Freitag, 5. Mai 2017

"Wenn die Biene einmal von der Erde verschwindet, hat der Mensch nur noch vier Jahre zu leben. Keine Bienen mehr, keine Bestäubung mehr, keine Pflanzen mehr, keine Tiere mehr, kein Mensch mehr." Albert Einstein (angeblich)

Pseudo-Albert-Einstein-Zitat.
Einstein hat diese Prophezeiung nie gemacht. Ein konfuser Imker, der anscheinend Aussagen Darwins und  Maeterlincks mit Gedanken von Albert Einstein verwechselte, startet 1941 mit der Zuschreibung einer Bienenprophezeihung an Albert Einstein. Wie man in der vergnüglichen Bienen-Zitat-Geschichte von Quote Investigator nachlesen kann, setzt sich diese falsche Zuschreibung 1965 in einer französischen und 1966 in einer irischen Imkerzeitschrift fort, und wird jedesmal, wenn irgendwo auf der Welt viele Bienen sterben, wieder belebt. 

Seit 2007 können deutschsprachige Leserinnen und Leser wissen, dass Einsteins Bienenprophezeiung ein Falschzitat ist, da der Wissenschaftsjournalist Hans Schuh für  "DIE ZEIT" der Sache nachgegangen ist. Das Albert-Einstein-Archiv in Jerusalem bestätigte damals, dass weder in den publizierten Schriften noch im Nachlass Einsteins dieses Zitat enthalten ist.

Das hinderte aber in der Folge keineswegs, dass man sich weiter gerne auf die schwarze Biologie-Prophezeiung des Physikers Einsteins beruft und Politiker wie Heinz-Christian Strache versuchen, politischen Gegnern mit der Autorität des angeblichen Bienen-Experten Albert Einstein kraftvoll zu kontern.
  •  Facebook:
    "Albert Einstein sagte einst zu Recht:
    'Wenn die Bienen aussterben, hat der Mensch nur mehr vier Jahre zu leben.' / Keine Bienen, keine Blütenbestäubung, keine Pflanzen, keine Tiere und keine Menschen! /
    Die unverantwortliche ÖVP setzt mit ihrem Pseudo-"Umweltminister" Berlakovic lieber auf Raubtier-Kapitalismus, globale Konzerninteressen, Chemie, Pharmakonzerne und tödliche Pestizide statt auf Umwelt, Natur, Gesundheit, Heimat und Menschen! Eine Schande!
    Euer HC"
    Heinz-Christian Strache, 3. Mai 2013, Facebook
Einige Varianten:
  • "Wenn die Biene einmal von der Erde verschwindet, hat der Mensch nur noch vier Jahre zu leben. Keine Bienen mehr, keine Bestäubung mehr, keine Pflanzen mehr, keine Tiere mehr, kein Mensch mehr." 
  • "Wenn die Biene einmal von der Erde verschwindet, hat der Mensch nur noch vier Jahre zu leben."
  • "Wenn die Bienen aussterben, hat der Mensch nur mehr vier Jahre zu leben." 
  • "If the bee disappeared off the surface of the globe then man would only have four years of life left. No more bees, no more pollination, no more plants, no more animals, no more man."
  • "If the Bee Disappeared Off the Face of the Earth, Man Would Only Have Four Years Left To Live."
Trotz aller Aufklärung über dieses Falschzitat durch "DIE ZEIT", durch den Quote Investigator, durch Wikiquote und durch diverse seriöse Nachschlagwerke und Blogs, verhalten sich die Verantwortlichen vieler Medien und von Online- und Offline-Zitatsammlungen weiterhin so, als hätte es diese Aufklärung nicht gegeben und schreiben dieses Zitat weiterhin fälschlich dem Genie des 20. Jahrhunderts, Albert Einstein, zu.

[Ist Ihnen ZITATFORSCHUNG zur Eindämmung falscher Zitate etwas wert? (Link)]

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Quellen:
Google-Statistik, Deutsch: "Ungefähr 4 880 Ergebnisse"
Google-Satistik, Englisch: "Ungefähr 15 600 Ergebnisse"

Hans Schuh: "Die Biene, das Geld und der Tod",  "DIE ZEIT", 
Snopes.com, 2007 
Quote Investigator: "If the Bee Disappeared Off the Face of the Earth, Man Would Only Have Four Years Left To Live - Albert Einstein? Charles Darwin? Maurice Maeterlinck? E. O. Wilson? Apocryphal?": 2013 
 Florian Freistetter: "Albert Einstein, das Sterben der Bienen und das ominöse Zitat", 2015 scienceblogs.de
Alice Calaprice: "The Ultimate Quotable Einstein", Foreword: Freeman Dyson, Princeton University Press, Princeton and Oxford: 2011
Wikiquote
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Kronen Zeitung
Servus TV 
Pro7
 etc.
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Tweet

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Anhang

30 falsch zugeschriebene Einstein-Zitate 


  1. "Das Einzige, was man unbedingt wissen muss, ist der Standort der Bibliothek."

  2. "Das tiefste und erhabenste Gefühl, dessen wir fähig sind, ist das Erlebnis des Mystischen." Albert Einstein (angeblich)

  3.  "Der Hauptgrund für Stress ist der tägliche Kontakt mit Idioten." 

