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Mittwoch, 9. September 2020

"Der Grund, warum Menschen zum Schweigen gebracht werden, ist nicht, weil sie lügen, sondern weil sie die Wahrheit reden." Theodor Fontane (angeblich)

Pseudo-Theodor-Fontane-Zitat.

Dieses Zitat stammt nicht von Theodor Fontane, sondern aus einem Buch mit dem Titel "Die Jahrhundertlüge", in dem schon im zweiten Satz ein falsches George-Orwell-Zitat steht, und in dem sich der Autor unter anderem damit abplagt, zu beweisen, 
  • "warum das 'Grundgesetz' schon eine sehr lange Zeit nicht mehr gilt und warum damit formaljuristisch der Staat 'Bundesrepublik Deutschland' vor langer Zeit aufgehört hat, zu existieren." (google.books)
 
Auf der letzten Seite des im Selbstverlag erschienen Buches, das anscheinend im rechtsextremen Milieu und von Querdenkern gelesen wird, steht der Satz:
  • "Der Grund, warum Menschen zum Schweigen gebracht werden, ist nicht, weil sie lügen, sondern weil sie die Wahrheit reden. Wenn Menschen lügen, können ihre eigenen Worte gegen sie angewandt werden. Doch wenn sie die Wahrheit sagen, gibt es kein anderes Gegenmittel als die Gewalt." Holger Fröhner, S. 277 (google.books)
 
Im  Jahr 2011  hat Holger Fröhner diesen Spruch — wohl um ihm etwas Autorität zu verleihen — in seinem Buch "Nacht" Theodor Fontane untergeschoben. Seidem wird dieses Pseudo-Theodor-Fontane im Internet verbreitet.
 
Dass der Satz Fröhners in den Briefen und Schriften Theodor Fontanes nicht zu finden ist, hat Klaus-Peter Möller vom Theodor-Fontane-Archiv der Universität Potsdam per E-Mail bestätigt.



Pseudo-Theodor-Fontane-Zitat.





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Quellen:
Holger Fröhners Text "Die Jahrhundertlüge" wurde seit 2007 in mehreren Versionen mit unterschiedlicher Seitenanzahl publiziert. Das später Theodor Fontane untergeschobene Zitat steht in allen Versionen am Ende des Buches.
Holger Fröhner: Die Jahrhundertlüge 24.06.2007,  S. 109 pdf;
 2006 / 2011 Google.books
Beispiele für falsche Zuschreibung:

2011: Holger Fröhner: "Nacht", epubli, Berlin: 2011, S. 250 (google.books)
2012: lutzschaefer.com/horizont-13.blogspot.com :  "Wahrheit durch Theodor Fontane", Auszug von RA Lutz Schäfer vom 16.10.2012 
 
de.metapedia.org - Fontane
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Dank:
 Ich danke Klaus-Peter Möller vom Theodor-Fontane-Archiv  für seinen Hinweis auf dieses Kuckuckszitat.

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Anhang

 

Dienstag, 7. Juli 2020

"Blosses Ignorieren ist noch keine Toleranz." Theodor Fontane (angeblich)

Pseudo-Theodor-Fontane-Zitat.


Dieses beliebte angebliche  Theodor-Fontane-Zitat ist in Fontanes Briefen und Schriften unauffindbar. Es ist also ein Kuckuckszitat, das Theodor Fontane anscheinend auf der Humor-Seite einer kleinen Oldenburger Zeitung im Jahr 1975 erstmals zugeschrieben wurde und seither immer ohne Quellenangabe zitiert wird.


Nordwest Zeitung, NWZ, November 1975:

  • "Silbenrätsel  .... Ihre ersten und letzten Buchstaben ergeben ... ein Wort von Theodor Fontane."

    Auflösung: "Blosses Ignorieren ist noch keine Toleranz."


Nordwest Zeitung, NWZ, Nr. 261, 8. November 1975.

NWZ, Nr. 267, 15. November 1975.


