kürzlich - zum Mißvergnügen des Redakteurs - gesagt:

1822

  • "Je mehr ich die Männer kenne, desto mehr mag ich die Hunde."
  • "Nous venons de recevoir le Miroir de la Somme, il contient les niaiseries suivantes: Une dame disait l’autre jour: plus je connais les hommes, mieux j’aime les chiens." (zitiert nach quoteinvestigator).

Jahrzehnte später wird dieser Ausspruch Madame de Madame de Staël, die im Jahr 1817 gestorben ist, zugeschrieben.

 1878

  •  "Plus je connais les hommes, plus j'admire les chiens. MADAME DE STAEL." (Link)

Ob Madame de Staël wirklich die unbekannte Dame war, von der in dem Artikel 1822 die Rede ist, ist ungewiss. 

1848 wird der Aphorismus einem "modernen Philosophen" zugeschrieben:

  • "Je m'éloignai, triste, et en murmurant cette pensée d'un philosophe moderne: Plus je connais les hommes , plus j'estime les chiens." (Link)  (archive.org)

In der Mitte des 19. Jahrhunderts haben die französischen Autoren Alphonse Toussenel und Alphonse de Lamartine unabhängig von einander den Aphorismus verwendet und dadurch zu dessen weiterer Verbreitung beigetragen, aber sie haben ihn so wenig geprägt wie Charles de Gaulle, der ihn 100 Jahre später zitiert hat.

 Ich folge hier der Einschätzung von Garson O'Toole, dessen 2018 publizierten Artikel mit den sorgfältigen Quellenangaben zu diesem Zitat ich nur empfehlen kann (quoteinvestigator).

Die französische Schauspielerin Sarah Bernhardt schreibt das Zitat in ihren Erinnerungen einer "berühmten Landsmännin", vielleicht also Madame de Staël oder Madame de Sévigné zu, und nicht Friedrich II., Schopenhauer oder Mark Twain.

1895

  • Sarah Bernhardt:
    "Was habe ich Menschen kennen gelernt in diesem alternden Jahrhundert! Aber,  weiß Gott, ich kann nur mit meiner berühmten Landsmännin sagen: 'Je mehr ich die Menschen kennen lerne, umsomehr liebe ich die Hunde.'"
    Wiener Sonn- und Montags-Zeitung, 5. August 1895, S. 2, Übersetzung: G. Engelsmann (Link)

 Ein Zoologe hält George Sand für die Urheberin des Zitats:

1898

  • "Seit ich die Menschen kenne , liebe ich die Hunde , war ein geflügeltes Wort von George Sand." (Link)

Um 1900 wurde der Aphorismus schon als Grabsteinspruch auf dem neuen Pariser Hundefriedhof gesehen:

1903 

  • [Grabsteinspruch :] "Je mehr ich die Menschen sehe, je mehr liebe ich meinen Hund."  (anno) 

 1922

  • Leo Slezak: "Seit ich die Menschen kenne, liebe ich die Tiere."  
    Leo Slezak: "Meine sämtlichen Werke." Ernst Rowohlt Verlag, Berlin: 1922, S. 186 (Link); 1926: (Link)

Erst nachdem der österreichische Tenor Leo Slezak  das französische Bonmot in seinen Memoiren und in einigen Zeitungsartikeln als sein Motto verkündet hat, wurde es erstmals Friedrich II. zugeschrieben:

1927

  • "Friedrich der Große hat einmal gesagt, seit er die Menschen kenne, liebe er die Hunde."
    Adolf Stein: "Berliner Funken", Brunnen Verlag / Karl Winckler, Berlin: 1927, S. 183 (Link)

1928

  • "Friedrich II. [...] seinem Ausspruch: 'Je näher ich die Menschen kennenlerne, desto mehr liebe ich dieHunde!'" (Link)

1930

  • "Ein altes Wahrwort sagt: 'Seitdem ich die Menschen kenne, habe ich die Hunde lieben gelernt.'" (Link)

 1931 wird ein alter arabischer Philosoph als Urheber des Zitats vermutet (Link).

