Entstelltes Karl-Kraus-Zitat. |
Es stimmt nicht, dass in der 'Fackel' jemals ein Inserat mit den Worten "Größere Gegner gesucht" erschienen ist, wie man in der sorgfältig produzierten digitalen 'Fackel' der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (Link) nachprüfen kann.
Vielleicht geht der verbreitete Irrtum auf eine Stelle in einem Essay des Journalisten Joachim Riedl zurück, der missverständlich schrieb, Kraus habe eine Glosse mit diesem Titel "inseriert":
- "In eigener Sache hat Karl Kraus einmal in der Fackel in einem Glossen-Titel inseriert: »Größere Gegner gesucht.« Wissend, daß ihm auf Erden keiner erwachsen konnte, es sei denn der, dessen Name ihm die Sprache verschlug."
Joachim Riedl, "Das Geniale, das Gemeine: Versuch über Wien", 1992, S. 121 (Link)
Zuschrift an Karl Kraus, Berlin, 15. September 1929:
- "Man wünscht Ihrer wahrhaft kritischen Kraft u. Fähigkeit einen größeren Gegner; einen, der eine anständigere Art des Kampfes verbürgt. Sie kommen bei der Kleinheit u. Unfähigkeit Kerr’s, ein ethisches Niveau zu halten, selber in Gefahr, Ihre Stimme u. stahlharten Blick an ein Figürchen zu verlieren, das all dessen nicht würdig ist, nicht lohnt, u. — last not least — es nicht erträgt. — —"
Karl Kraus: "Die Fackel" Nr. 806-809, 1929, S. 5 |
Karl Kraus, 1928:
- "Ich habe einen dieser Ratgeber, die mir einen »größeren Gegner« wünschen, um die umgehende Angabe der Adresse eines solchen gebeten, nicht ohne der Befürchtung Ausdruck zu leihen, daß im Falle der Vorrätigkeit vor der Größe die Gegnerschaft aufhören möchte."
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Quellen:
Joachim Riedl: "Das Geniale, das Gemeine. Versuch über Wien." Piper Verlag, München / Zürich: 1992, S. 121 (Link)
Österreichische Akademie der Wissenschaften, AAC, DIE FACKEL
Karl Kraus: "Die Fackel" Nr. 806-809, 1929, S. 5
Karl Kraus: "Die Fackel" Nr. 795-799, 1928, S. 68