  4. "Der Horizont vieler Menschen ist ein Kreis mit Radius null - und das nennen sie ihren Standpunkt."

  5.  "Der Mensch erfand die Atombombe, doch keine Maus der Welt würde eine Mausefalle konstruieren."

  6. "Der Sinn des Lebens besteht nicht darin ein erfolgreicher Mensch zu sein, sondern ein wertvoller."

  7. "Der Zinseszins war die größte Erfindung menschlichen Denkens." 

  8. "Die Definition von Wahnsinn ist, immer wieder das Gleiche zu tun und andere Ergebnisse zu erwarten."

  9.  ["Die Suche nach Wahrheit ist köstlicher als deren gesicherter Besitz." Gotthold E. Lessing (angeblich)]

  10. "Die Welt wird nicht bedroht von den Menschen, die böse sind, sondern von denen, die das Böse zulassen."

  11.  "Es gibt eine extrem starke Kraft, für die die Wissenschaft bisher noch keine Formel gefunden hat. ... Diese universelle Kraft ist Liebe."

  12. "Es ist schwieriger, eine vorgefasste Meinung zu zertrümmern als ein Atom."

  13.  "Die wichtigste Erkenntnis meines Lebens ist die, dass wir in einem liebenden Universum leben."

  14. "Für jedes komplexe Problem gibt es eine einfache Lösung, und die ist falsch." 

  15.  "Genieße Deine Zeit, denn du lebst nur jetzt und heute. Morgen kannst du gestern nicht nachholen und später kommt früher als du denkst."

  16. "Halte dich von negativen Menschen fern. Sie haben ein Problem für jede Lösung."

  17. "Ich denke 99 Mal nach und finde nichts. Ich höre auf zu denken, schwimme in der Stille und die Wahrheit kommt zu mir."

  18. "Ich fürchte mich vor dem Tag, an dem die Technologie unsere Menschlichkeit übertrifft. Auf der Welt wird es nur noch eine Generation aus Idioten geben."

  19. “Jeder intelligente Narr kann Dinge größer und komplexer machen. Es braucht ein Stück Genialität – und jede Menge Mut -, sich in die entgegengesetzte Richtung zu bewegen.”

  20. "Kreativität ist Intelligenz, die Spaß hat."

  21. "Lerne von gestern, lebe für heute, hoffe auf morgen. Das Wichtigste ist, dass man nie aufhört, Fragen zu stellen."

  22. "Logik bringt Dich von A nach B. Phantasie überall hin."

  23. "Mehr als die Vergangenheit interessiert mich die Zukunft, denn in ihr gedenke ich zu leben."

  24. "Nichts in der Welt wird so gefürchtet wie der Einfluss von Männern, die geistig unabhängig sind.“

  25. "Planung ersetzt den Zufall durch den Irrtum." 

  26. "Wenn ein unordentlicher Schreibtisch einen unordentlichen Geist repräsentiert, was repräsentiert dann ein leerer Schreibtisch?"

  27.  "Was nichts kostet, ist nichts wert." 

  28. "Wenn die Biene einmal von der Erde verschwindet, hat der Mensch nur noch vier Jahre zu leben. Keine Bienen mehr, keine Bestäubung mehr, keine Pflanzen mehr, keine Tiere mehr, kein Mensch mehr." 

  29. "Wenn die Fakten nicht zur Theorie passen, ändere die Fakten."

  30. "Wer die Wahrheit beschreiben will, überlasse die Eleganz dem Schneider.“

  31. "Wer schweigt stimmt nicht immer zu. Er hat nur manchmal keine Lust mit Idioten zu diskutieren."

 

"Aus Gottes Hand empfing ich mein Leben, unter Gottes Hand gestaltete ich mein Leben, in Gottes Hand gebe ich mein Leben zurück." Augustinus (angeblich)

Pseudo-Augustinus-Zitat.

Dieser Trauerspruch ist im 21. Jahrhundert entstanden und wird - nach den Recherchen des Literaurwissenschafters Ulrich Seelbach -  fälschlich Augustinus zugeschrieben. Die ursprüngliche Verfasserin des Zitats ist unbekannt.

In den digitalisierten Texten vor dem 21. Jahrhundert und in den Schriften von Augustinus ist dieses Zitat unauffindbar.
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Quellen:
Arbeitsgruppe von Ulrich Seelbach von der Fakultät für Linguistik und Literaturwissenschaft der Universität Bielefeld: "Trauersprüche"
Google-Statistik

Frühe falsche Zuschreibung an Augustinus:
2004: S. 18 preussische-allgemeine.de/2004 
Beispiele für falsche Zuschreibungen an Augustinus:
Google Books
Zitate.eu
Aphorismen.de

"Wenn wir aus dieser Welt durch Sterben uns begeben, So lassen wir den Ort, wir lassen nicht das Leben." Nikolaus Lenau (angeblich)

Dieses Zitat wird hunderte Male irrtümlich Nikolaus Lenau unterschoben, es stammt aber aus dem Gedicht "Der Tod" des Barockdichters Friedrich von Logau.