Im Jahr 1993 wurde das Zitat ohne Quellenangabe in den Duden 12 "Zitate und Aussprüche" aufgenommen und gilt seither, nur hinterfragt von Kennern der Schriften Theodor Fontanes, auch in Schulen und Universitäten als Theodor-Fontane-Zitat.


DUDEN, Band 12

Duden Band 12, "Zitate und Aussprüche", 1993, S. 748.

Kenner und Kennerinnen der Schriften Theodor Fontanes versuchen seit mehr als 20 Jahren eine Spur dieses angeblichen Theodor-Fontane-Zitats in seinen gedruckten und ungedruckten Schriften zu finden.

Wie mir Peter Schaefer, der Redakteur der "Fontane-Blätter" mitteilte, ist dieses Pseudo-Zitat auch seit Jahren ein Gesprächsthema von Literaturwissenschaftlern am Rande von Theodor-Fontane-Symposien und alle Experten haben bislang vergeblich nach diesem Zitat, das im Jahr 1998 auch eine gelbe Fontane-Krawatte verzierte, gesucht.

Warum dieses Zitat 1993 ohne Quellenangabe in den DUDEN aufgenommen wurde, ist noch ungeklärt. Die DUDEN-Redaktion könnte durch eine Autorität im Fernsehen oder Radio dazu angeregt worden sein. 

Kuckuckszitate entstehen oft in philologisch nicht vertrauenswürdigen Orten, wie in Internet-Foren oder auf Humorseiten von Zeitungen und werden aber ernst genommen, wenn sie von jemandem mit Autorität übernommen wurden. Diese Professoren, angesehenen Journalisten oder Zitate-Sammlungen sind dann die Superspreader von Kuckuckszitaten.


Varianten des Pseudo-Theodor-Fontanezitats:
  • "Blosses Ignorieren ist noch keine Toleranz."
  • "Ignorieren ist noch keine Toleranz."
  • "Ignore is no tolerance."
  • "To ignore is not yet tolerance."
  • "Ignoring something is not the same as tolerance."

Artikel in Arbeit.


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ZITATFORSCHUNG unterstützen.

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Quellen:
E-Mail von Peter Schaefer vom 3. Juni 2020
Frank Pergande: "Denkmäler? Ein weites Feld!",  DIE ZEIT, 41/1998, 1. Oktober 1998 (zeit.de)
Nordwest Zeitung, NWZ, Nr. 261, 8. November 1975, "Kurzweil am Wochenende" (ohne Seitenangabe), Silbenrätsel

Beispiele für falsche Zuschreibungen:

NWZ, Nr. 267, 15. November 1975, "Kurzweil am Wochenende" (ohne Seitenangabe)
Dudenredaktion: Duden - Zitate und Ausspüche, Band 12, Duden Verlag, Mannheim: 1993, S. 748
Dudenredaktion: Duden - Zitate und Ausspüche, Band 12, Duden Verlag, Mannheim: 2012, S. 876
Hans Werner Wüst: "Zitate u. Sprichwörter", Bassermann, München: 2010, "Nachgeben" ebook (google.books)

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Dank:
Ich danke Peter Schaefer für seine Frage zu diesem Zitat und Ralf Bülow für seine Recherchen.



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ANHANG

 

1998:


Theodor-Fontane-Krawatte mit Kuckuckszitat:  "Ignorieren ist noch keine Toleranz", 1998.

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Screenshot, Juni 2020:


Sonntag, 31. Mai 2020

"Der Pfingsttag kennt keinen Abend, denn seine Sonne, die Liebe, geht nie unter." Theodor Fontane (angeblich)


Pseudo-Theodor-Fontane-Zitat.
Dieses im Internet äußerst beliebte angebliche Fontane-Zitat wird Theodor Fontane erst im 21. Jahrhundert zugeschrieben und stammt von dem Würzburger Theologen Hermann Schell, der es in seinem 1906 erschienenen Buch "Christus: das Evangelium und seine weltgeschichtliche Bedeutung" geprägt hat.


