Pseudo-Friedrich-Nietzsche-Zitat; (Wandspruch). |
Das in Amerika im 19. Jahrhundert entstandene optimistische Sprichwort "Shoot at the moon ..." wird im 21. Jahrhundert auf Deutsch fälschlich dem Philosophen Friedrich Nietzsche zugeschrieben.
Wie der amerikanische Zitateforscher Garson O'Toole in seinem vergnüglichen Artikel zum Sprichwort "If I Shoot at the Sun, I May Hit a Star" dargelegt hat, kann man nicht eine einzelne Person nennen, die es geprägt hat, da es so viele Varianten und Parodien davon gibt.
Der Tennisspieler John Mc Enroe oder die Sängerin Britney Spears erklärten so wie einige andere 'Stars' mit diesem Sprichwort ihre Einstellung zu ihren hochgesetzten Zielen, wobei der Wortlaut des Sprichworts jeweils etwas differierte (quoteinvestigator).
Am beliebtesten scheint dieser Motivations-Spruch bei Autoren von Positives-Denken-Ratgeberbüchern zu sein.
Den Bestsellerautoren und Motivationstrainern Norman Vincent Peale, Les Brown und W. Clement Stone wird das Zitat im Internet oft zugeschrieben und alle drei haben das Sprichwort leicht variiert wirklich verwendet, aber keiner von ihnen hat es geprägt, wie Garson O' Toole dokumentiert hat. (quoteinvestigator.com).
Im 19. Jahrhundert waren in Amerika folgende Varianten verbreitet:
- wir sollten lieber nach dem Mond schießen, wenn wir einen hohen Punkt treffen wollen / Schieße nach dem Mond und du wirst den Wipfel des höchsten Baumes treffen / Ziele hoch, dann wirst Du wenigstens einen Baum trefffen. / Ziele nach der Sonne, dann wirst Du einen Baum treffen. / Wenn ich auf die Sonne schieße, könnte ich einen Stern treffen.
1847
- "…still George Herbert’s advice on a higher matter is applicable to this, that we had better shoot at the moon if we want to hit a high mark."
- "Shoot at the moon and you will hit the top of the highest tree.” (Link)
Kuckuckszitat:
Erstmals fälschlich Friedrich Nietzsche zugeschrieben wurde das Zitat möglicher Weise von dem damaligen österreichischen Bundeskanzler Wolfgang Schüssel zu Silvester 2005, wie in einem Artikel von Daniela Kittner im Wiener Kurier zu lesen war.
Vor diesem Datum habe ich keine falsche Zuschreibung an Friedrich Nietzsche in Zeitungen, Büchern und auf Webseiten gefunden.
Auf Twitter taucht das falsche Friedrich-Nietzsche-Zitat 5 Jahre später auf und ist inzwischen auch in einem Dutzend Büchern nachzuweisen.
Beispiele für die falsche Zuschreibung an Friedrich Nietzsche:
- "seinem Wahlkampfleiter, schickte er zu Neujahr per SMS eine Weisheit, die der Kanzler [Wolfgang Schüssel] bei Friedrich Nietzsche las: "Ziele nach dem Mond. Selbst wenn du ihn verfehlst, wirst du zwischen den Sternen landen."
Daniela Kittner: "Der unbekannte Kanzler", Kurier, 30. Januar 2005 (genios.de; kostenpflichtig)
- "Das heißt
wir wissen, dass selbst die Ziele, die wir
uns setzen, dass wir daran scheitern werden - “Wir” als Individuen, aber sozusagen
die Menschheit nicht. Wie Nietzsche sagte: 'Ziele nach dem Mond und wenn du ihn
verfehlst, wirst du immer noch unter den
Sternen landen.' Das heißt, alles was wir
uns erträumen und das sind die alten
Träume wie die Freiheit, der Frieden, der
Wohlstand, das Glück, die Harmonie, die
Befruchtung, die Schönheit, das ist ja gleich
und ändert sich nicht."
Wollfgang Schüssel, Interview, "Treffpunkt: Zukunft", 16.11.2017 (Link)
- "Der gottlose Nietzsche sagt: "Ziele nach dem Mond. Selbst wenn du ihn verfehlst, wirst du zwischen den Sternen landen."Gerhard Matzig, Süddeutsche Zeitung, Album, 8. Oktober 2019 (Link)
In Arbeit.
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Quellen:
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Dank:
Ich danke Michael Wollmann für den Hinweis auf dieses Kuckuckszitat sowie Ralf Bülow und Moritz Jacob für ihre Recherchen. Dank auch an Garson O'Toole für seine gründliche Dokumentation.