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Quellen:
Google-Statistik
Friedrich von Logau: Der Tod, 1702
Arbeitsgruppe von Ulrich Seelbach von der Fakultät für Linguistik und Literaturwissenschaft der Universität Bielefeld: "Trauersprüche"

"Man sieht die Sonne langsam untergehen und erschrickt doch, wenn es plötzlich dunkel ist." Franz Kafka (angeblich)

Pseudo-Franz-Kafka-Zitat.
Dieses Zitat wurde erst im 21. Jahrhundert Franz Kafka unterschoben und ist inzwischen millionenfach verbreitet; die Autorin oder der Autor dieses Trauerspruchs ist unbekannt.

Bei Google Books und in "Der SPIEGEL" taucht dieses Pseudo-Franz-Kafka-Zitat im Jahr 2013 das erste Mal auf (Link), im Internet ist das Zitat schon ein paar Jahre länger verbreitet (Link).

Varianten des Falschzitats:

  • "Man sieht die Sonne langsam untergehen und erschrickt doch, wenn es plötzlich dunkel ist."
  • "Man sieht die Sonne langsam untergehen und erschrickt doch, wenn es plötzlich dunkel wird."
  • "You see the sun go down, very slowly, and yet one is still surprised when it's suddenly dark."
  • "You see the sun slowly set, yet you're surprised when it's suddenly dark."
In den Werken und Briefen Franz Kafkas ist das Zitat weder so noch so ähnlich zu finden.
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Quellen:
Google-Statistik, Deutsch: "Ungefähr 11 300 Ergebnisse"; 09/2017: "152.000 Ergebnisse"
Google-Statistik, Englisch: "6 Ergebnisse"
"Die schönsten Grablieder der Schweiz": Trauersprüche
Arbeitsgruppe von Ulrich Seelbach von der Fakultät für Linguistik und Literaturwissenschaft der Universität Bielefeld, 2009ff. "Trauersprüche"

Frühe falsche Zuschreibungen:
2008: Traueranzeige, 5. Januar 2008 (Link)
2010: Twitter 
2013: Rafael Buschmann, Jürgen Dahlkamp und Jörg Schmitt: "Schrauber unter Heuschrecken", "Der SPIEGEL", 44/2013, 28. Oktober 2013 (Link)
Google Books

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Dank:
Ich danke Ulrich Seelbach und seinem Team, die als Erste auf dieses Kuckuckszitat aufmerksam machten.

Donnerstag, 4. Mai 2017

"Die Phönizier haben das Geld erfunden. - Aber warum so wenig?" Johann Nestroy (angeblich)

Pseudo-Johann-Nestroy-Zitat.
Dieser Witz ist nicht von Johann Nestroy, obwohl Fritz J. Raddatz 1981 in einem ZEIT-Artikel das Gegenteil behauptete und versicherte, das Zitat käme in Nestroys Posse "Der Schützling" vor:

Aber weder in diesem noch in einem anderen Stück Nestroys ist dieses Zitat so oder so ähnlich zu finden und das Wort "Phönizier" verwendet Johann Nestroy in keinem seiner Werke.

Der Witz stammt aus dem Gedicht "Ein Pole in Italien" von Marian Załucki.

    Fritz J. Raddatz, 1981:

     

    • "der österreichische Dramatiker Nestroy, stellte 1847 (in seinem Stück »Der Schützling«) allerdings die genaueste Frage: 'Die Phönizier haben das Geld erfunden - aber warum so wenig?'" (Link)

    Das inzwischen sehr populäre Nestroy-Zitat wurde durch Ratgeber und Zitatsammlungen für Manager sowie durch viele Zeitungsartikel und Online-Zitatsammlungen verbreitet.

    Der Wiener Sachbuchautor und Journalist Georg Markus erklärt sogar ausschließlich mit diesem von F. J.  Raddatz in die Welt gesetztem Kuckuckszitat die besondere Qualität des Satirikers Nestroy:


    Georg Markus, 2012:

    • "Nestroy

      Den Humor wie wir ihn heute verstehen, gibt es seit ca. 200 Jahren, beginnend mit Nestroy, dessen Satz 'Die Phönizier haben das Geld erfunden – aber warum so wenig?' auch in jedem modernen Kabarettprogramm Lacher erzeugen würde. 'Der Wiener fällt auf den Schmäh nur selten herein", meinte Wiens Lokalphilosoph Jörg Mauthe, 'der Fremde aber mit Sicherheit. Er nennt’s dann Charme.'"
      Georg Markus, KURIER, 2012 (Link)    

    Ralf Bülow hat herausgefunden, dass dieses angebliche Nestroy-Zitat von dem polnischen Lyriker und Satiriker Marian Załucki stammt und Tomasz Michalski verdanken wir die Quelle und Datierung dieses Zitats: Der Witz über die Phönizier steht in der letzten Strophe von Marian Załuckis satirischem Gedicht "Polak W Italii" (Der Pole in Italien), das 1969 verfasst und 1970 erstmals publiziert wurde. 


    Marian Załucki,  1970:

     

    • "Do Fenicjan,
      którym wynaleźć pieniądze niegdyś się udało...
      Wynaleźli. To dobrze.
      Ale czemu tak mało?!!"