 1906

  • "Solange und soweit die Werke der Barmherzigkeit im Geiste Christi wirken und sich an Not und Widerstand zu neuer Glut und Kraft entzünden: so lange dauert der Pfingsttag und mit ihm die Kraft des Lebens Jesu fort! Der Pfingsttag kennt keinen Abend, denn seine Sonne, die Liebe, kennt keinen Untergang."

    Herman Schell: "Christus: das Evangelium und seine weltgeschichtliche Bedeutung" Verlag von Kirchheim, Mainz: 1906, S. 199 (Link)

Theologen im 20. Jahrhundert waren sich einig, dass der Spruch, der zum Beispiel ein Fenster des Wiener Stephandoms schmückt, von Hermann Schell stammt und nicht von Theodor Fontane.


2008
  • "Herman Schell, über den ich meine Dissertation geschrieben habe, greift einen Gedanken des byzantinischen Mystikers Symeon (des Theologen, † 1022 ) auf und sagt: 'Der Pfingsttag kennt keinen Abend, denn seine Sonne, die Liebe kennt  kennt keinen Untergang.'"
    Theodor Schneier: "Miteinander glauben: Erinnerung an Weggefährten" (Link)
 1997

  • Er kannte das Wort des Theologen Hermann Schell auf dem Tabernakel der Kreuzfahrerstätte Mariental bei Wesel: 'Unser Pfingsttag kennt keinen Abend, denn seine Sonne, die Liebe, kennt keinen Untergang.' google.books

Twitter, Pfingsten 2020:

 

(Pseudo-Theodor-Fontane-Zitat.)


 Artikel in Arbeit.
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Quellen:
Google
Twitter 
Herman Schell: "Christus: das Evangelium und seine weltgeschichtliche Bedeutung" Verlag von Kirchheim, Mainz: 1906, S. 199 (Link)
  Zu Schell :theologie.uni-wuerzburg.de

Frühe falsche Zuschreibungen an Theodor Fontane:
2010 gedichte-garten.de - Forum

2015  (Link)


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Dank:
Ich danke holio für den Hinweis auf dieses Kuckuckszitat.




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Pseudo-Theodor-Fontane-Zitat.

Samstag, 30. Mai 2020

"Über Plagiate sollte man sich nicht ärgern. Sie sind wahrscheinlich die aufrichtigsten aller Komplimente." Theodor Fontane (angeblich)

Dieser Aphorismus wird Theodor Fontane seit 1976 - immer ohne Quellenangabe - zugeschrieben und ist in seinen Schriften und Briefen nicht zu finden, wie mir auch der Literaturwissenschaftler Klaus-Peter Möller vom Theodor-Fontane-Archiv in Potsdam per E-Mail bestätigt hat.

Der Aphorismus ist also ein beliebtes Kuckuckszitat und könnte sich aus einem Ausspruch Mark Twains entwickelt haben, in dem er das Plagiat als das "allerhöchste Kompliment", das ein Autor bekommen kann, bezeichnet:
 

Mark Twain, 1890:


  • "I laugh every time I hear the idiots jackassing in a charge of plagiarism against somebody or other.
    Why, to repeat another man’s thoughts is to pay him the highest compliment you can. It shows what a grip his mind has taken on yours. I never charge any one with plagiarism, for to do so would prove me incapable of gratitude for the highest compliment a man can pay me."
  •  "Ich lache jedes Mal, wenn ich höre, wie sich Idioten mit einer Plagiatsklage gegen den einen oder anderen zum Narren machen."

