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Freitag, 21. August 2020

"Das Problem dieser Welt ist, dass die intelligenten Menschen so voller Selbstzweifel und die Dummen so voller Selbstvertrauen sind." Charles Bukowski (angeblich)

 
Pseudo-Charles-Bukoswki-Zitat.

Dieser Aphorismus wird seit zehn Jahren von tausenden, wahrscheinlich zehntausenden Leuten im Internet dem amerikanischen Autor Charles Bukowski zugeschrieben, stammt aber so ähnlich von dem britischen Philosophen Bertrand Russell, der wahrscheinlich den Satz "The best lack all conviction, while the worst / Are full of passionate intensity" aus William Butler Yeats berühmten Gedicht "The Second Coming" (1920)  gekannt hat.

Yeats spricht in dem vielzitierten Weltuntergangsgedicht "Das Zweite Kommen" von drohender Anarchie, einer Welt, die zerfällt und in der den Besten jede Überzeugung fehle, während die Ärgsten voll von leidenschaftlicher Intensität seien:


William Butler Yeats: "The Second Coming"

  • "Turning and turning in the widening gyre
    The falcon cannot hear the falconer;
    Things fall apart; the centre cannot hold;
    Mere anarchy is loosed upon the world,
    The blood-dimmed tide is loosed, and everywhere
    The ceremony of innocence is drowned;
    The best lack all conviction, while the worst
    Are full of passionate intensity.
    ..."




Pseudo-Charles-Bukoswki-Zitat.

In dem am 10. Mai 1933 publizierten Artikel "Triumph of Stupidity" analysierte Bertrand Russell das Paradox einer Nation, die ein Jahrhundert lang viele der besten Wissenschaftler und Künstler der Welt hervorgebracht hat, 1933 aber von den dümmsten und barbarischsten Politikern der Welt regiert wird, die die besten Köpfe ihrer Nation bedrohten, einsperrten und vertrieben.

Die brutalsten und dümmsten Elemente der Bevölkerung hätten sich gegen den Rest vereint, während die Klügsten unter den Deutschen miteinander über Nebensächlichkeiten gestritten haben. 

 "Die Hauptursache des Problems ist, dass in der modernen Welt die Dummen selbstsicher und die Intelligenten voller Zweifel sind."

Vor hundert Jahren hätten die philosophisch Radikalen noch voller Selbsicherheit und Einfluß die Politik ihrer Länder zum Besseren verändert, schreibt Russell.


Bertrand Russell: "Triumph of Stupidity", 10. Mai 1933


  • "What has been happening in Germany is a matter of the gravest portent for the whole civilised world. Throughout the last hundred and fifty years, individual Germans have done more to further civilisation than the individuals of any other country; during the latter half of this period, Germans, collectively, have been equally effective in degrading civilisation."

  • "What has happened? What has happened is quite simple. Those elements of the population which are both brutal and stupid (and these two qualities usually go together) have combined against the rest. By murder, by torture, by imprisonment, by the terrorism of armed forces, they have subjected the intelligent and humane parts of the nation and seized power with the view of furthering the glory of the Fatherland." 

  • "The fundamental cause of the trouble is that in the modern world the stupid are cocksure while the intelligent are full of doubt." 
     (Die Hauptursache des Problems ist, dass in der modernen Welt die Dummen selbstsicher und die Intelligenten voller Zweifel sind.)

Dieser Satz Bertrand Russells wurde in den folgenden Jahrzehnten etwas verkürzt zitiert und mehr oder weniger verändert auch in Zitatsammlungen aufgenommen. Aus Russells Problem der "modernen Welt" von 1933 wurde ein "Problem mit der Welt" ohne Beziehung zum Nationalsozialismus.


Varianten des verkürzten Bertrand-Russell-Zitats:



  • "The trouble with the world is that the stupid are cocksure and the intelligent full of doubt. - 1949  ("Das Problem mit der Welt ist, dass die Dummen fest überzeugt und die Klugen voller Zweifel sind.")
  • 'The trouble with the world is that the stupid are cocksure and the intelligent are full of doubt.'  - 1996 (archive.org)
  •  "Es ist ein Jammer, dass die Dummköpfe so selbstsicher sind und die Klugen so voller Zweifel. (Bertrand Russell)" -  2009
  • "Das tragischste im Leben ist, dass sich die Dummen todsicher und die Intelligenten voller Zweifel sind. B. Russell"  - 2009
     