      Marian Załucki, "Polak W Italii", 1970

    • "An die Phönizier,
      denen es dereinst gelang,
      das Geld zu erfinden ...
      Sie haben es erfunden. Das ist gut.
      Aber warum so wenig?!!!"

      Marian Załucki, "Ein Pole in Italien", 1970, übersetzt von 
      Ron Mieczkowski.

     
    Marian Załucki, 1970

    Pseudo-Johann-Nestroy-Zitat.
    Georg Markus, KURIER, 2012 (Link) .

    _______________
    Quellen:
    "J.N. Nestroy. Stich- und Schlagworte." Zusammengestellt von Reinhard Urbach. Verlag Christian Brandstätter, Wien: 1984
    Fritz. J. Raddatz: "Warum?: Frage-Geschichten aus der ZEIT", Hoffmann u. Campe: 1982, S. 104; DIE ZEIT, 15/1981, 3. April 1981 (Link)
    Johann Nestroy: Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe: Wörterverzeichnis, Nestroy-Wörterbuchsuche
    Georg Markus: "Die Geschichte des österreichischen Humors." KURIER, 22. September 2012 (Link)
    Centrum Nauki Kopernik, Copernicus Science Center: "Money, money, money ..." (ohne Datum)  (Link)
    "Polak W Italii" in: Marian Załucki: "Komu do śmiechu", Iskri: 1970 
    _____
    Dank:
    Ich danke Ralf Bülow und Tomasz Michalski für ihre Recherchen zu Marian Załucki.
    _____
    Tweet

    Letzte Änderung: 30/4 2020 

    "Ich fürchte mich vor dem Tag, an dem die Technologie unsere Menschlichkeit übertrifft. Auf der Welt wird es nur noch eine Generation aus Idioten geben." Albert Einstein (angeblich)

    Pseudo-Albert-Einstein-Zitat.

    Das ist ein sehr junges Pseudo-Einstein-Zitat. Es ist noch nicht einmal zehn Jahre alt und in dem Standardwerk der Einstein-Zitate von Alice Calaprice so wenig zu finden wie in den digitalisierten Texten von Albert Einstein

    Der angesehene Zitatforscher Garson O'Toole vermutet, das Zitat sei 2012 von einer Person geprägt worden, die vom Handy-Gebrauch der Kinder genervt war.

    Auch auf Deutsch taucht das inzwischen sehr weit verbreitete Zitat erstmals 2012/2013 in Foren auf und seit dem Jahr 2015 auch in Büchern (Google books).

    Varianten des Kuckuckzitats:


    Pseudo-Albert-Einstein-Zitate.
    • "Ich fürchte mich vor dem Tag, an dem die Technologie unsere Menschlichkeit übertrifft."
    • "Auf der Welt wird es nur noch eine Generation aus Idioten geben."
    • "Ich fürchte mich vor dem Tag an dem die Technologie unsere menschliche Interaktion übertrifft. Die Welt wird eine Generation von Idioten bekommen."
    • "I fear the day that technology will surpass our human interaction. The world will have a generation of idiots."
    Pseudo-Albert-Einstein quote.

    _________
    Quellen:
    Alice Calaprice: "The Ultimate Quotable Einstein", Foreword: Freeman Dyson, Princeton University Press, Princeton and Oxford: 2011
    Garson O'Toole (Quote Investigator): "I Fear the Day That Technology Will Surpass Our Human Interaction.- Albert Einstein? Cell Phone Critics? Pranksters? Apocryphal?", 2013 (Link) 

     
    Google books
    2012 gutefrage.net 
    2013 pdadmin-forum.de


    ___________
    Dank:
    Ich danke Garson O'Toole wieder einmal sehr für seine gründliche Recherche.

    Letzte Änderung: 14/9 2019

    ntv.de

    "Bedenke stets, dass alles vergänglich ist, dann wirst du im Glück nicht so fröhlich und im Leid nicht so traurig sein." Sokrates (angeblich)

    Pseudo-Sokrates-Zitat.
    Dieser inzwischen sehr beliebte Trauerspruch wird dem Athener Philosophen Sokrates erst im 21. Jahrhundert zugeschrieben.

    Der Spruch geht zurück auf den berühmten Psalm 90, Vers 12 der Bibel:
    • "Lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, auf dass wir klug werden." (Link)
    Im Mittelalter wurde der lateinische Ausdruck "Memento mori!" (deutsch: "Sei dir der Sterblichkeit bewusst!" oder: "Bedenke, dass Du vergänglich bist!") geprägt, der damals in vielen Bußpredigten verbreitet wurde.

     Das von einer unbekannten Person geprägte Pseudo-Sokrates-Zitat wird  - wie bei Kuckuckszitaten üblich, immer ohne Quellennachweis -  dem Athener Philosophen in vielen philologisch unseriösen Zitatsammlungen und leider auch von der Duden-Redaktion unterschoben.

    In Texten aus dem klassischen Athen hat diesen Spruch noch niemand so oder so ähnlich nachweisen können.

