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Montag, 2. Juli 2018

"Auch aus Steinen, die dir in den Weg gelegt werden, kannst du etwas Schönes bauen." Erich Kästner (angeblich)


Pseudo-Erich-Kästner-Zitat.

Dieser Aphorismus stammt so ähnlich von dem deutschen Fernsehmoderator Robert Lembke aus den 1970er Jahren und wurde später Goethe, Konfuzius und Erich Kästner untergeschoben.

Laut Google-Books-Suchen wurde dieses Bonmot zum ersten Mal im Jahr 1986 (Link) Johann Wolfgang von Goethe untergeschoben, und zwar von dem FDP-Abgeordneten Klaus Beckmann im Deutschen Bundestag anlässlich einer verkehrspolitischen Debatte über die Einführung der Parkkralle in Deutschland:

Im 21. Jahrhundert wird das Zitat abwechselnd Erich Kästner oder Goethe zugeschrieben, obwohl es weder in den Schriften Erich Kästners noch in den Schriften Johann Wolfgang von Goethes zu finden ist.

Pseudo-Goethe-Zitat.

Pseudo-Erich-Kästner-Zitat.

Varianten des Pseudo-Erich-Kästner-Zitats:

  • "Auch mit Steinen die man Dir in den Weg legt kannst Du etwas Schönes bauen."                      
  • "Even if there are stones in your way, you can build something beautiful" 
  • "Even if there are stones in your way, you can build something beautiful with it."  
  • "You can build something beautiful from stones that are put in your way." 
  • "Even the stones that have been placed in one's path can be made into something beautiful."
    "Auch aus Steinen, die einem in den Weg gelegt werden, kann man Schönes bauen."
     
Noch mehr Versionen dieses Zitats sind in Juttas Zitateblog (Link) versammelt. 


Entwicklung des Kuckuckszitats:


1974, Robert Lembke:
  • "Mit etwas Geschick kann man sich aus den Steinen, die einem in den Weg gelegt werden, eine Treppe bauen."

1986,  FDP-Abgeordneter Klaus Beckmann:
  • "Aus Steinen, die einem in den Weg gelegt werden, wie Goethe sagt, kann man auch Schönes bauen." (Link)
1992, Goethe (angeblich):
  • "Auch aus Steinen, die einem in den Weg gelegt werden, kann man Schönes bauen."
2000, Erich Kästner (angeblich):
  • "Auch mit Steinen die man Dir in den Weg legt kannst Du etwas Schönes bauen." (Link)
2007, Chinesische Weisheit (angeblich)
  • "Mit dem eigenen Geschick kann man sich aus den Steinen, die einem in den Weg gelegt werden, eine Treppe bauen." (Link)
2016, Konfuzius (angeblich)
  • "Du sollst aus den Steinen, die einem in den Weg gelegt werden, eine Brücke bauen.“

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Quellen:
Google
Wolfgang Mieder: "Phrasen Verdreschen: Antiredensarten Aus Literatur Und Medien", Quelle + Meyer: 1999, S. 298 
Robert Lembke: "Das Beste aus meinem Glashaus: Humoristisches und Satirisches"  Fischer, Frankfurt am Main: 1977, S 13 [Zitiert nach Wolfgang Mieder]
Johan Zonneveld: "Bibliographie Erich Kästner." 3 Bände im Schuber. Aisthesis Verlag, Bielefeld: 2011
E-Mail von Dr. Johan Zonneveld vom 2. Juli 2018
Abgeordneter Klaus Beckmann (FDP), 27. Februar 1986: Verhandlungen des Deutschen Bundestages: Stenographische Berichte, Deutscher Bundestag,  Band 137, 1986, S. 15429 (Link)  
Publik-Forum, Band 21, 1992, S 39 (Link)
Lexikon der Goethe-Zitate. Hrsg. von Richard Dobel, Artemis Verlag, Weltbild Verlag, Augsburg: 1991 

