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Dienstag, 14. August 2018

"Der Mensch ist erst wirklich tot, wenn niemand mehr an ihn denkt." Bertolt Brecht (angeblich)


Pseudo-Bertolt-Brecht-Zitat.
Dem im Jahr 1956 verstorbenen Dramatiker und Lyriker Bertolt Brecht wird dieser Trauerspruch seit etwa zwanzig Jahren unterschoben. In seinen Werken und in zeitgenössischen Quellen ist dieses Pseudo-Brecht-Zitat bisher nicht gefunden worden.

Dieser Trauerspruch stammt so ähnlich aus dem 19. Jahrhundert.

Entwicklung des Zitats


 1830, Christian von Zedlitz
  • "Wer im Gedächtniß seiner Lieben lebt,
    Ist ja nicht todt, er ist nur fern. – Todt nur
    Ist, wer vergessen wird; 
    ich aber werde,
    Ich weiß es, nicht vergessen seyn von dir – "
    Joseph Christian von Zedlitz: "Der Stern von Sevilla", 4. Aufzug, 7. Auftritt, Ortiz zu Estrella  (Link)
"Der Stern von Sevilla" ist nach Motiven des 1623 publizierten Dramas "La Estrella de Sevilla" des spanischen Dichters Lope de Vega entstanden.

Die Wendung, "Todt nur ist, wer vergessen wird", scheint es nur in der deutschen Fassung des österreichischen Autors Christian von Zedlitz zu geben, obwohl sie manchmal im 19. Jahrhundert Lope de Vega zugeschrieben wird (Link).

Das Zitat aus dem Schauspiel "Der Stern von Sevilla" wurde bald geflügelt und als anonymer Trauerspruch verbreitet.
 

1859, George Eliot
  • "Unsere Toten werden erst dann wirklich tot sein, wenn wir sie vergessen haben."
  • "Our dead are never dead to us until we have forgotten them."
    George Eliot, "Adam Bede"  (Link)

Der Trauerspruch "Tot ist nur, wer vergessen ist" (Link) wird heute auch  Immanuel Kant , Seneca und anderen unterschoben.


 Twitter, 2017:


https://twitter.com/krieghofer/status/8712816072185405
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Quellen:
Wikiquote
Arbeitsgruppe von Ulrich Seelbach von der Fakultät für Linguistik und Literaturwissenschaft der Universität Bielefeld: "Trauersprüche"
"Der Stern von Sevilla", Nach dem gleichnamigen Schauspiel des Lope de Vega, bearbeitet von Joseph Christian Baron v. Zedlitz, Verlag der J.G. Cotta'schen Buchhandlung, Stuttgart und Tübingen: 1830, S. 98 (Link)
George Eliot: "Adam Bede" (Erstausgabe 1859, John Blackwood, London), Harper and Brothers, New York: 1860, S. 89 (Link)
 Google
2011: Geschichtsforum

Frühe falsche Zuschreibung:
1998: groups.google.com

Beispiele für falsche Zuschreibungen:
Google: diverse Online-Zitatsammlungen;  Zitate im Management;
Dudenredaktion: "DUDEN - Passende Worte im Trauerfall: Trauertexte stilsicher formulieren", Bibliographisches Institut, Berlin, 2016, ebook (Link)

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Dank

Ich danke Ulrich Seelbach und allen Teilnehmern der Twitter-Diskussion über dieses Zitat und besonders Ralf Bülow für den Hinweis auf Zedlitz.

Artikel in Arbeit.


Samstag, 20. Mai 2017

"Trennung ist unser Los, Wiedersehen ist unsere Hoffnung. So bitter der Tod ist ...." Augustinus (angeblich)

Dieser alte Trauerspruch wurde von einer unbekannten Person geprägt und im 21. Jahrhundert  fälschlich Augustinus zugeschrieben.
  • "Trennung ist unser Los, Wiedersehen ist unsere Hoffnung.
    So bitter der Tod ist, die Liebe vermag er nicht zu scheiden.
    Aus dem Leben ist er zwar geschieden,
    aber nicht aus unserem Leben;
    denn wie vermöchten wir ihn tot zu wähnen,
    der so lebendig unserem
    Herzen innewohnt!"
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Quellen:
Google: "Ungefähr 1 630 Ergebnisse (0,65 Sekunden)"
Trauerspruch.de  
Grablichter.ch
Ulrich Seelbach und Mitarbeiterinnen, Fakultät für Linguistik und Literaturwissenschaft der Universität Bielefeld: "Trauersprüche"
 
 
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Dank:
 Ich danke Ulrich Seelbach sowie Peter Jäger für den Hinweis auf einen alten Grabstein mit diesem Spruch.

Letzte Änderung: 7/10 2022 (Korrektur)

Freitag, 5. Mai 2017

"Aus Gottes Hand empfing ich mein Leben, unter Gottes Hand gestaltete ich mein Leben, in Gottes Hand gebe ich mein Leben zurück." Augustinus (angeblich)

Pseudo-Augustinus-Zitat.