    ___________
    Quellen:
    wikipedia
    Arbeitsgruppe von Ulrich Seelbach von der Fakultät für Linguistik und Literaturwissenschaft der Universität Bielefeld: "Trauersprüche"

    Ohne Zuschreibung an Sokrates:
     2007: (Link) (Link)
    Frühe Zuschreibungen an Sokrates:
    2007: (Link)
    -
    2016: Dudenredaktion: DUDEN: "Passende Worte im Trauerfall: Trauertexte stilsicher formulieren", Bibliographisches Institut, Berlin, 2016, ebook (Link)

    Artikel in Arbeit.

    "Danke für den Weg, den Du mit uns gegangen bist. Danke für die Hand, die uns so hilfreich war. Danke, dass es Dich gab." Rainer Maria Rilke (angeblich)

    Dieses Pseudo-Rilke-Zitat ist als Trauerspruch inzwischen weit verbeitet; der Verfasser, des erst im 21. Jahrhundert entstandenen Trauerspruchs, ist anonym.

    ___________
    Quellen:
    Google: "Ungefähr 1 310 Ergebnisse (0,67 Sekunden)"
    Gedenkseiten.de 
    Arbeitsgruppe von Ulrich Seelbach von der Fakultät für Linguistik und Literaturwissenschaft der Universität Bielefeld: "Trauersprüche"

    "Alles hat seine Zeit, / es gibt eine Zeit der Freude, / eine Zeit der Stille, / eine Zeit des Schmerzes, der Trauer / und eine Zeit der dankbaren Erinnerung." Dietrich Bonhoeffer (angeblich)

    Dieser im 21. Jahrhundert enstandene anonyme Trauerspruch, der auf einigen Parten zu finden ist,  wird manchmal irrtümlich Dietrich Bonhoeffer zugeschrieben.

    __________
    Quelle:
    Arbeitsgruppe von Ulrich Seelbach von der Fakultät für Linguistik und Literaturwissenschaft der Universität Bielefeld: "Trauersprüche"

    "Unsere Toten sind nicht abwesend sondern nur unsichtbar. Sie schauen mit ihren Augen voller Licht in unsere Augen voller Trauer." Augustinus (angeblich)

    Erstmals taucht dieser irrtümlich Augustinus zugeschriebene Trauerspruch 1997 in den 
    'Hansischen Geschichtsblätter', Band 105 auf:
    • "Seine Familie hat Augustinus zitiert: 'Unsere Toten sind nicht abwesend, sondern nur unsichtbar. Sie schauen mit ihren Augen voller Licht in unsere Augen voller Trauer.'
      Münster, Pfingsten 1997, Wilfried Ehbrecht."
    Seither hat sich dieser Spruch millionenfach durch Bücher, Zitatsammlungen und auf Online-Seiten für Trauernde in Österreich, Deutschland und der Schweiz verbreitet.
    ________
    Quellen:
    Google-Statistik: "Ungefähr 4 950 Ergebnisse (0,71 Sekunden)"
    Werner Burgheim: "Im Stehen sterben: Begleitung zu würdevollem Sterben und heilender Trauer", 2017
    Trauerspruch.de
    Kartenmacherei.at
    Arbeitsgruppe von Ulrich Seelbach von der Fakultät für Linguistik und Literaturwissenschaft der Universität Bielefeld: "Trauersprüche"

    "Als der Regenbogen verblasste, da kam der Albatros; und er trug mich mit sanften Schwingen weit über die sieben Weltmeere. Behutsam setzte er mich an den Rand des Lichtes. ...." Antoine de Saint-Exupéry (angeblich)

    Dieses im 21. Jahrhundert entstandene Zitat anonymen Ursprungs wird - in unterschiedlichen Varianten - auf Webseiten für Trauerspüche manchmal irrtümlich Joseph von Eichendorff oder Antoine de Saint-Exupéry  zugeschrieben.

    Die Verse sind vor dem 21. Jahrhundert in keinem digitalisierten Text zu finden, also auch nicht in einem Werk Joseph von Eichendorffs oder Antoine de Saint-Exupérys.

    Ein Beispiel:

     

    • "Als der Regenbogen verblasste
      da kam der Albatros
      und er trug mich mit sanften Schwingen
      weit über die sieben Weltmeere.
      Behutsam setzte er mich an den Rand des Lichts.
      Ich trat hinein und fühlte mich geborgen.
      Ich habe euch nicht verlassen,
      ich bin euch nur ein Stück voraus."Irrtümlich "Antoine de Saint-Exupery: Der Kleine Prinz" zugeschrieben. (Link) 
    ________
    Quellen:
    Ulrich Seelbach und Mitarbeiterinnen, Fakultät für Linguistik und Literaturwissenschaft der Universität Bielefeld, Bielefeld: 2009: "Trauersprüche"

    Trauerspruch ohne Zuschreibung an einen Autor:
    2005 med1.de/forum/abschied-und-trauer/trauersprueche-177248/

    Beispiele für falsche Zuschreibungen an Antoine de Saint-Exupéry:
    2013  - pagewizz.com/trauerkarten (frühe falsche Zuschreibung).
     Bestattung Schwind: "Tröstende Worte"

     __
    Dank:
    Ich danke Ulrich Seelbach für seine aufschlussreiche Arbeit zu den modernen, manchmal falsch zugeschriebenen Trauersprüchen.