    Warum? Die Gedanken eines anderen Mannes zu wiederholen ist das höchste Kompliment, das du ihm machen kannst. Es zeigt, welchen Einfluss sein Geist auf deinen hat. Ich beschuldige niemanden des Plagiats, denn dies würde nur meine Unfähigkeit beweisen, mich für das höchste Kompliment, das man mir machen kann, zu bedanken. "

    Mark Twain, Interview, in: The New York World, 12. Januar 1890, S. 14: "Mark Twain’ at Home."  (zitiert nach daybyday.marktwainstudies.com); google.books

In den folgenden Jahrzehnten interpretieren auch andere Autoren (ohne Hinweis auf Mark Twain) manchmal Plagiate als Komplimente.

Theodor Fontane wurde das Zitat vielleicht auch deswegen unterschoben, weil ihm Plagiate aus  seinen Werken sowie Quellenangaben gleichgültig waren; wenigstens behauptete er das in einem Brief, nachdem ihm ein Seedorfer Pfarrer Plagiate vorgeworfen hatte:

Theodor Fontane:

  • "Ich gehe davon aus: was gedruckt ist, ist ein gedeckter Tisch, wo jeder zulangen kann und je mehr, desto besser; auch die so viel betonte Namensnennung oder Quellenangabe ist mir gleichgültig."

    Theodor Fontane*) (Link)

Wer und aus welchem Motiv 1976 im Börsenblatt für den deutschen Buchhandel zum ersten Mal das Zitat Theodor Fontane zugeschrieben hat, ist unbekannt.



Artikel in Arbeit.

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Anmerkung:
*) Bibliographische Angaben folgen.
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Quellen:
Google
Twitter
wikiquote - Diskussion 
E-Mail von Klaus-Peter Möller, Theodor-Fontane-Archiv, Universität Potsdam vom 28. Mai 2020 ("Das Plagiat-Zitat ist mit Sicherheit nicht von Fontane.")
www.fontanearchiv.de
Mark Twain, Interview, in: The New York World, 12. Januar 1890, S. 14: "Mark Twain’ at Home."  (zitiert nach daybyday.marktwainstudies.com); google.books
brainpickings.org/2012/05/10/mark-twain-helen-keller-plagiarism-originality/
Klaus Graf: "Plagiat: Ein Journalist der Schweizer «Weltwoche» hat einen Artikel zum Teil Wort für Wort aus einer britischen Zeitung abgeschrieben", 2015  /archivalia.hypotheses.org/1379

Beispiele für falsche Zuschreibungen an Theodor Fontane:
1976: Börsenblatt für den deutschen Buchhandel, 1976 books.google
2003 Deutscher Bundestag (Link)


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Dank:
Ich danke Klaus-Peter Möller vom Theodor-Fontane-Archiv  (www.fontanearchiv.de) für die Auskunft und den Hinweis auf den hier zitierten Brief Theodor Fontanes sowie Klaus Graf für eine Korrektur. Für die Übersetzungsberatung für das Wort "jackassing" danke ich: Heinrich Steininger, Daniel Tietze, Justus Radmacher, Dr. Philoponus und Peter Winslow.


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PS.

1905: Henry Adams   books.google
1906: die beglaubigte zeitgenössische oder wenig jüngere Literatur auf Bestätigungen, Zitate, Plagiate durchzuseben -— eine zeitraubende, aber oft erfolgreiche Aufgabe, weil der Chinese gern zitiert und das Plagiat geradezu als ein Kompliment für Autor und Plagiator betrachtet.

 1966: Jede Form des Zitats konnte in der Antike ein Kompliment sein  books.google.

Samstag, 11. April 2020

"Wer aufhört, Fehler zu machen, lernt nichts mehr dazu.“ Theodor Fontane (angeblich)


Pseudo-Theodor-Fontane-Zitat.
Dieser Motivationsspruch wird seit kaum 10 Jahren dem 1898 in Berlin verstorbenen Schriftsteller  Theodor Fontane unterschoben und ist weder in seinen digitalisierten Texten noch in seriösen Nachschlagwerken zu finden.

Entwicklung des Kuckuckzitats:


Vor dem 21. Jahrhundert ist dieser Satz auch in keinem anderen digitalisierten Text enthalten. Auf Twitter taucht das Kuckuckzitat erstmals im Jahr 2012 auf:


Twitter, 2012


Pseudo-Theodor-Fontane-Zitat.