Dieser Trauerspruch ist im 21. Jahrhundert entstanden und wird - nach den Recherchen des Literaurwissenschafters Ulrich Seelbach -  fälschlich Augustinus zugeschrieben. Die ursprüngliche Verfasserin des Zitats ist unbekannt.

In den digitalisierten Texten vor dem 21. Jahrhundert und in den Schriften von Augustinus ist dieses Zitat unauffindbar.
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Quellen:
Arbeitsgruppe von Ulrich Seelbach von der Fakultät für Linguistik und Literaturwissenschaft der Universität Bielefeld: "Trauersprüche"
Google-Statistik

Frühe falsche Zuschreibung an Augustinus:
2004: S. 18 preussische-allgemeine.de/2004 
Beispiele für falsche Zuschreibungen an Augustinus:
Google Books
Zitate.eu
Aphorismen.de

"Wenn wir aus dieser Welt durch Sterben uns begeben, So lassen wir den Ort, wir lassen nicht das Leben." Nikolaus Lenau (angeblich)

Dieses Zitat wird hunderte Male irrtümlich Nikolaus Lenau unterschoben, es stammt aber aus dem Gedicht "Der Tod" des Barockdichters Friedrich von Logau.

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Quellen:
Google-Statistik
Friedrich von Logau: Der Tod, 1702
Arbeitsgruppe von Ulrich Seelbach von der Fakultät für Linguistik und Literaturwissenschaft der Universität Bielefeld: "Trauersprüche"

"Man sieht die Sonne langsam untergehen und erschrickt doch, wenn es plötzlich dunkel ist." Franz Kafka (angeblich)

Pseudo-Franz-Kafka-Zitat.
Dieses Zitat wurde erst im 21. Jahrhundert Franz Kafka unterschoben und ist inzwischen millionenfach verbreitet; die Autorin oder der Autor dieses Trauerspruchs ist unbekannt.

Bei Google Books und in "Der SPIEGEL" taucht dieses Pseudo-Franz-Kafka-Zitat im Jahr 2013 das erste Mal auf (Link), im Internet ist das Zitat schon ein paar Jahre länger verbreitet (Link).

Varianten des Falschzitats:

  • "Man sieht die Sonne langsam untergehen und erschrickt doch, wenn es plötzlich dunkel ist."
  • "Man sieht die Sonne langsam untergehen und erschrickt doch, wenn es plötzlich dunkel wird."
  • "You see the sun go down, very slowly, and yet one is still surprised when it's suddenly dark."
  • "You see the sun slowly set, yet you're surprised when it's suddenly dark."
In den Werken und Briefen Franz Kafkas ist das Zitat weder so noch so ähnlich zu finden.
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Quellen:
Google-Statistik, Deutsch: "Ungefähr 11 300 Ergebnisse"; 09/2017: "152.000 Ergebnisse"
Google-Statistik, Englisch: "6 Ergebnisse"
"Die schönsten Grablieder der Schweiz": Trauersprüche
Arbeitsgruppe von Ulrich Seelbach von der Fakultät für Linguistik und Literaturwissenschaft der Universität Bielefeld, 2009ff. "Trauersprüche"

Frühe falsche Zuschreibungen:
2008: Traueranzeige, 5. Januar 2008 (Link)
2010: Twitter 
2013: Rafael Buschmann, Jürgen Dahlkamp und Jörg Schmitt: "Schrauber unter Heuschrecken", "Der SPIEGEL", 44/2013, 28. Oktober 2013 (Link)
Google Books

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Dank:
Ich danke Ulrich Seelbach und seinem Team, die als Erste auf dieses Kuckuckszitat aufmerksam machten.

Donnerstag, 4. Mai 2017

"Bedenke stets, dass alles vergänglich ist, dann wirst du im Glück nicht so fröhlich und im Leid nicht so traurig sein." Sokrates (angeblich)

Pseudo-Sokrates-Zitat.
Dieser inzwischen sehr beliebte Trauerspruch wird dem Athener Philosophen Sokrates erst im 21. Jahrhundert zugeschrieben.

Der Spruch geht zurück auf den berühmten Psalm 90, Vers 12 der Bibel:
  • "Lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, auf dass wir klug werden." (Link)
Im Mittelalter wurde der lateinische Ausdruck "Memento mori!" (deutsch: "Sei dir der Sterblichkeit bewusst!" oder: "Bedenke, dass Du vergänglich bist!") geprägt, der damals in vielen Bußpredigten verbreitet wurde.

 Das von einer unbekannten Person geprägte Pseudo-Sokrates-Zitat wird  - wie bei Kuckuckszitaten üblich, immer ohne Quellennachweis -  dem Athener Philosophen in vielen philologisch unseriösen Zitatsammlungen und leider auch von der Duden-Redaktion unterschoben.

In Texten aus dem klassischen Athen hat diesen Spruch noch niemand so oder so ähnlich nachweisen können.