    Letzte Änderung: 25/11 2019

    "Über die heutige Jugend." Sokrates, Aristoteles und Keilschrifttext (angeblich)



                                                                  *   *   *




    Dienstag, 2. Mai 2017

    "Wo Unrecht zu Recht wird, wird Widerstand zur Pflicht." Bertolt Brecht (angeblich)


    Pseudo-Bertolt-Brecht-Zitat.
    Dieser Slogan ist um 1974 von Atomkraftgegnern geprägt worden. Er fand in den Versionen: "Wo RECHT zu Unrecht, wird Widerstand zur Pflicht" sowie: "Wo UNRECHT zu Recht, wird Widerstand zur Pflicht", bald große Verbreitung.

    Erst im 21. Jahrhundert wird der Slogan diversen berühmten Autoren, die alle mit diesem Zitat nichts zu tun hatten, unterschoben.

    Varianten des Kuckuckszitats:

    • "Wo Unrecht zu Recht wird, wird Widerstand zur Pflicht."  Bertolt Brecht 
    • "Wo Recht zu Unrecht wird, wird Widerstand zur Pflicht."  Bertolt Brecht
    • "Wo Recht zu Unrecht wird, wird Widerstand zur Pflicht." Johann Wolfgang von Goethe
    • "Wenn Unrecht zu Recht wird, wird Widerstand zur Pflicht."  Wladimir Iljitsch Lenin
    • "Wenn Recht Unrecht wird, wird Widerstand Pflicht."  Günther Nenning
    • "Wo Recht zu Unrecht wird, wird Widerstand zur Pflicht, Gehorsam aber Verbrechen!"  Papst Leo XIII., 1891

    Pseudo-Goethe-Zitat
    Die ursprüngliche Autorin des Spruchs ist noch unbekannt; es könnte die damalige Führungsfigur der Grünen, Petra Kelly, gewesen sein.

    Sie bezieht sich in einer Bundestagssrede einmal auf ein katholische  Widerstandspflicht, die Papst Leo XIII. in der Enzyklika "Sapientiae christianae", gefordert hat.


    Petra Kelly (GRÜNE), 1983

    • "Wir berufen uns auch auf die Worte Papst Leo XIII. - ich zitiere -: 'Wenn aber die Staatsgesetze sich offen gegen das göttliche Recht auflehnen ... dann ist Widerstand Pflicht, Gehorsam aber Verbrechen.' ...."

      Deutscher Bundestag, Stenographischer Bericht,10. Wahlperiode, 13. Sitzung, 15. Juni 1983, S. 768 (archive.org)


    Deutscher Bundestag, 15. Juni 1983, S.768 (archive.org)

    Papst Leo XIII.: "Enzyklika Sapientiae christianae", 10. Januar 1890:


    • "10 Wenn aber die Gesetze des Staates mit dem göttlichen Recht in offenbarem Widerspruch stehen, wenn sie der Kirche Unrecht zufügen oder den religiösen Verpflichtungen widerstreiten oder die Autorität Jesu Christi in seinem Hohenpriester verletzen, dann ist Widerstand Pflicht und Gehorsam Frevel, und das selbst im Interesse des Staates, zu dessen Nachteil alles ausschlägt, was der Religion Abbruch tut. -

      Hieraus ergibt sich aber auch, mit welchem Unrecht diese Anschauung der Auflehnung beschuldigt wird, da man doch keiner staatlichen Obrigkeit und keinem Gesetzgeber den schuldigen Gehorsam verweigert, sondern nur jene Vorschriften unbeachtet lässt, zu deren Erlass es keine Gewalt gibt; denn da sie unter Verletzung des göttlichen Rechts erteilt wurden, sind sie ungerecht und eher alles andere als Gesetze."

      Papst Leo XIII.: "Enzyklika Sapientiae christianae", 10. Januar 1890 (Link)

    ***

    Schmariator
    : Richtig heißt es "Wo Unbrecht zu Brecht wird, wird Zitatforschung zur Pflicht" (
    ) (Twitter)

    ***
     Unterstützen Sie ZITATFORSCHUNG bitte entweder mit PayPal, mit Kreditkarte oder um 2,5€ pro Monat mit  STEADY.  - Danke.
    ***


    (Dieser Artikel ist noch in Bearbeitung.)
    __________
    Quellen:
    Papst Leo XIII.: "Enzyklika Sapientiae christianae", 10. Januar 1890 (Link); bibliographische Angaben dazu: kathpedia.com
    Deutscher Bundestag, Stenographischer Bericht,10. Wahlperiode, 13. Sitzung, 15. Juni 1983, S. 768 (archive.org) 
    Worte gegen den Wind ... "Die Seite mit kritischer Lyrik und Satire"
    Petra Kelly
    Constantin von Dietze: "Volkswirtschaftspolitik", 1936 
    Franz Klüber: "Katholische Gesellschaftslehre", 1968 
    Der Sprachdienst, 1985: Vermutung, der Slogan sei 1974 bei Demonstrationen Gegen das AKW Whyl entstanden 
    Wikiquote: "Dieser Satz wird seit Jahrzehnten Bertolt Brecht zugeschrieben - ist vielleicht sogar sein bekanntestes "Zitat"" - (Seit Jahrzehnten? Wirklich?)