Juttas Zitateblog: "Goethe und die Steine, die einem in den Weg gelegt werden – oder sind sie doch von Kästner oder von wem?", 2012 (Link) (Lesenswert.)
E-Mail von Dr. Johann Zonneveld vom 2. Juli 2018

Frühe Zuschreibungen an Erich Kästner:
Dezember 2000: groups.google
August 2001: groups.google 
2001: groups.google.com
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Dank:
Ich danke dem Literaturwissenschaftler Johan Zonneveld, der seit Jahrzehnten Erich Kästners Werk erforscht, für die Bestätigung, dass dieses Zitat in den Schriften und Interviews Erich Kästners nicht zu finden ist. Dank auch an Juttas Zitateblog und Wolfgang Mieder.
 (Artikel in Arbeit.)

Letzte Änderung: 16/7 2023

Samstag, 13. Januar 2018

"Es gibt nichts Gutes, außer man tut es." Seneca (angeblich)

Das irrtümlich manchmal Kurt Tucholsky, Marie von Ebner-Eschenbach oder Seneca zugeschriebene Zitat  hat der deutsche Kinderbuchautor und Lyriker Erich Kästner 1950 in einem Epigramm mit dem Titel "Moral" geprägt.

Erich Kästner, 1950
  • "Moral
     Es gibt nichts Gutes
     außer: Man tut es."
     Erich Kästner (Link) 
Varianten von Zitierenden:
  • "Es gibt nichts Gutes außer: Man tut es."
  • "Es gibt nichts Gutes, außer: Man tut es."
  • "Es gibt nichts Gutes, außer man tut es."
  • "Es gibt nichts Gutes außer man tut es." 
  • "Es gibt nichts Gutes, außer: man tut es!"
Dieses Erich-Kästner-Zitat ist inzwischen zu einem weit verbreiteten Sprichwort geworden und wird oft auch ohne Zuschreibung an einen Autor verwendet.
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Quellen:
Google: "Ungefähr 93 500 Ergebnisse"
Twitter
Dudenredaktion: "Duden Allgemeinbildung. Berühmte Zitate und Redewendungen: Die muss man kennen", Duden, Berlin: 2013, S. 69  (Link)
Hubertus Kudla: "Lexikon der lateinischen Zitate - 3500 Originale mit Übersetzungen und Belegstellen", C.H. Beck Verlag, München: 1999, Nr. 3356  (Link)
Erich Kästner: "Kurz und bündig" (EA 1950), Gesammelte Schriften für Erwachsene. Band 3. Lizenzausgabe Droemersche Velagsanstalt Th. Knaur, München / Zürich: 1969, S. 324 (Link) 
Marcel Reich-Ranicki: "Über Erich Kästner: Der Dichter der kleinen Freiheit", Frankfurter Allgemeine Zeitung, 23. Februar 1974 (Link)

Beispiel für eine falsche Zuschreibung an Seneca:
Ida Metzger: "Der Finanzminister wollte eigentlich Pilot werden und ist Kenner des Philosophen Seneca." Interview mit Hartwig Löger, KURIER, 13. Januar 2018 (Link)
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Dank:
Ich danke Michael Chalupka für den Hinweis auf die falsche Zuschreibung.

Sonntag, 1. Oktober 2017

"Auch aus Steinen, die einem in den Weg gelegt werden, kann man Schönes bauen." Johann Wolfgang von Goethe (angeblich)

Pseudo-Johann-Wolfgang-Goethe-Zitat.


Dieses Bonmot wird seit vier Jahrzehnten Johann Wolfgang Goethe immer ohne genaue Quellenangabe zugeschrieben und seitdem von Politikern und Ratgebern aller Art gerne zitiert.

Zum ersten Mal wurde dieses Bonmot anscheinend am 27. Februar 1986 (Link) Johann Wolfgang von Goethe unterschoben, und zwar von dem FDP-Abgeordneten Klaus Beckmann im Deutschen Bundestag anlässlich einer verkehrspolitischen Debatte über die Einführung der Parkkralle in Deutschland.