Ein paar Jahre später, seit dem Jahr 2016,  findet man den Satz schon in Ratgeberliteratur (Link) und Onlinezitatsammlungen (Link)  und inzwischen wird das angebliche Fontane-Zitat auch durch Memes und von Journalisten (rbb24.de) verbreitet.


Screenshot, 2020:


Pseudo-Theodor-Fontane-Zitat.
Da dieses Zitat Theodor Fontane erst über hundert Jahre nach seinem Tod erstmals zugeschrieben wurde, noch dazu immer ohne Quellenangabe, ist es äußerst unwahrscheinlich, dass dieser Satz so oder so ähnlich jemals in einem Text Theodor Fontanes gefunden werden wird.



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Quellen:
Google
google.books

Beispiele für falsche Zuschreibungen:

 "12 Fakten zum großen deutschen Denker. Angeber-Wissen zu Theodor Fontane", 30. März 2019 rbb24.de
Twitter
aphorismen.de -183635


Artikel in Arbeit.

Sonntag, 5. April 2020

"Das waren noch gute Zeiten, da ich noch alles glaubte, was ich hörte." Theodor Fontane (angeblich)

Das ist ein Theodor Fontane unterschobenes Zitat von Georg Christoph Lichtenberg.
Dieser ironisch wehmütige Satz aus Georg Christoph Lichtenbergs  Sudelbüchern wird seit etwa 10 Jahren in Online-Zitatsammlungen irrtümlich Theodor Fontane zugeschrieben, und gilt seitdem im Internet öfters fälschlich als Theodor-Fontane-Zitat.

Georg Christoph Lichtenberg:

  • "Ach! das waren noch gute Zeiten, da ich noch alles glaubte, was ich hörte."
    Georg Christoph Lichtenberg: Sudelbuch K 50, Erstdruck:  1801 (Link); (zeno.org)

Twitter, 2020:

 

 


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Quellen:
Georg Christoph Lichtenberg: Vermischte Schriften, nach dessen Tode aus dessen hinterlassenen Papieren gesammelt. Herausgegeben von Ludwig Christian Lichtenberg und Friedrich Kries. Band 2, Dietrichsche Buchhandlung, Göttingen: 1801, S. 15 (Link) ; (zeno.org)


Beispiele für falsche Zuschreibungen an Theodor Fontane:
 sahr.de/g41/zitate.pdf
aphorismen.de/zitat/7919
gutezitate.com/zitat/125810
zitate.de

Twitter

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Dank:
Ich danke Tobias Blanken für die Aufdeckung dieses Falschzitats.



Sonntag, 2. Februar 2020

"Ein Optimist ist ein Mensch, der ein Dutzend Austern bestellt, in der Hoffnung, sie mit der Perle, die er darin findet, bezahlen zu können." Theodor Fontane (angeblich)

Dieses weit verbreitete Bonmot ist über 100 Jahre alt, anonymen Ursprungs und wird - immer ohne Quellenangabe - in verschiedenen Varianten Ugo Tognazzi, Theodor Fontane, Paul Getty und Jean Paul zugeschrieben.

In den digitalisierten Werken Jean Pauls und Theodor Fontanes ist das Zitat so oder so ähnlich so wenig zu finden wie in seriösen Nachschlagwerken.
Pseudo-Theodor-Fontane-Zitat.

In den digitalisierten deutschsprachigen Texten taucht der anonyme Witz meines Wissens erstmals im Jahr 1931 in einer deutschsprachigen Tageszeitung aus Pilsen (Tschechoslowakei) auf:

1931
  • "Definition. 'Können Sie mir erklären, was ein Optimist ist?'  'Ein völlig mittelloser Mann, der sich in einem Restaurant erster Klasse Austern bestellt, in der Hoffnung, daß er das Diner mit einer Perle bezahlt, die er in einer Auster finden wird.'"

