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Mittwoch, 4. April 2018

"Nur die allerdümmsten Kälber wählen ihren Schlächter selber." Bertolt Brecht (angeblich)

Pseudo-Bertolt-Brecht-Zitat.
 Dieses Sprichwort taucht erstmals 1874 auf einem Schweizer Stimmzettel zur Wahl der Züricher Steuerkommission auf, was damals von vielen deutschen und österreichischen Zeitungen  amüsiert berichtet wurde. 

Der Witz des unbekannten Autors wurde in den Jahren darauf weit verbreitet und von Sozialdemokraten schon vor dem 1. Weltkrieg bei Wahlen oft als Slogan verwendet.


Neues Fremden-Blatt, Abendausgabe, Wien, 27. Mai 1874, S. 2.
In den letzten Jahrzehnten wird der Spruch irrtümlich oft Bertolt Brecht und manchmal auch Wilhelm Busch oder Heinrich Heine zugeschrieben.
Pseudo-Bertolt-Brecht-Zitat.


Varianten:

  • "Nur die allerdümmsten Kälber // wählen ihren Schlächter selber."
  • "Nur die allergrößten Kälber wählen ihre Metzger selber."
  • "Nur die dümmsten Kälber wählen ihre Schlächter selber."
  • "Nur die dümmsten Kälber wählen ihre Metzger selber." 

Bertolt Brecht spielt in dem "Kälbermarsch", seiner Parodie des Horst-Wessel-Liedes, in dem 1943 entstandenen Drama "Schwejk im Zweiten Weltkrieg" auf das Sprichwort an, aber er hat es selber weder geprägt noch in einer der ihm irrtümlich zugeschriebenen Versionen verwendet.

 

Bertolt Brecht

  • "Hinter der Trommel her
    Trotten die Kälber
    Das Fell für die Trommel
    Liefern sie selber.
    Der Schlächter ruft:
    Die Augen fest geschlossen
    Das Kalb marschiert.
    In ruhig festem Tritt.
    Die Kälber, deren Blut im Schlachthaus schon geflossen
    Marschiern im Geist in seinen Reihen mit."
    _____







[Ist Ihnen ZITATFORSCHUNG etwas wert? (Link)]


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Quellen:
Google 
Bertolt Brecht: Stücke. Band 10 – Stücke aus dem Exil: Schweyk im Zweiten Weltkrieg; Der kaukasische Kreidekreis; Die Tage der Commune. Suhrkamp, Frankfurt am Main: (1957) 1959, S. 103
Neues Fremden-Blatt, Abendausgabe, Wien, 27. Mai 1874, S. 2 (Link)
Zitat in der Arbeiter Zeitung, Wien 1895-1933 (anno)

Beispiele für falsche Zuschreibungen:

An Bertolt Brecht:
 Google
Wiener Zeitung
facebook.com/CiceroMagazin

An  Wilhem Busch:
Michael Wolffsohn: Und wir stecken den Kopf in den Sand, Die Welt, 26. März 2019 (Link)


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Dank:
Ich danke Christian Seidl und Wolfgang Gruber für ihre Hinweise auf den Schweizer Stimmzettel.

Letzte Änderung: 17/6 2020

Donnerstag, 19. Oktober 2017

"Viel zu spät begreifen viele die versäumten Lebensziele: Freude, Schönheit der Natur, Gesundheit, Reisen und Kultur. Drum Mensch, sei zeitig weise! Höchste Zeit ist's! Reise, reise!" Wilhelm Busch (angeblich)

Die Urheberin dieses Spruchs, der seit 1962 (Link) meistens Wilhelm Busch unterschoben wird, ist unbekannt.
Manchmal findet man dieses Zitat als Fortsetzung von zwei Versen, die wirklich von Wilhelm Busch stammen.

  • "Eins, zwei, drei im Sauseschritt
    läuft die Zeit, wir laufen mit.

    Schaffen, schuften, werden älter,
    träger, müder und auch kälter.
    Bis auf einmal man erkennt,
    dass das Leben geht zu End’.
    Viel zu spät begreifen viele,
    die versäumten Lebensziele:
    Freude, Schönheit der Natur,
    Gesundheit, Reisen und Kultur.
    Darum, Mensch, sei zeitig weise!
    Höchste Zeit ist’s! Reise, reise!
    "
    Unbekannter Autor. Nur die ersten 2 Zeilen sind von Wilhelm Busch. (Link)
 Wilhelm Busch, Julchen, 1877
  • "Einszweidrei! im Sauseschritt
    Läuft die Zeit; wir laufen mit. –
    Julchen ist hübsch kugelrund
    ...."
  • "Einszweidrei! im Sauseschritt
    Läuft die Zeit; wir laufen mit. – 
    Julchen ist schon sehr verständig
    ..."
  • "Einszweidrei! im Sauseschritt
    Läuft die Zeit; wir laufen mit. – 
    Unsre dicke, nette Jule
    Geht bereits schon in die Schule,
    ....."
  • "Einszweidrei! im Sauseschritt
    Läuft die Zeit; wir laufen mit. – 
    Julchen ist nun wirklich groß,
    ...."
    Wilhelm Busch, Julchen (Link)
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Quellen:
Oskar Klug: Volkskapitalismus durch Eigentumsstreuung. Illusion oder Wirklichkeit, G. Fischer, Stuttgart: 1962, S. 81 (Link) (Erstzuschreibung nach Google books; vor dem Jahr 1962 ist der Spruch in keinem digitalisierten Text zu finden.)
Wilhelm Busch: Julchen (1877), 3. Teil der Herr Knopp-Trilogie Zeno.org
Hugo Hartung: Mit Dichtern reisen: „Reise-Winke von Goethe bis Kafka“.  Süddeutscher Verlag, München: 1964, S. 69 (zitiert nach Wikipedia)
Wikipedia Reise
Ulrich Seelbach und Mitarbeiterinnen, Fakultät für Linguistik und Literaturwissenschaft der Universität Bielefeld: "Trauersprüche"

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 Artikel in Arbeit.