    ______
    Ich danke Markus Pirchner für den Hinweis auf diese Pseudo-Brecht-Zitate und Ralf Bülow für seine Recherchen.

    Letzte Änderung: 22/6 2020 

    "Chanson ist Welttheater in drei Minuten." Kurt Tucholsky (angeblich)

    Dieses Bonmot hat der Burgtheater-Schauspieler und Chansonnier Michael Heltau vor "langer Zeit" geprägt, wie er selbst am 25. Februar 2012 in einem Interview mit "Die Presse" sagt; das Zitat wurde ein paar Mal irrtümlich Kurt Tucholsky zugeschrieben.


    _________
     Quelle: 
    "Die Presse", 25. Februar 2012: Michael Heltau: "Der Zauber der Lappalien."
    Friedhelm Greis: Sudelblog, Angebliche Tucholsky-Zitate

    "Reisen ist die Sehnsucht nach dem Leben." Kurt Tucholsky (angeblich)

    Pseudo-Tucholsky quote.
    Dieses weit verbreitete Sehnsuchts-Zitat stammt nicht von Kurt Tucholsky. Es ist eine Erfindung des 21. Jahrhunderts und  taucht um 2007 im Usenet  - anfangs noch ohne Zuschreibung an Kurt Tucholsky  - auf (Link); zwei  Jahre später wird es meines Wissens erstmals Kurt Tucholsky unterschoben (Link) und ist in den letzten Jahren wohl das beliebteste Tucholsky-Zitat der Tourismusindustrie geworden.


    Friedhelm Greis, ein Kenner der Schriften Kurt Tucholskys, verspricht in seinem Tucholsky-Blog:
    "Sollte jemand dieses Zitat in Tucholskys Werk entdecken, bekommt er zur Belohnung ein Weltbühne-Lesebuch zugeschickt!"


    Varianten des Pseudo-Kurt-Tucholsky-Zitats:

    • "Reisen ist die Sehnsucht nach dem Leben."
    • "Reisen ist Sehnsucht nach dem Leben."
    • "Travelling is the longing for life."
    • "Travelling is the desire for life."
    • "Travel is the longing for life." 



    Da das Zitat seit Jahren niemand in den Schriften Kurt Tucholskys entdeckt hat, ist es ein Falschzitat.
    _________
    Quellen:
    Google: "Ungefähr 70 400 Ergebnisse"
    Twitter
    boro  19. Apr 2007: anonymes Zitat (Link)
    Frühe Zuschreibung an Tucholsky: (Link)  
    Friedhelm Greis: Sudelblog, Angebliche Tucholsky-Zitate
    Kurt Tucholsky Gesellschaft: Angebliche Tucholsky-Zitate (Link)

    "Tradition ist eine Laterne, der Dumme hält sich an ihr fest, dem Klugen leuchtet sie den Weg." George Bernard Shaw (angeblich)

    Pseudo-Shaw quote

    Dieses heute im deutschen Sprachraum überaus erfolgreiche Pseudo-George-Bernard-Shaw-Zitat gibt es seit zehn Jahren auf Deutsch, und seit vier Jahren auch auf  Englisch. Das Zitat ist eine Erfindung des 21. Jahrhunderts, das in keinem seriösen Zitate-Lexikon oder einem digitalisierten Werk von Shaw zu finden ist. Es ist also ein typisches Falschzitat des 21. Jahrhunderts, ohne jede Beziehung zu einem Werk George Bernard Shaws. -
    Der Autor des - auch auf vielen Firmen-Webseiten beliebten - Zitats ist unbekannt.

    Google-Suche, Deutsch: mehr als 4000 Ergebnisse
    Google-Suche, Englisch: knapp 200 Ergebnisse

    Varianten:
    • "Tradition ist eine Laterne, der Dumme hält sich an ihr fest, dem Klugen leuchtet sie den Weg."
    • "Tradition is a Lantern. The foolish hold on to it, the clever allow it to lead the way. 
    ______________
    Quellen:
    G.B. Shaw fälschlich  zugeschrieben,
    zum Beispiel hier:
    ZITATE Online.de
    oder hier:
    Zitate-online.net

    Sonntag, 30. April 2017

    "Anti-Semitism is the socialism of fools." August Bebel (angeblich)

    Pseudo-August-Bebel quote.
    This adage was coined by the Austrian liberal politician Ferdinand Kronawetter on 23 April 1889  in Vienna -, and not by the leading figure of the German social democratic movement August Bebel, who attributed it to Ferdinand Kronawetter in an interview with the Austrian writer Hermann Bahr (Link).

