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Montag, 29. Juni 2020

"Es gibt drei Dinge, die sich nicht vereinen lassen: Intelligenz, Anständigkeit und Nationalsozialismus. Man kann intelligent und Nazi sein. Dann ist man nicht anständig ..." Gerhard Bronner

Der Ursprung dieses Zitats des österreichischen Autors und Kabarettisten Gerhard Bronner ist offenbar ein Anti-Nazi-Witz aus den 1930er Jahren, der in Nazideutschland bei Hitler-Gegnern weit verbreitet war.

"Is Hitler dead? and Best Anti-Nazi Humor." Edited  by B.D. Shaw. New York: 1939, S. 18 (archive.org)
1936
  • "Als Gott die Deutschen erschuf, schenkte er ihnen drei Eigenschaften: Intelligenz, Anständigkeit und Nazismus. Aber Gott in seiner Weisheit machte auch eine Einschränkung. Ein Deutscher konnte nur zwei dieser drei Eigenschaften haben. In anderen Worten: Wenn ein Deutscher ein Nazi ist und anständig, kann er nicht intelligent sein; wenn er ein Nazi ist und intelligent, kann er nicht anständig sein; und wenn er anständig und intelligent ist, kann er kein Nazi sein."
    Magazine Digest

    "Is Hitler dead? and Best Anti-Nazi Humor." Edited with an introduction by. B.D. Shaw. Alceus House, New York: 1939, S. 18 (archive.org);  früheste Erwähnung dieses Witzes in:
    B'nai B'rith -  National Jewish Monthly,  Volume 50, Nr. 6, March 1936, S. 216 [eingeschränkte Vorschau] (Link)

Dieser Witz wurde nach dem 2. Weltkrieg unter Weglassung Gottes als Anekdote und Aperçu über den miesen Charakter der Nazis in verschiedenen Versionen weitererzählt, wohl auch, um die Legenden vom angeblich "guten Nazi" zu zerstören, die zum Beispiel im Umkreis des in entscheidenden Punkten völlig verlogenen Nazi-Rüstungsministers Albert Speer aufgekommen sind.

1948

  • "EIGENSCHAFTEN
    Ein Engländer wird nach seinem Deutschlandbesuch gefragt, wie er die Deutschen gefunden habe. Er antwortet: 'O, sie gefallen mir sehr gut, sie sind ehrlich, intelligent und nationalsozialistisch. Nur schade, daß diese drei Eigenschaften nie zusammentreffen. Ein Deutscher hat immer nur zwei davon. Entweder ist er ehrlich und intelligent, dann ist er nicht nationalsozialistisch, oder er ist intelligent und nationalsozialistisch, dann ist er nicht ehrlich, oder er ist ehrlich und nationalsozialistisch, aber dann ist er nicht intelligent."'

    John Alexander Meier, Kurt Sellin: "Geflüstertes: Die Hitlerei im Volksmund." Freiheit Verlag: 1948, S. 60 (Link); kaum verändert abgedruckt auch in: Hans-Jochen Gamm: "Der Flüsterwitz im Dritten Reich." List: 1963, S. 22 (Link)(Link)
    Nachdrucke: 1964:  (Link); 1980:  (Link)

1963
  • "Ich erinnere mich, daß zur Zeit des Nationalsozialismus in Deutschland ein Ausspruch zirkulierte, wonach ein Deutscher drei Eigenschaften haben könne: er könne intelligent, er könne ehrlich und er könne ein fanatischer Nazi sein, niemals ..." (Link)
1967

Vielleicht hat Gerhard Bronner auch eine Variante dieses Witzes in einem Beitrag der WDR-Sendung Panorama aus dem Jahr 1967 gesehen. Hier wird die Anekdote nicht einem unbekannten Engländer zugeschrieben, sondern einem bekannten Franzosen.

 
 (Anständige Nazis, 1967, Panorama, panorama.de Facebook Video)

In dieser Panorama-Sendung wird ein angeblicher Ausspruch des französischen Germanisten, Politikers und Diplomaten André François-Poncet zitiert. François-Poncet war in den ersten 5 Jahren der nationalsozialistischen Herrschaft bis 1938 französischer Botschafter in Berlin.

Auf die Frage, ob alle Deutschen Nazis seien, soll André François-Poncet geantwortet haben:
  • "Wenn jemand in Deutschland Nazi ist und intelligent, dann ist er bestimmt nicht anständig. Und alles andere folgt logisch daraus."
Alle logischen Konsequenzen aus dieser Prämisse werden in dem amüsanten TV-Beitrag mit Hilfe eines Computers errechnet und dargestellt.