Die meines Wissens erste irrtümliche Zuschreibung an Arthur Schopenhauer stammt vom damaligen Vizepräsidenten des Wiener Patentamts und stand in der katholischen Wiener Tageszeitung "Reichspost":

1932

  • "Von Schopenhauer soll der Ausspruch stammen: 'Ich kenne die Menschen, drum liebe ich die Hunde'".
    Reichspost, 3. Juli 1932, S. 16
      (Link)

 1949

  • "Diese Geraunze und Geraune erinnert an die alten Dichterworte: 'Je mehr ich die Menschen kennenlerne, desto mehr liebe ich die Tiere.'" (Link)

1949

  • "Von Zeit zu Zeit hob er [Hitler] seinen Blick zu dem Bildnis Friedrichs des Großen auf, das über seinem Schreibtisch hing, und wiederholte dessen Ausspruch : 'Seit ich die Menschen kenne, liebe ich die Hunde .'"
    Albert Zoller: "Hitler privat: Erlebnisbericht seiner Geheimsekretärin", Droste Verlag 1949, S. 230  (Link)

1951

  • "Der alte Fritz hat einmal gesagt: 'Seitdem ich den Menschen kenne, liebe ich die Hunde'."  (Link)

 1954

  • "Das vielzitierte, Friedrich dem Großen in den Mund gelegte Wort: 'Seit ich die Menschen kenne, liebe ich die Hunde,' stellt einen Gegensatz auf, der gar nicht besteht."  (Link)

1957

  • "Ein großer Tierfreund sagte einmal: 'Seitdem ich die Menschen kenne, liebe ich die Tiere.'"  (Link)

1963

  • Konrad Lorenz:  "Ein sentimentaler Menschenhasser hat den oft nachgeplapperten Aphorismus geprägt: 'Seit ich die Menschen kenne, liebe ich die Tiere '. Ich behaupte umgekehrt ..."
    Konrad Lorenz, Das sogenannte Böse, 1963, S. 344 (archive.org)

1964

  • "Damit deckt er Pseudowahrheiten sentimentaler Nörgler auf, die es sich mit Schopenhauers Wort 'Seitdem ich die Menschen kenne , liebe ich die Tiere' sehr leicht machen."
    Forum, 1964, S. 155 (Link)

 

1965

  • So daherreden heißt den Standpunkt des Spießers einnehmen, der da der Meinung ist: Seit ich die Menschen kenne , liebe ich die Tiere . (Link)

 

1967

  • "Ich darf in diesem Zusammenhang an einen Ausspruch Friedrich d. Gr. erinnern, der einmal gesagt hat: 'Seit ich die Menschen kenne, liebe ich die Tiere!'" 

1969

  • "Einen Ausspruch Friedrichs des Großen mißbrauchend, zu dessen Bild er bis zuletzt aufschaute, resignierte er völlig : 'Seit ich die Menschen kenne, liebe ich die Hunde.'" (Link)

1971

  • "Jetzt brauchte ich nur mit dem albernen pseudophilosophischen Satz zu schließen: 'Seit ich die Menschen kenne, liebe ich die Tiere.' Mein Ansehen bei allen Tierfreunden wäre gerettet." (Link)

1975

  • "Tiere körnen aber auch als Ersatz für gestörte zwischenmenschliche Beziehungen gesucht werden, etwa nach der Devise 'Weil ich die Menschen kenne, liebe ich die Tiere ', die übrigens von Friedrich II. stammen soll." (Link)

 1974

  • "Dolittle hat sich von den undankbaren Menschen ab und den dankbaren Tieren zugewandt, nach dem schönen Motto: seit ich die Menschen kenn, liebe ich die Tiere, das in vielen Amtsstuben neben dem Schäferhundsporträt hängt. (Link)

