Mittwoch, 8. April 2020

"Der denkende Mensch ändert seine Meinung." Friedrich Nietzsche (angeblich)

Pseudo-Friedrich-Nietzsche-Zitat.

Dieser  fast schon sprichwörtliche Satz wird seit kaum 20 Jahren im Internet dem Philosophen Friedrich Nietzsche unterschoben.

In seinen Schriften ist dieser schlichte Satz nicht enthalten, wie jedermann leicht überprüfen kann, da Friedrich Nietzsches Werke mehrfach digitalisiert sind.

Die erste Zuschreibung dieses Zitats an Friedrich Nietzsche steht in dem 1998 erschienenen Jugend-Roman "Die Mitte der Welt" von Andreas Steinhöfel.


Andread Steinhöfel: Die Mitte der Welt, 1998,  S. 85 (Link)
Die  schlagfertige Schülerin Kat rechtfertigt in dem Roman "Die Mitte der Welt"  mit diesem Nietzsche-Zitat, das sie anscheinend gerade erfunden hat, eine Meinungsänderung gegenüber ihrem 17jährigen Freund Phil.

Ein paar Jahre später taucht dieses Zitat der Schülerin Kat als Nietzsche-Zitat in der Signatur von Forenbeiträgen auf, und inzwischen wird es vor allem durch Memes im Internet verbreitet.

Aber das Kuckuckszitat steht auch schon in Zeitungen, besonders amüsant in der 'Neuen Westfälischen' vom 17. März 2018, weil hier das Zitat sowohl Konrad Adenauer  als auch Friedrich Nietzsche fälschlich zugeschrieben wird:

  • "Volker Neuhöfer (SPD) konterte: 'Ich freue mich, mit einem Zitat von Konrad Adenauer antworten zu können: ,Der denkende Mensch ändert seine Meinung’, und es hat sich etwas geändert, deshalb stimmen wir zu.'

    Nichts anderes war erwartet worden, denn die SPD unterstützt das Projekt seit Beginn an. Allerdings hat Neuhöfer nicht Adenauer zitiert, sondern den Philosophen Friedrich Nietzsche (1844-1900)."

    'Neue Westfälische', 17. März 2018 (Link)
 Fortsetzung folgt.

Artikel in Arbeit.



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ZITATFORSCHUNG unterstützen.

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Quellen:
Google
Friedrich Nietzsche: Digitale Kritische Gesamtausgabe der Werke und Briefe, basierend auf der Ausgabe von G. Colli und M. Montinari, Berlin/New York, de Gruyter: 1967ff., hrsg. von Paolo D’Iorio (Link)

Beispiele für falsche Zuschreibungen an Friedrich Nietzsche:

1998 Andread Steinhöfel: Die Mitte der Welt, Carsen Verlag,Hamgurg: (Erstausgabe: 1998) 2018, S.85 (Link)
2002 beautyboard.de/showthread, Sonnenblume, 26. Juni 2002, 10:12:45; 16. April 2002
2004 schatzsucher.de/Foren
2007 ergotherapie.de/foren
S. 91 (Link) 
Neue Westfälische, 17. März 2018 (Link)

spruchwelt.com

Falsche Zuschreibung an Johann Wolfgang Goethe:
books.google 1993?, 2002

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Dank:
Ich danke Ralf Bülow für die Aufdeckung dieses Kuckuckzitats und seinen Hinweis auf dessen Ursprung  (Link).

Dienstag, 7. April 2020

"Es gibt eine extrem starke Kraft, für die die Wissenschaft bisher noch keine Formel gefunden hat. ... Diese universelle Kraft ist Liebe." Albert Einstein (angeblich)

Dieses Pseudo-Albert-Einstein-Zitat stammt aus einem im Jahr 2009 erschienenen Roman und wird heute oft dem im Jahr 1955 in Princeton verstorbenen Physiker Albert Einstein irrtümlich zugeschrieben.