    Westböhmische Tageszeitung, XXXII. Jg., Nr. 189, 15. Juli 1931, S. 5, anonym (Link)

Bis 1974 wird der Witz immer ohne Zuschreibung an einen Autor zitiert (Link), in diesem Jahr wird er in einer Zitatesammlung dem italienischen Schauspieler und Regisseur Ugo Tognazzi zugeschrieben.

1974
  • "Ein Optimist ist ein Mensch, der ohne Geld in der Tasche Austern bestellt - in der Hoffnung, von den gefundenen Perlen die Zeche bezahlen zu können. Ugo Tognazzi"

    Markus M. Ronner: "Die Treffende Pointe: humoristisch-satirische Geistesblitze des 20. Jahrhunderts nach Stichwörtern alphabetisch geordnet." Ott Verlag, Thun: 1974, S. 325 (Link)

Ugo Tognazzi hat den Witz vielleicht einmal erzählt, aber geprägt kann er ihn nicht haben, da er im Jahr 1931 erst 9 Jahre alt war.

Die erstmalige Zuschreibung an Theodor Fontane wurde in der Zeitschrift "Westermanns Monatshefte"  im Jahr 1986 ohne Quellenangabe publiziert (Link):

  • "Optimist? Ein Mensch, der ein Dutzend Austern bestellt, in der Hoffnung, sie mit der Perle, die er darin findet, bezahlen zu können.

    Theodor Fontane"
    Westermanns Monatshefte (Westermann's), 1986, Ausgaben 9-12, S. 161 (Link)

Ein paar Jahre später wird der alte Witz etwas verändert dem amerikanischen Milliardär Paul Getty unterschoben:


1992
  • "Ein Spekulant ist ein Mann, der ohne einen Pfennig in der Tasche Austern bestellt, in der Hoffnung,  mit einer Perle bezahlen zu können. Paul Getty"

    Albert H. Savelberg: "Währungsoptionsscheine: Grundlagen, Preisbildung, Strategien", Springer Fachmedien, Wiesbaden: 1992, S. V (Link)
Und im 21. Jahrhundert wird das Zitat erstmals auch Jean Paul zugeschrieben:

2011
  • "Ein Optimist ist ein Mann, der – ohne einen Pfennig Geld in der Tasche – Austern bestellt in der Hoffnung, mit der Perle bezahlen zu können. Jean Paul"Roland Leonhardt: Weltklassezitate für Hochstapler. rowohlt:  2011 (Link) 
Auf Grund der Geschichte dieses Zitats ist es sehr unwahrscheinlich, dass es so oder so ähnlich jemals in einem Text Jean Pauls oder Theodor Fontanes gefunden werden wird. Weitere Funde vor dem Jahr 1931 sind aber nicht auszuschließen.

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Nachtrag 12. Februar 2020

Der Witz ist anscheinend in Amerika entstanden:

1914
  •  "An Optimist is a penniless chap who will go into an oyster house and order 'a dozen on the half-shell' in the hope of finding a pearl wherewith to pay the charges."

Twitter:




Artikel in Arbeit.
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 Quellen:
Google
Westböhmische Tageszeitung, XXXII. Jg., Nr. 189, 15. Juli 1931, S. 5, anonym (Link)
Markus M. Ronner: "Die Treffende Pointe: humoristisch-satirische Geistesblitze des 20. Jahrhunderts nach Stichwörtern alphabetisch geordnet." Ott Verlag, Thun: 1974, S. 325 (Link) 
Westermanns Monatshefte (Westermann's), 1986, Ausgaben 9-12, S. 161 (Link)
Albert H. Savelberg: "Währungsoptionsscheine: Grundlagen, Preisbildung, Strategien", Springer Fachmedien, Wiesbaden: 1992, S. V (Link)
Roland Leonhardt: Weltklassezitate für Hochstapler. rowohlt:  2011 (Link) 

books.google