Dieses weit verbreitete Bonmot ist über 100 Jahre alt, anonymen Ursprungs und wird - immer ohne Quellenangabe - in verschiedenen Varianten Ugo Tognazzi, Theodor Fontane, Paul Getty und Jean Paul zugeschrieben.
In den digitalisierten Werken Jean Pauls und Theodor Fontanes ist das Zitat so oder so ähnlich so wenig zu finden wie in seriösen Nachschlagwerken.
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Pseudo-Theodor-Fontane-Zitat. |
In den digitalisierten deutschsprachigen Texten taucht der anonyme Witz meines Wissens erstmals im Jahr 1931 in einer deutschsprachigen Tageszeitung aus Pilsen (Tschechoslowakei) auf:
1931
- "Definition. 'Können Sie mir erklären, was ein Optimist
ist?' 'Ein völlig mittelloser Mann, der sich in einem Restaurant erster
Klasse Austern bestellt, in der Hoffnung, daß er das Diner mit einer
Perle bezahlt, die er in einer Auster finden wird.'"
Westböhmische Tageszeitung, XXXII. Jg., Nr. 189, 15. Juli 1931, S. 5, anonym (Link)
Bis 1974 wird der Witz immer ohne Zuschreibung an einen Autor zitiert
(Link), in diesem Jahr wird er in einer Zitatesammlung dem italienischen Schauspieler und Regisseur Ugo Tognazzi zugeschrieben.
1974
- "Ein Optimist ist ein Mensch, der ohne Geld in der Tasche Austern bestellt - in der Hoffnung, von den gefundenen Perlen die Zeche bezahlen zu können. Ugo Tognazzi"
Markus M. Ronner: "Die Treffende Pointe: humoristisch-satirische
Geistesblitze des 20. Jahrhunderts nach Stichwörtern alphabetisch
geordnet." Ott Verlag, Thun: 1974, S. 325 (Link)
Ugo Tognazzi hat den Witz vielleicht einmal erzählt, aber geprägt kann er ihn nicht haben, da er im Jahr 1931 erst 9 Jahre alt war.
Die erstmalige Zuschreibung an Theodor Fontane wurde in der Zeitschrift "Westermanns Monatshefte" im Jahr 1986 ohne Quellenangabe publiziert
(Link):
- "Optimist? Ein Mensch, der ein Dutzend Austern bestellt, in der Hoffnung, sie mit der Perle, die er darin findet, bezahlen zu können.
Theodor Fontane"Westermanns Monatshefte (Westermann's), 1986, Ausgaben 9-12, S. 161 (Link)
Ein paar Jahre später wird der alte Witz etwas verändert dem amerikanischen Milliardär Paul Getty unterschoben:
1992
- "Ein Spekulant ist ein Mann, der ohne einen Pfennig in der Tasche Austern bestellt, in der Hoffnung, mit einer Perle bezahlen zu können. Paul Getty"
Albert H. Savelberg: "Währungsoptionsscheine: Grundlagen, Preisbildung, Strategien", Springer Fachmedien, Wiesbaden: 1992, S. V (Link)
Und im 21. Jahrhundert wird das Zitat erstmals auch Jean Paul zugeschrieben:
2011
- "Ein Optimist ist ein Mann, der – ohne einen Pfennig Geld in der Tasche – Austern bestellt in der Hoffnung, mit der Perle bezahlen zu können. Jean Paul"Roland Leonhardt: Weltklassezitate für Hochstapler. rowohlt: 2011 (Link)
Auf Grund der Geschichte dieses Zitats ist es sehr unwahrscheinlich, dass es so oder so ähnlich jemals in einem Text Jean Pauls oder Theodor Fontanes gefunden werden wird. Weitere Funde vor dem Jahr 1931 sind aber nicht auszuschließen.
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Nachtrag 12. Februar 2020
Der Witz ist anscheinend in Amerika entstanden:
1914
- "An Optimist is a penniless chap who will go into an oyster house and order 'a dozen on the half-shell' in the hope of finding a pearl wherewith to pay the charges."
Twitter:
Artikel in Arbeit.
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Quellen:
Google
Westböhmische Tageszeitung, XXXII. Jg., Nr. 189, 15. Juli 1931, S. 5, anonym
(Link)
Markus M. Ronner: "Die Treffende Pointe: humoristisch-satirische
Geistesblitze des 20. Jahrhunderts nach Stichwörtern alphabetisch
geordnet." Ott Verlag, Thun: 1974, S. 325
(Link)
Westermanns Monatshefte (Westermann's), 1986, Ausgaben 9-12, S. 161
(Link)
Albert H. Savelberg: "Währungsoptionsscheine: Grundlagen, Preisbildung, Strategien", Springer Fachmedien, Wiesbaden: 1992, S. V
(Link)
Roland Leonhardt: Weltklassezitate für Hochstapler. rowohlt: 2011 (Link)
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