  • "»Das Ärgerlichste in dieser Welt ist, dass die Dummen todsicher und die Intelligenten voller Zweifel sind.« - Bertrand Russell." -  2009
  • "Es ist ein Jammer, dass die Dummköpfe so selbstsicher sind und die Klugen so voller Zweifel. Bertrand Russell"  - 2010
  • "Der Jammer mit der Menschheit ist, dass die Narren so selbstsicher sind und die Gescheiten so voller Zweifel. von Bertrand Russell -   2010
  • "Das Ärgerliche in dieser Welt ist, dass die Dummen todsicher und die Intelligenten voller Zweifel sind." (B. Russell) -  2010
  •  "Es ist ein Jammer, dass die Dummköpfe so selbstsicher sind und die Klugen so voller Zweifel. Bertrand Russell" -  2010
  • "Das Problem mit der Welt ist, dass Spinner und Fanatiker so von sich überzeugt sind, aber weisere Leute voller Zweifel. (Bertrand Russell)" -  2010
  •  "Das Problem mit der Welt ist, dass die Dummen fest überzeugt und die Klugen voller Zweifel sind. Bertrand Russell" -  2014

 Seit dem Jahr 2011 wird dieses veränderte Bertrand-Russell-Zitat Charles Bukowski zugeschrieben:

  • "'The problem with the world is that the intelligent people are full of doubts while the stupid ones are full of confidence.' Charles Bukowski21. Juli 2011
  • "'Das Problem der Welt ist, dass die intelligenten Menschen voller Zweifel sind und die dummen Menschen voller Selbstsicherheit.' - C. Bukowski" 22. Juli 2011
Pseudo-Charles-Bukoswki-Zitat.
 
Der amerikanische Zitatforscher Garson O' Toole hat herausgefunden, dass Charles Bukowski in der Tat einmal das Thema Selbstsichere vs. Selbstzweifler erwähnt hat, allerdings nicht allgemein, sondern Bukowski sprach von dem Gegensatz zwischen selbstzweifelnden guten und selbstsicheren schlechten Autoren.  

Bukowski empfiehlt in dem Gedicht "Friendly advice to a lot of young men" jungen Männern unter anderem nach Tibet zu fahren, ein Kamel zu reiten, die Bibel zu lesen, nur auf der linken Seite des Mundes zu kauen, in einer Tonne zu leben und rät am Ende davon ab, Gedichte zu schreiben.



Auf die Frage eines Interviewers, ob Bukowski immer noch meine, das Leben in einer Tonne sei besser als Gedichte zu schreiben, antwortete Bukowski:


Charles Bukowski, Interview, 1989:

 

  • "Ich glaube, was ich damit gemeint habe ist, dass du besser dran bist, nichts zu machen, als etwas schlecht zu machen. Aber das Problem ist, dass schlechte Schriftsteller eher selbstsicher sind, während die guten Autoren Selbstzweifel haben."
  • " I guess what I meant is that you are better off doing nothing than doing something badly. But the problem is that bad writers tend to have the self-confidence, while the good ones tend to have self-doubt. So the bad writers tend to go on and on writing crap and giving as many readings as possible to sparse audiences. These sparse audiences consist mostly of other bad writers waiting their turn to go on, to get up there and let it out in the next hour, the next week, the next month, the next sometime."

    “Charles Bukowski”, Alden Mills, Arete, July/August 1989, Pages 66-69, 73, 76-77 [zitiert nach Garson O'Toole quoteinvestigator.com]

Das weit verbreitete Phämomen, dass sich inkompetente Leute selbst überschätzen und mit großer Selbstsicherheit Halbwahrheiten oder Unsinn verbreiten wird in der Sozialpsychologie "Dunning-Kruger-Effekt" und  in der Verhaltensökonomie Overconfidence effect genannt.


Artikel in Arbeit.



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Quellen:
Google Deutsch
Google English 
Garson O'Toole: "The Best Lack All Conviction While the Worst Are Full of Passionate Intensity. William Butler Yeats? Bertrand Russell? Charles Bukowski?, 2015 quoteinvestigator.com
The Oxford dictionary of political quotations, 1996 archive.org
 Bertrand Russell: The Triumph of Stupidity, (Stupidity Rules), 10. Mai 1933 in: Bertrand Russell: Mortals and Others. American Essays 1931-1935, Volumes I and II, Routledge Classics. London and New York: 2009,  S. 203f. (books.google)
William Butler Yeats: "The Second Coming"
 “Charles Bukowski”, Alden Mills, Arete, July/August 1989, Pages 66-69, 73, 76-77 [zitiert nach Garson O'Toole quoteinvestigator.com
 bukowskiforum.com
“Charles Bukowski”, Alden Mills, Arete, July/August 1989, Pages 66-69, 73, 76-77 [zitiert nach Garson O'Toole quoteinvestigator.com
Wikipedia: Dunning-Kruger effect 
Artikel in Arbeit.

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Dank:
Ich danke Garson O'Toole für seinen gründlichen Artikel zur Geschichte dieses Zitats.


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Anhang





Pseudo-Charles-Bukoswki-Zitat.



 


Pseudo-Charles-Bukoswki-Zitat.