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Quellen:
wikipedia
Arbeitsgruppe von Ulrich Seelbach von der Fakultät für Linguistik und Literaturwissenschaft der Universität Bielefeld: "Trauersprüche"

Ohne Zuschreibung an Sokrates:
 2007: (Link) (Link)
Frühe Zuschreibungen an Sokrates:
2007: (Link)
-
2016: Dudenredaktion: DUDEN: "Passende Worte im Trauerfall: Trauertexte stilsicher formulieren", Bibliographisches Institut, Berlin, 2016, ebook (Link)

Artikel in Arbeit.

"Danke für den Weg, den Du mit uns gegangen bist. Danke für die Hand, die uns so hilfreich war. Danke, dass es Dich gab." Rainer Maria Rilke (angeblich)

Dieses Pseudo-Rilke-Zitat ist als Trauerspruch inzwischen weit verbeitet; der Verfasser, des erst im 21. Jahrhundert entstandenen Trauerspruchs, ist anonym.

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Quellen:
Google: "Ungefähr 1 310 Ergebnisse (0,67 Sekunden)"
Gedenkseiten.de 
Arbeitsgruppe von Ulrich Seelbach von der Fakultät für Linguistik und Literaturwissenschaft der Universität Bielefeld: "Trauersprüche"

"Alles hat seine Zeit, / es gibt eine Zeit der Freude, / eine Zeit der Stille, / eine Zeit des Schmerzes, der Trauer / und eine Zeit der dankbaren Erinnerung." Dietrich Bonhoeffer (angeblich)

Dieser im 21. Jahrhundert enstandene anonyme Trauerspruch, der auf einigen Parten zu finden ist,  wird manchmal irrtümlich Dietrich Bonhoeffer zugeschrieben.

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Quelle:
Arbeitsgruppe von Ulrich Seelbach von der Fakultät für Linguistik und Literaturwissenschaft der Universität Bielefeld: "Trauersprüche"

"Unsere Toten sind nicht abwesend sondern nur unsichtbar. Sie schauen mit ihren Augen voller Licht in unsere Augen voller Trauer." Augustinus (angeblich)

Erstmals taucht dieser irrtümlich Augustinus zugeschriebene Trauerspruch 1997 in den 
'Hansischen Geschichtsblätter', Band 105 auf:
  • "Seine Familie hat Augustinus zitiert: 'Unsere Toten sind nicht abwesend, sondern nur unsichtbar. Sie schauen mit ihren Augen voller Licht in unsere Augen voller Trauer.'
    Münster, Pfingsten 1997, Wilfried Ehbrecht."
Seither hat sich dieser Spruch millionenfach durch Bücher, Zitatsammlungen und auf Online-Seiten für Trauernde in Österreich, Deutschland und der Schweiz verbreitet.
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Quellen:
Google-Statistik: "Ungefähr 4 950 Ergebnisse (0,71 Sekunden)"
Werner Burgheim: "Im Stehen sterben: Begleitung zu würdevollem Sterben und heilender Trauer", 2017
Trauerspruch.de
Kartenmacherei.at
Arbeitsgruppe von Ulrich Seelbach von der Fakultät für Linguistik und Literaturwissenschaft der Universität Bielefeld: "Trauersprüche"

"Als der Regenbogen verblasste, da kam der Albatros; und er trug mich mit sanften Schwingen weit über die sieben Weltmeere. Behutsam setzte er mich an den Rand des Lichtes. ...." Antoine de Saint-Exupéry (angeblich)

Dieses im 21. Jahrhundert entstandene Zitat anonymen Ursprungs wird - in unterschiedlichen Varianten - auf Webseiten für Trauerspüche manchmal irrtümlich Joseph von Eichendorff oder Antoine de Saint-Exupéry  zugeschrieben.

Die Verse sind vor dem 21. Jahrhundert in keinem digitalisierten Text zu finden, also auch nicht in einem Werk Joseph von Eichendorffs oder Antoine de Saint-Exupérys.

Ein Beispiel:

 

  • "Als der Regenbogen verblasste
    da kam der Albatros
    und er trug mich mit sanften Schwingen
    weit über die sieben Weltmeere.
    Behutsam setzte er mich an den Rand des Lichts.
    Ich trat hinein und fühlte mich geborgen.
    Ich habe euch nicht verlassen,
    ich bin euch nur ein Stück voraus."Irrtümlich "Antoine de Saint-Exupery: Der Kleine Prinz" zugeschrieben. (Link) 
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Quellen:
Ulrich Seelbach und Mitarbeiterinnen, Fakultät für Linguistik und Literaturwissenschaft der Universität Bielefeld, Bielefeld: 2009: "Trauersprüche"

Trauerspruch ohne Zuschreibung an einen Autor:
2005 med1.de/forum/abschied-und-trauer/trauersprueche-177248/

Beispiele für falsche Zuschreibungen an Antoine de Saint-Exupéry:
2013  - pagewizz.com/trauerkarten (frühe falsche Zuschreibung).
 Bestattung Schwind: "Tröstende Worte"

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Dank:
Ich danke Ulrich Seelbach für seine aufschlussreiche Arbeit zu den modernen, manchmal falsch zugeschriebenen Trauersprüchen.

Letzte Änderung: 25/11 2019