     Ferdinand Kronawetter, 1889:
    • "Als Verräther, als Juden und Judenknecht werden wir Demokraten bezeichnet. Das sind wir nicht, aber wir sind auch keine Stiefelputzer der Liechtenstein, wir sind keine Pfaffenknechte, keine Heuchler, welche als Demokraten den telegraphischen Segen des Papstes kniend und augendrehend in Empfang nehmen. (Stürmischer Beifall) Der Antisemitismus ist nichts als der Socialismus des dummen Kerls von Wien (schallende Heiterkeit), denn welcher vernünftige Mensch kann glauben, daß die Zukunft besser wird, wenn man das Volk in das finstere Mittelalter zurückführt?"
      ("Antisemitism is nothing but the socialism of the fool of Vienna.")
      Ferdinand Kronawetter, bei der Generalversammlung des Margaretner Wählervereins, in den "Drei Engel"-Sälen, am 23. April 1889, Neue Freie Presse, 24. April 1889 (Link)

    Varianten:
    • "Der Antisemitismus ist der Sozialismus des dummen Kerls von Wien."
    • "Der Antisemitismus ist der Sozialismus der dummen Kerle."
    • "Der Antisemitismus ist der Sozialismus der dummen  Mannes."
    • "Der Antisemitismus ... ist ... der  Sozialismus der Dummen." 
    • "Antisemitism is nothing but the socialism of the fool of Vienna."
    • "Anti-Semitism is the socialism of fools."
    • "Anti-Semitism is the socialism of imbeciles."
       _______
    Anmerkung:
    "Der dumme Kerl von Wien" war seit den 1860er Jahren ein Typus und eine satirische Figur in humoristischen Zeitschriften (Google Books); auch in der antisemitischen Satire-Zeitschrift "Kikeriki".
     _______
    Quellen:
    Neue Freie Presse, 24. April 1889, p. 18 (Link)
    August Bebel about Kronawetter's "Anti-Semitism is the socialism of fools" in:
    Hermann Bahr: Der Antisemitismus. Ein internationales Interview. S. Fischer Verlag, Berlin: 1894, p. 21 (Link)
     

    Wikiquote 
    Google Books 

    Samstag, 29. April 2017

    "Wer nach allen Seiten offen ist, der kann nicht ganz dicht sein." Kurt Tucholsky (angeblich)


    In den Schriften Kurt Tucholskys kommt dieser Satz weder so noch so ähnlich vor.

    1989 wird dieses Bonmot auf einem Gewerkschaftstag verwendet und vielleicht auch dort geprägt,
    1992 wird es als "Liberalismuskalauer" zitiert,
    1999 (ungefähr) verwendet es Klaus Kinkel und
    2008 wird dieses Witzwort erstmals Kurt Tucholsky unterschoben; kurz darauf wird dieses Pseudo-Tucholsky-Zitat von Ratgeberliteratur wie:
    "Die besten Ideen für erfolgreiches Verkaufen: Erfolgreiche Speaker verraten ihre besten Konzepte und geben Impulse für die Praxis" oder
    "Die Karriere-Schmiede: Karrieren sind kein Zufall - sie werden gemacht"
    weiter verbreitet.

     Obwohl Friedhelm Greis auf seinem Tucholsky-Sudelblog schon seit Jahren darauf hinweist, dass dieses Zitat in den Schriften Tucholskys nicht zu finden ist, wird es ihm in Online-Zitate-Lexika weiterhin unterschoben.

    Ohne falsche Tucholsky-Zuchreibung ist es unter Psychologen verbreitet und irrtümlich wird es manchmal auch dem Künstler Arno Backhaus zugeschrieben, der es zwar verwendet, aber nicht geprägt hat. 
    • "Wer nach allen Seiten offen ist, ist nirgendwo ganz dicht."
    • "Wer nach allen Seiten offen ist, kann nicht ganz dicht sein."
    • "Wer nach allen Seiten offen ist, kann bekanntlich nicht ganz dicht sein."
     Vielleicht ist das Zitat in Anlehnung an dieses populäre amerikanische Bonmot entstanden:
    _______
    Quellen:
    1989:  Protokoll: fünfzehnter Ordentlicher Gewerkschaftstag Industriegewerkschaft Druck und Papier, Hamburg 1989 (Google Books): Den Namen des Gewerkschaftlers konnte ich noch nicht ermitteln, da dieses Protokoll auf Google Books nur in Snippet-Ansicht lesbar ist.
    1992: Wilhelm Schmidt-Biggemann: "Sinn-Welten, Welten-Sinn: Eine philosophische Topik",   S. 52 (Google Books)
    1999: Eckart Kuhlwein: "Die 6. Fraktion: sieben Jahre Bundestags-Kabarett, Die Wasserwerker."
    2008: Spw, Zeitschrift für sozialistische Politik und Wirtschaft, Ausgaben 161-168 (Google Books)
    "Die besten Ideen für erfolgreiches Verkaufen: Erfolgreiche Speaker verraten ihre besten Konzepte und geben Impulse für die Praxis"(Google Books)
    "Die Karriere-Schmiede: Karrieren sind kein Zufall - sie werden gemacht" (Google Books)
    Zitate-Online.de
    Friedhelm Greis: Sudelblog, Angebliche Tucholsky-Zitate 
    Quote Investigator: "Do Not Be So Open-Minded That Your Brains Fall Out. Carl Sagan? Arthur Hays Sulzberger? Marianne Moore? E. E Cummings? William Allan Neilson? Walter Kotschnig? Samuel Butler? G. K. Chesterton? Max Radin? James Oberg? Anonymous?" (Link)
    Wikiquote  hält Arno Backhaus für den Urheber des Zitats: Er kann es aber nicht sein, weil er erst 1996 zu publizieren begann, als das Zitat schon seit Jahren bekannt war.