  •   Früheste Zuschreibungen an Bukowski auf Twitter:



     



     

     
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Mittwoch, 12. Dezember 2018

"Die Frage heute ist, wie man die Menschheit überreden kann, in ihr eigenes Überleben einzuwilligen." Bertrand Russell

Dieser Satz wird auf Deutsch seit den 1980er Jahren Bertrand Russell zugeschrieben und ist, wie der Quote Investigator herausgefunden hat, die Übersetzung eines Gedankens von Bertrand Russell aus dem Jahr 1946:

Bertrand Russell, 1946

  • "The issue is the most momentous with which mankind has ever been faced. If it is not solved, war will exterminate the civilized portion of mankind, except for such remnants as may have been engaged in exploring the Antarctic Continent or investigating the theology of Tibetan Lamas. These will be too few to reestablish civilized communities. If mankind, in the course of a millenium or two, slowly climbs back to its present intellectual level, it is to be presumed that it will again inflict a similar catastrophe upon itself. If any of the things that we value are to survive, the problem must be solved. How it can be solved is clear; the difficulty is to persuade the human race to acquiesce in its own survival. I cannot believe that this task is impossible."

    Bertrand Russell: "The Atomic Bomb and the Prevention of War", Bulletin of the Atomic Scientists, October 1, 1946  (Link); (pdf)

1964 kommt der damals 92jährige englische Philosoph Russell in dem Essay "The Duty of a Philosopher in This Age" noch einmal auf dieses Thema zurück und denkt darüber nach, welche Pflichten ein Philosoph hat, der mit seiner Ausbildung fertig ist und jetzt, da er sich nicht mehr hauptsächlich mit begrifflichen und technischen Problemen der modernen Philosophie beschäftigen muss, sich den wichtigsten Problemen der Welt widmen kann.

Das wichtigste Problem der Welt ist die Gefahr, dass das menschliche Leben durch eigene Schuld wieder aus der Welt verschwinden kann.

Für Bertrand Russell war auch 1964 die Möglichkeit eines Atomkriegs die größte Gefahr für die Menschheit und die Pflicht Aller (und speziell von Philosophinnen) sei es, jenen Kräften entgegenzutreten, die einen Atomkrieg riskierten.

Seit John Locke, dem englischen Vordenker der Aufklärung und "Vater des Liberalismus", sei es eine Aufgabe von Philosophen, gegen die Dummheit von Fanatikern aller Art vorzugehen.


 Bertrand Russell, 1964

  • "Die Menschheit befindet sich in einem Wettlauf, bei dem auf der einen Seite brutale und dumme Leute stehen, auf der anderen Seite diejenigen, die zu menschlichem Mitgefühl fähig sind und sich eine Welt ohne bewaffnete Auseinandersetzungen vorstellen können. Philosophen sollten zu dieser zweiten Gruppe gehören. "
  • "There is, perhaps, one duty which falls specially within the province of philosophy, and that  is to persuade mankind that human life is worth preserving and that an opposite view is only open to fanatics. That human life is worth preserving would have seemed at most times a truism, but in our day it is possible to doubt it. I think, however, that such doubt springs from a partial and biassed survey."
  • "Let us consider the probable biography of a philosopher, now young, who has imbibed the timeless lesson of philosophy and wishes to apply this lesson in his own life. Let us, first, look upon the gloomy view. I shall suppose that, until his education was finished, he was too much absorbed in the technicalities of modern philosophy to concern himself with the political problems of his own time. I shall suppose that these problems come to him with an impact of novelty at a time when he is seeking a post as teacher of philosophy. He will find that there is grave danger of the destruction of the human species and that any pupils whom he is likely to teach will probably perish before they have had time to profit by his instruction. He will find that the same thing applies to everything else, both good and bad, that is taught in schools and universities. He will be overcome by the futility of an existence devoted to fitting men for a life which they will not have time to live. The contemplation of a lifeless world will make his hitherto preoccupations seem futile. His duty will be clear. He must devote himself before all else to combatting the danger of human extinction."
  • "Mankind is engaged in a race in which the brutal and stupid are on one side, while, on the other side, are those who are capable of human sympathy and of imagining a world without armed strife. Philosophers should belong to this second group."

    Bertrand Russell: "The Duty of a Philosopher in This Age", 1964 (pdf)



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Quellen:
Bertrand Russell: "The Atomic Bomb and the Prevention of War", Bulletin of the Atomic Scientists, Vol2, Nr 7-8, 1. Oktober 1946, Chicago: 1946, S. 19-21; S. 21  (Link); (pdf)
Bertrand Russell: "The Duty of a Philosopher in This Age"  [1964], in: "Essays in Honor of Paul  Arthur Schilpp. The  Abdication of Philosophy:  Philosophy and the Public Good", edited by Eugene Freeman, Open Court, La Salle, Illinois:1976, S. 15 – 22; S. 18 (Link); (pdf)
Google (Link)
Garson O'Toole, 12. Dezember 2018 Twitter; Twitter
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Dank:
Ich danke "Weltgeist is a bitch" für die Frage nach dem Ursprung des Zitats und Garson O'Toole für den Hinweis auf Russels Artikel "The Atomic Bomb and the Prevention of War".