Die früheste schriftliche Erwähnung dieses Sokrates-Zitats stammt aus dem 2.
Jahrhundert nach Christus von dem in Madauros (Algerien) geborenem
lateinischen Autor, Redner und Philosophen
Apuleius.
"Loquere, ut te videam /
Loquere, ut videam te" (rede, damit ich dich sehe), die später geprägte lateinischen Kurzfassung dieses Zitats, wurde seit
Erasmus von Rotterdam von
vielen Philosophen zitiert, und manchmal Platon unterschoben. Eine griechische Version dieses Zitats aus dem Athen Platons ist nicht überliefert.
- "At non itidem maior meus Socrates, qui cum decorum adulescentem et diutule tacentem conspicatus foret, 'ut te videam,' inquit, 'aliquid et loquere.' Scilicet Socrates tacentem hominem non videbat; etenim arbitrabatur homines non oculorum, sed mentis acie et animi obtutu considerandos".
latin.packhum.org
- "Doch nicht so mein Meister Sokrates; als er einen schönen Jüngling sah, der ziemlich lange schwieg, sagte er: 'Damit ich dich sehen kann, rede auch etwas!' Das heißt: Sokrates sah einen schweigenden Menschen nicht; er war der Überzeugung, man müsse die Menschen nicht mit der Schärfe der Augen, sondern mit der des Verstandes und in geistigem Anschauen betrachten."
Übersetzt von
Rudolf Helm
- "But such was not the opinion of my master Socrates. For once when he saw a youth of handsome appearance who remained for a long time without uttering a syllable, he said to him, 'Say something, that I may see what you are like.' For Socrates felt that a man who spoke not at all was in a sense invisible, since he held that it was not with the bodily vision, but with the mind's eye and the sight of the soul that men should be regarded."
Übersetzt von H.E.Butler (1909) (Link)
Diese Sokrates-Anekdote von Apuleius gilt als Anspielung auf Platons frühen Dialog
"Charmides", in dem der spätere
Oligarch Charmides noch ein außerordentlich hübscher Teenager gewesen ist, dessen Schönheit auch Sokrates ganz verlegen machte.
Man traf sich auf einem Ringsportplatz und redete über die Heilung von Kopfschmerzen und über das Wesen der Besonnenheit (
sophrosyne). Der morgens von Kopfweh geplagte Charmides galt nicht nur als besonders schön, sondern auch als ungewöhnlich besonnen
(Link).
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Quellen:
Apuleius, Verteidigungsrede. Blütenlese. Lateinisch und deutsch von
Rudolf Helm. Akademie-Verlag, Berlin: 1977 (Schriften und Quellen der
alten Welt ; Band 36), S. 167
attalus.org
latin.packhum.org
Willis Goth Regier: "Quotology" University of Nebraska Press, Lincoln and London: 2010, S. 26 (Link)
Platon, Charmides 158 e – 159 a
Platon, Sämtliche Werke. In der Übersetzung von Friedrich
Schleiermacher und Hieronymus Müller mit der Stephanus-Numerierung
herausgegegeben von Walter F. Otto, Ernesto Grassi, Gert Plamböck. Band
1: Apologie, Kriton, Protagoras, Hippias II, Charmides, Laches, Ion,
Euthyphron, Gorgias, Briefe. Reinbek bei Hamburg : Rowohlt, 1988
(Rowohlts Klassiker der Literatur und der Wissenschaft : Band 1), S. 133
– 134 (vorerst zitiert nach (
gutefrage.net) )
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Dank:
Ich danke
Norbert Sterk für die Frage, Ralf Bülow für seinen Hinweis auf Lichtenberg sowie
Albrecht für die übersichtliche Aufbereitung seiner Recherchen.
Artikel in Arbeit.
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Erasmus
(Link)
Quotology
(Link)
Nietzsche
(Link) Bibliographische Angaben!
Petrarca
(Link) (Link)
Hamann
(Link)
Lichtenberg
(Link)
Kierkegaard /
Link)
Kant
(Link)
(
gutefrage.net)
Schopenhauer
(Link)
(Link)
books.google
gutenberg.spiegel.de