Pseudo-Loriot-Zitat. |
Fünf Tage nach der Erfindung dieses Pseudo-Loriot-Zitats auf Facebook wurde es bereits von Universitätsprofessoren, Journalisten, Zahnärzten und Politikern verbreitet und in Zeitungen erwähnt.
Dieses innerhalb einer Woche schon zehntausendfach geteilte und kopierte Kuckuckszitat wäre wohl noch erfolgreicher geworden, wenn nicht der Stuttgarter Bibliothekar Bernd-Christoph Kämper von Anfang an gegen die Verbreitung des Falschzitats auf Twitter vorgegangen wäre.
Kämpers amüsanten Thread zu der Sache kann man hier unter seinem Twitternamen Basso Continuo nachlesen:
( @krieghofer ) Ich beömmel mich hier gerade, wie neue Loriot-Zitate entstehen und binnen kurzem tausendfach auf sozialen Medien geteilt werden:
Was man hier sieht, ist der automatische Ünersetzungvorschlag von facebook für ein italienisches Zitat: https://t.co/IkNe7enkFP pic.twitter.com/bEDgSbSn1o
— Basso Continuo @ Home (@bckaemper) May 10, 2020
Entstehung des Kuckuckszitats:
Dass es konstruktiver ist, bei Problemen statt nach Schuldigen nach Lösungen zu suchen, steht seit Jahrzehnten in unterschiedlichen Formulierungen in englischen und deutschen Ratgeberbüchern.
Die Formulierung, die Loriot unterschoben wird, ist anscheinend auf Spanisch entstanden und wurde im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie in den letzten Wochen in spanischen Medien tausendfach zitiert.
"In Zeiten der Krise ..." |
Wer das Sprichwort in dieser prägnanten Form mit den Wörtern "Intelligenten" und "Idioten" geprägt hat, ist noch unbekannt.
In Spanien wird das Zitat als anonymes Sprichwort verbreitet und als anonymes Sprichwort zuerst auch in Italien und Deutschland übernommen.
31. März 2020, Facebook
Facebbook, 31. März 2020. |
Pseudo-Totò-Zitat. |
Jemand hat sich am 23. April 2020 den Spaß gemacht, das spanische Zitat auch dem griechischen Astronomen Hipparchos von Nicäa zu unterschieben, was aber längst nicht so gut ankam wie die genau so unbegründete Zuschreibung an Loriot.
Pseudo-Hipparchos-von-Nicäa-Zitat. (Link) |
Chronologie
Die früheste Formulierung des angeblichen Loriot-Zitats findet man auf Twitter am 25. März auf Spanisch:
25. März 2020
- En los momentos difíciles, las personas inteligentes buscan soluciones, mientras los inútiles buscan culpables. (Twitter)
26. März 2020
- "En los momentos de crisis las personas inteligentes buscan soluciones, los incompetentes buscan culpables"
7. April 2020
- " En época de crisis los inteligentes buscan soluciones y los tontos buscan culpables"
9. April
- En los momentos de crisis los inteligentes buscan soluciones y los inútiles culpables.
- En tiempos de crisis por causas incontrolables, los inteligentes buscan soluciones, los imbéciles buscan culpables.
11. April
- Leggendo in giro "In tempo di crisi gli intelligenti cercano le soluzioni e gli inutili i colpevoli"! #salviniemelonibuffoni #11aprile Twitter
Durch ein Youtube-Video der spanischen Ökonomin und Schauspielerin Marta Flich ist das Zitat noch populärer geworden.
18. April 2020
- "En los tiempos de crisis los inteligentes buscan soluciones y los inútiles, culpables".
- Marta Flich, 18. 04. 2020 youtube
Jemand hat dieses Zitat ohne Begründung dem 120 v. Chr verstorbenen Astronomen Hipparchos von Nicäa zugeschrieben.
23. April 2020
Pseudo-Hipparchos-von-Nicäa-Zitat. (Link) |
Vor dem Mai 2020 findet man keine Zuschreibungen des Zitats an Loriot und Totò in den digitalisierten Texten.
5. Mai: Erste Zuschreibung an Loriot auf Facebook.
Nachtrag: noch ein früherer Beleg für das Loriot zugeschriebene Zitat, von Lucia Muriel am 5. Mai auf facebook gepostet, passenderweise als Kommentierung eines supernova-Videos der Berliner "Hygiene-Demo vom 25.04. https://t.co/45X78sge7v
— Basso Continuo @ Home (@bckaemper) May 11, 2020
6. Mai
- "il grande Totò disse: In tempo di crisi, gli intelligenti cercano soluzioni. gli imbecilli cercano colpevoli" Twitter
Twitter, 10. Mai 2020:
Loriot: "In Krisenzeiten suchen Intelligente nach Lösungen, Idioten suchen nach Schuldigen."
— German IoD (@GermanIOD) May 10, 2020
Dieser Tweet des angesehenen "Deutschen Instituts der Aufsichtsräte" wurde über 2000 Mal retweetet, darunter auch von Accounts mit über 100.000 Followern, und ist dadurch so etwas wie ein "Hotspot" für die Verbreitung des Pseudo-Loriot-Zitats geworden.
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Inzwischen haben schon viele Leute vergeblich nach einer Quelle in einem Text Loriots gesucht und manche von ihnen haben ihren Tweet mit dem falschen Zitat wieder gelöscht.
Nach der internationalen Geschichte und Vorgeschichte dieses Aphorismus zu schließen wird man das Zitat so wenig in einem Text Loriots wie in einem Text des italienischen Komikers Totò oder des griechischen Astronomen Hipparchos von Nicäa finden.
Geprägt wurde der Aphorismus anscheinend am Beginn der europäischen Corona-Katastrophe von einer unbekannten Person in Spanien.
Artikel in Arbeit. Es wird von mehreren Personen weiter recherchiert.
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Quellen:
Google Spanisch
Google Italienisch
Google Deutsch
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Marlene Mengue, Bayern 2 Digitalredaktion: "Loriot, haben Sie das wirklich gesagt?! Wie das Internet mit Zitaten umgeht", 12. Mai 2020 (Link)
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Dank:
Ich danke Bernd-Christoph Kämper (Twittername: Basso Continuo) für die Aufdeckung dieses Kuckuckzitats und seine Recherchen zu dessen Ursprung. Dank auch an Wolfgang Gruber, Ralf Bülow und RadlerAndi.
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Anhang
Twitter, 11. Mai 2020,
nachdem das falsche Loriot-Zitat in zwei Tagen tausende Male gepostet wurde:
Hat mittlerweile
jeder Loriot zitiert oder muss noch einer?
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Pfefferine (@Pfefferine) May
11, 2020
Hat mittlerweile jeder Loriot zitiert oder muss noch einer?— Pfefferine (@Pfefferine) May 11, 2020
Letzte Änderung: 13/10 2022
Screenshot, 14. Mai 2020. |