1978

  • "Oder von welch geheimnisvoller Häuslichkeit plaudert doch das Sprichwort: 'Seit ich die Menschen kenne, liebe ich die Türe!' "  (google.books)

1978

  • "'Seit ich die Menschen kenne, liebe ich die Hunde'  Stammt das von Schopenhauer? Oder war es Friedrich der Große?   'Keine Ahnung ...'"  (Link)

 

1981

  • "Die in ihrer Verabsolutierung zweifelhafte These Nitzsches [!]: ' Seit ich die Menschen kenne, liebe ich die Tiere !', wird hier – auf den Faschismus bezogen – zur überzeugenden Bildformulierung gehöht . "  (Link)
 
1981
  • "'Seit ich die Menschen kenne , liebe ich die Tiere', sagte Friedrich der Große, und es ist der innigste Wunsch der Deutschen, nicht mehr ohne die Gesellschaft von Schildkröten und Papageien, von Wildkatzen und Pavianen leben ..." (Link)
 
1982
  • "Was hat schon Schopenhauer gesagt: 'Seit ich Menschen kenne, liebe ich Tiere .'"  (Link)
 
1985
  • "Seit ich die Menschen kenne, liebe ich die Tiere “ ist ja der berühmte Plüschsofa-Spruch der Unpolitischen ."  (Link)
 
1987
  • "unterscheidet sie sich nicht prinzipiell von dem alten Spruch: Seit ich die Menschen kenne, liebe ich die Tiere." (Link)
1989 
  •  "(kalauer: seit ich die menschen kenne, liebe ich die türe.)  ( Reinhard Priessnitz )" (Link)   (Link)
1990
  • "Das offenkundige Ranggefälle zwischen Mensch und Tier erhielt einen neuen unaufkündbaren Verbindlichkeitscharakter, der selbst in Friedrichs des Großen Diktum, Seit ich die Menschen kenne , liebe ich die Tiere!' nicht annuliert wird." (Link)
1996
  • "An den Wänden hingen abgesägte Baumscheiben (vorwiegend Birke ?), in die Sprüche eingebrannt waren: 'Seit ich die Menschen kenne, liebe ich die Tiere.'"  (Link)
 1998
  •  "Friedrich der Große hatte es in seinem gelegentlich zitierten Wort in Umlauf gesetzt: Seit ich die Menschen kenne, liebe ich die Hunde; und neben seinen Lieblingshunden wurde er bekanntlich auf der Terrasse von Sanssouci beigesetzt." (Link)
2000
  •  "in seinem Zimmer hingen nicht weniger als sechzehn Kupferstiche von Hunden. 'Seit ich die Menschen kenne, liebe ich meine Hunde', bekannte Friedrich II." (Link)
 2019
  • "Ich zitiere Mark Twains Ausspruch 'Seitdem ich Menschen kenne, liebe ich Hunde' gerne und wiederholt in der Variation 'Seitdem ich Menschen kenne, liebe ich Pferde'".  (Link)
 
Erstaunlich ist, wie seit dem Ersten Weltkrieg bis heute der eindeutig französische Ursprung des Zitats im deutschen Sprachraum fast völlig verdrängt wurde.
 
 