Klaus Beckmann, Deutscher Bundestag, Bonn, 27. Februar 1986
 
Da das Zitat auch in den folgenden Jahrzehnten immer ohne Quellenangabe ausschließlich in für Philologen nicht vertrauenswürdigen Publikationen auftaucht und weder in Goethes Schriften noch in literaturwissenschaftlichen Studien oder seriösen Nachschlagwerken so oder so ähnlich vorkommt, ist es ein Kuckuckszitat.

Im 21. Jahrhundert werden auch englische und italienische Versionen des angeblichen Goethe-Zitats verbreitet.

Vielleicht ist dieses Pseudo-Goethe-Zitat aus einem Aphorismus  des TV-Moderators Robert Lembke entstanden:
  • "Mit etwas Geschick kann man sich aus den Steinen, die einem in den Weg gelegt werden, eine Treppe bauen."
    Robert Lembke, 1974  (Link)

Viele verschiedenen Versionen und Zuschreibungen dieses Zitats findet man in Juttas Zitateblog (Link).
Pseudo-Erich-Kästner-Zitat.
Dieses Kuckuckszitat wird im 21. Jahrhundert auch sehr oft fälschlich Erich Kästner zugeschrieben. Johan Zonneveld, der Autor der dreibändigen Erich-Kästner-Bibliographie, hat mir per E-Mail versichert, dass dieses Zitat in den Schriften Erich Kästners so wenig zu finden ist wie in den Schriften Johann Wolfgang von Goethes.

Einige Versionen des Pseudo-Goethe-Zitats:

  • "Auch aus Steinen, die dir in den Weg gelegt werden, kannst du etwas Schönes bauen."  
  • "Even the stones that have been placed in one's path can be made into something beautiful."
  • "Puoi costruire qualcosa di bello anche con le pietre che trovi sul tuo cammino."
  • "Auch aus Steinen, die einem in den Weg gelegt werden, kann man Schönes bauen." 
Pseudo-Goethe-Zitat.
 
Pseudo-Johann-Wolfgang-Goethe-Zitat. (Link)



Nachweislich hat Goethe allerdings einmal dem Stolpern eine positive Seite abgewonnen:

  • "Durch Stolpern kommt man bisweilen weiter, man muß nur nicht fallen und liegen bleiben."
    Johann Wolfgang von Goethe zu Johann Christian Mahr, August 1831,  (Link)

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Quellen:
Google
Goethes Gespräche: eine Sammlung zeitgenössischer Berichte aus seinem Umgang. 1825-1832, Gespräch mit Johann Christian Mahr, Artemis Verlag, 1965, S. 814 (Link)
Abgeordneter Klaus Beckmann (FDP), 27. Februar 1986: Verhandlungen des Deutschen Bundestages: Stenographische Berichte, Deutscher Bundestag,  Band 137, 1986, S. 15429 (Link)  
Publik-Forum, Band 21, 1992, S 39 (Link)
Lexikon der Goethe-Zitate. Hrsg. von Richard Dobel, Artemis Verlag, Weltbild Verlag, Augsburg: 1991 
Juttas Zitateblog: "Goethe und die Steine, die einem in den Weg gelegt werden – oder sind sie doch von Kästner oder von wem?", 2012 (Link) (Lesenswert.)
Johan Zonneveld: "Bibliographie Erich Kästner." 3 Bände im Schuber. Aisthesis Verlag, Bielefeld: 2011
E-Mail von Dr. Johan Zonneveld vom 2. Juli 2018
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Dank
Ich danke  Johan Zonneveld von der Erich-Kästner-Forschung  für die Auskunft sowie Juttas Zitateblog für die Dokumentation des Kuckuckzitats.

Letzte Änderung: April 2020.
 (Artikel in Arbeit.)