Folgerungen des Computers:
  • 1. Wer Nazi ist und anständig, der ist nicht intelligent.
  • 2. Wer intelligent ist und anständig, kann kein Nazi sein.
Anständige Nazis, 1967, Panorama, panorama.de Facebook Video

1968

Der Schauspieler Oskar Werner lehnte es  - trotz sehr guter Gage -  ab, in einem Film einen "guten Nazi" zu spielen. 

Oskar Werner, 1968

 

  • "Wenn jemand gut ist und ein Nazi, dann ist er nicht intelligent. Wenn jemand intelligent ist und ein Nazi, dann ist er nicht gut. Und wenn jemand gut und intelligent ist, dann ist er kein Nazi."
Mit dieser 'arithmetischen Gleichung' weigerte sich (laut seinem Biographen) der durch seine Rolle als Schiffsarzt in dem Film "Das Narrenschiff" weltweit bekannt gewordene Burgschauspieler Oskar Werner in Stanley Kramers 'Das Geheimnis von Santa Vittoria'  einen "guten Nazi" zu mimen. 


1979

Aperçus unbekannten Ursprungs werden oft einer Autorität zugeschrieben, wenn sie sarkastisch sind, gerne dem schottischen Satiriker und Dramatiker Bernard Shaw

So erging es auch diesem Zitat; eine Version wird seit dem Jahr 1979 G. Bernard Shaw unterschoben.

Wahrscheinlich war der Grund für das Bernard-Shaw-Kuckuckszitat die Namensgleichheit des Herausgebers B.D. Shaw der "Best Anti-Nazi Humor"-Sammlung, die den Deutschen-Witz enthielt, mit dem Satiriker G.B. Shaw.

"Schriften: Feldpostbriefe aus dem 1. Weltkrieg, Dienststrafverfahren im NS-Deutschland, Gedichte."Erich Pöppel, ATE, Münster: 2000  Google books.


  2005

 

Gerhard Bronner, 7. Mai 2005

 

  • "Es gibt drei Dinge, die sich nicht vereinen lassen: Intelligenz, Anständigkeit und Nationalsozialismus. Man kann intelligent und Nazi sein. Dann ist man nicht anständig. Man kann anständig und Nazi sein. Dann ist man nicht intelligent. Und man kann anständig und intelligent sein. Dann ist man kein Nazi." -

    Gerhard Bronner: Rede bei der Gedenkfeier zum 60. Jahrestag der Befreiung des KZ Gunskirchen, 7. Mai 2005 (schulen.eduhi.at)


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Artikel in Arbeit.

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Quellen:
Rede von Gerhard Bronner anlässlich der Gedenkfeier zum 60. Jahrestag der Befreiung des KZ Gunskirchen , 7. Mai 2005 (Link)
"Anständige Nazis", 1967, Panorama, panorama.de Facebook Video
B'nai B'rith -  National Jewish Monthly,  Volume 50, Nr. 6, March 1936, S. 216 [eingeschränkte Vorschau] (Link)
"Is Hitler dead? and Best Anti-Nazi Humor." Edited with an introduction by. B.D. Shaw. Alceus House, New York: 1939, S. 18 (archive.org)
"Schriften: Feldpostbriefe aus dem 1. Weltkrieg, Dienststrafverfahren im NS-Deutschland, Gedichte."Erich Pöppel, ATE, Münster: 2000 (Google books).
John Alexander Meier, Kurt Sellin: "Geflüstertes: Die Hitlerei im Volksmund." Freiheit Verlag: 1948, S. 60 (Link)
Hans-Jochen Gamm: "Der Flüsterwitz im Dritten Reich." List: 1963, S. 22 (Link)


(Bibliographische Angaben folgen.)
Wikiquote

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Dank: Ich danke Xᴏᴘʜ ᴅᴀ Pʀᴏғ für seinen Hinweis auf den Panorama-Beitrag und Ralf Bülow für seine Funde zum Urspung des Zitats als Anti-Nazi-Witz.


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Anhang



Twitter, 2020

 


Der Technikhistoriker Ralf Bülow hat herausgefunden, dass die Einschätzung, ein Deutscher könne nicht gleichzeitig anständig, Nationalsozialist und intelligent sein als anonymer Witz schon vor 1945 in Deutschland verbreitet war und nicht nur dem französischen Botschafter zugeschrieben wird.

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