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Quellen: 
Google  Zitat plus 'Schopenhauer': "Ungefähr 5 980 Ergebnisse"
Ralph Keyes: "The Quote Verifier: Who Said What, Where, and When." St. Martin's Griffin, New York: 2006, S. 47f. (Link)
Garson O'Toole: "The More I Know About People, the Better I Like Dogs: Mark Twain? Madame de Sévigné? Madame Roland? Alphonse de Lamartine? Alphonse Toussenel? Louise de la Rameé? Alfred D’Orsay? Thomas Carlyle? Anonymous?" 2018 (quoteinvestigator)
Wolfgang Grittner: "Der Preußenkönig Friedrich II. und die Tiere. Eine historische Betrachtung."  Deutsches Ärzteblatt 3/2013, S. 316f.  (Link) [Keine Erwähnung des Zitats.] 
Albert Zoller: "Hitler privat: Erlebnisbericht seiner Geheimsekretärin", Droste Verlag 1949, S. 230  (Link)
Honoré-Gabriel Riqueti Mirabeau: Lettres originales de Mirabeau, écrites du donjon de Vincennes,1777-1780, Chez Rarnery, Paris: 1792, S. 256 (Link) 
Friedrich Lewitz: "Mirabeau: Ein Bild seines Lebens, seines Wirkens, seiner Zeit." In zwei Bänden. Ferdinand Hirt's Verlag, Breslau: 1852, S. 447 (Link)
Wiener Sonn- und Montags-Zeitung, 5. August 1995, S. 2, Übersetzung: G. Engelsmann (Link) 
Leo Slezak: "Meine sämtlichen Werke." Ernst Rowohlt Verlag, Berlin: 1922, S. 186 (Link); 1926: (Link) 
Konrad Lorenz, Das sogenannte Böse, 1963, S. 344 (archive.org) 
Forum, 1964, S. 155 (Link)
 
Früheste falsche Zuschreibung an Mark Twain:
1918: The National Drug Clerk, Vol. 6, Nr. 4, "Some Everyday Incidents in the Life of a Pharmacist" by Zeb W. Rike, Ph. G., S. 286
(Link) (zitiert nach 
quoteinvestigator)
 
Früheste falsche Zuschreibung an Friedrich II.:
1927: Adolf Stein: "Berliner Funken", Brunnen Verlag / Karl Winckler, Berlin: 1927, S. 183 (Link)
 
Früheste falsche Zuschreibung an Arthur Schopenhauer:
1932: Reichspost, 3. Juli 1932, S. 16  (Link) 
 
 
Artikel in Arbeit. Weitere Funde zum Ursprung des Zitats und der Kuckuckszitate sind nicht ausgeschlossen. 
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Dank:
Ich danke Moritz Jacob für den Hinweis auf dieses Zitat, Ralf Bülow für seine Mirabeau-Recherche und natürlich muss man auch den amerikanischen Zitatforschern Ralf Keyes und Garson O'Toole für ihre gründliche Arbeit dankbar sein. 
 
 
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ANHANG

Screenshot 16/2 2021; Pseudo-Arthur-Schopenhauer-Zitat.


 

Dienstag, 20. Oktober 2020

"Es ist idiotisch, sieben oder acht Monate an einem Roman zu schreiben, wenn man in jedem Buchladen für zwei Dollar einen kaufen kann." Mark Twain (angeblich)


Pseudo-Mark-Twain-Zitat.

Dieses wahrscheinlich von der amerikanischen Schauspielerin und Entertainerin  Gracie Allen geprägte Bonmot wird auf Deutsch irrtümlich Mark Twain zugeschrieben.

 

  • "S.S. Van Dine is silly to spend six or seven months writing a novel when you can buy one for two dollars ..."  Gracie Allen  (books.google)  

 

Bei einer chronologischen Durchsuchung der digitalisierten Texte taucht die Zuschreibung an Mark Twain das erste Mal im Jahr 1974 in Markus M. Ronners Zitate-Sammlung "Die Treffende Pointe: humoristisch-satirische Geistesblitze des 20. Jahrhunderts" auf.
 

Markus M. Ronners Zitate-Sammlung ist keine verlässliche Quelle für Zitate, da die Zitate erstens ohne Quellennachweis präsentiert werden, und ich zweitens in diesem Buch schon mehrere  falsche Zuschreibungen entdeckt und dokumentiert habe (Link).


1974
  • "Es ist idiotisch, sieben oder acht Monate an einem Roman zu schreiben, wenn man in jedem Buchladen für zwei Dollar einen kaufen kann.  Mark Twain"

    Markus M. Ronner: "Die Treffende Pointe: humoristisch-satirische Geistesblitze des 20. Jahrhunderts nach Stichwörtern alphabetisch geordnet." Ott Verlag, Thun: 1974,  S. 38 ; 247; 257 (books.google)

Sogar in einer Mark-Twain-Anthologie des Insel Verlags wurde das Zitat aufgenommen, allerdings mit dem Zusatz, diese Gruppe von Zitaten seien nicht literarisch belegt, aber allgemein als Mark-Twain-Zitate bekannt und "vorwiegend mündlich überliefert."

Ein Kuckuckszitat, das einem Autor aus unbekannten Gründen Jahrzehnte nach seinem Tod erstmals untergeschoben wurde, sollte nicht als "mündlich überliefert" bezeichnet werden.

2012

  • "Es ist idiotisch, sieben oder acht Monate an einem Roman zu schreiben, wenn man in jedem Buchladen für zwei Dollar einen kaufen kann."
    Mark Twain für Boshafte. Ausgewählt von Günter Stolzenberger. (2010) insel taschenbuch, Berlin: 2012 ebook [Zusatz: nicht belegt; mündlich überliefert] (books.google)


Artikel in Arbeit.

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Quellen:
"The Quotable Mark Twain: His Essential Aphorisms, Witticisms and Concise Opinions" R. Kent Rasmussen, McGraw-Hill Education: New York 1998 (Link)

Beispiele für falsche Zuschreibungen:
Markus M. Ronner: "Die Treffende Pointe: humoristisch-satirische Geistesblitze des 20. Jahrhunderts nach Stichwörtern alphabetisch geordnet." Ott Verlag, Thun: 1974, S. 38 ; 247; 257 (books.google)
"Mark Twain für Boshafte." Ausgewählt von Günter Stolzenberger. (2010) insel taschenbuch, Berlin: 2012 ebook
 
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Dank:
Ich danke Zitante Christa für den Hinweis auf dieses Kuckuckszitat und Ralf Bülow und Moritz Jacob für ihre Recherchen zum Ursprung des Zitats.

"Die größte Macht hat das richtige Wort zur richtigen Zeit." Mark Twain (angeblich)

Pseudo-Mark-Twain-Zitat.

Dieses Zitat wird dem Amerikaner Mark Twain anscheinend nur auf Deutsch unterschoben und ist in seinen digitalisierten Werken und in relevanten amerikanischen Nachschlagwerken unaufindbar.

Dass das rechte Wort zur rechten Zeit eine große Sache ist, steht schon in der Bibel:

·       "Wie goldene Äpfel auf silbernen Schalen / ist ein rechtes Wort zur richtigen Zeit." 
(Sprüche  25,11)

"The right word spoken at the right time is as beautiful as gold apples in a silver bowl." 

·       „Jeder freut sich, wenn er treffend zu antworten weiß - wie gut ist ein wahres Wort zur rechten Zeit!"
(Sprüche 15, 23).

Diese sprichwörtliche Weisheit aus der Bibel ist in den letzten 2000 Jahren unzählige Male variiert worden, aber anscheinend nie von Mark Twain.

 Wer ihm vor kaum 20 Jahren als erster das Kuckuckszitat untergeschoben hat, ist unbekannt. Inzwischen wird es ihm in vielen Online-Zitatsammlungen irrtümlich zugeschrieben.

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Quellen: 

Google books (Erste Zuschreibung: 2005)
 
"The Quotable Mark Twain: His Essential Aphorisms, Witticisms and Concise Opinions" R. Kent Rasmussen, McGraw-Hill Education: New York 1998 (Link)
 
Beispiele für falsche Zuschreibungen: 

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Dank: Ich danke Zitante Christa für den Hinweis auf das Kuckuckszitat und Ralf Bülow für seine Recherchen dazu.