Das in religiösen Kreisen beliebte Zitat wurde für den Einstein-Roman "La última respuesta" von Álex Rovira und Francesc Miralles auf Spanisch erfunden; die deutsche Ausgabe erschien 2 Jahre nach der Erstausgabe mit dem Titel:  "Einsteins Versprechen" (Link).
Álex Rovira, Francesc Miralles: "Einsteins Versprechen", 2011 (Link).

In dem Roman schreibt die Romanfigur Albert Einstein kurz vor seinem Tod einen langen Brief an seine Tochter Lieserl, die in der Realität wahrscheinlich als kleines Kind gestorben ist, im Roman aber 50 Jahre lang irgendwo versteckt gelebt hat.

Álex Rovira y Francesc Miralles: "La última respuesta", Kapitel 71, (Link)


Dieser Brief wird später im Internet zuerst auf Englisch, später auf Deutsch ohne Hinweis auf seinen Ursprung in einem Roman mit der unwahren Behauptung verbreitet, das Original des Briefes sei zusammen mit 1400 anderen Briefen dem Einstein-Archiv der Hebrew University in Jerusalem übergeben worden.

Dass diese Behauptung falsch ist und der Brief Albert Einstein nur unterschoben wurde, hat schon vor 5 Jahren ein Rechercheur der Facktenchecker-Webseite Snope aufgedeckt  (Link). Zum gleichen Schluss kam im Jahr 2018 die Rechercheurin der deutschsprachigen Faktenchecker-Webseite Mimikama.at (Link).

Manche, die den Brief verbreiten, sagen inzwischen, es sei egal, ob wirklich Albert Einstein den Brief geschrieben habe. Der Brief sei so schön, dass der wirkliche Urheber nicht wichtig wäre. Andere halten diesen Brief für religiösen Kitsch.

Einzelne Sätze aus diesem inzwischen in unterschiedlichen Versionen verbreiteten angeblichen Brief Albert Einsteins, den man zum Beispiel hier auf Deutsch nachlesen kann, werden durch Memes verbreitet:
Pseudo-Albert-Einstein-Zitat. (Link)



Pseudo-Albert-Einstein-Zitat.

 Der angebliche Brief Albert Einsteins wird auch Kindern vorgelesen:

Pseudo-Albert-Einstein-Zitat. (Link)

Sogar von Wissenschaftler*innen werden diese Kuckuckszitate irrtümlich als Aussagen Albert Einsteins ernst genommen und interpretiert:

Twitter, 2020:


Zitate aus einer Version des angeblichen Einstein-Briefs:

 

  • Liebe ist fast wie die Schwerkraft, denn sie bringt die Menschen dazu, sich voneinander angezogen zu fühlen, wie zwei Magnete.
  • Für die Liebe leben und sterben wir.
  • Liebe ist Gott und Gott ist die Liebe.
  • Als die Wissenschaftler nach einer einheitlichen Theorie des Universums suchten, vergaßen sie die unsichtbare und mächtigste aller Kräfte.
  • Um Liebe sichtbar zu machen, habe ich einen einfachen Austausch in meiner berühmtesten Gleichung vorgenommen. Wenn wir anstelle von E=mc2 zu akzeptieren, die Energie akzeptieren, um die Welt durch Liebe zu heilen ... (Link)

    [Und so weiter; der Agnostiker Albert Einstein hat schon zu Lebzeiten darunter gelitten, dass man ihm religiöse Bekenntnisse unterschiebt.]

 

Albert Einstein an einen Verehrer, 22. März 1954:


  •  "Es war natürlich eine Lüge, was Sie über meine religiösen Überzeugungen gelesen haben, eine Lüge, die systematisch wiederholt wird. Ich glaube nicht an einen persönlichen Gott und ich habe dies niemals geleugnet, sondern habe es deutlich ausgesprochen. Falls es in mir etwas gibt, das man religiös nennen könnte, so ist es eine unbegrenzte Bewunderung der Struktur der Welt, so weit sie unsere Wissenschaft enthüllen kann."

    "Albert Einstein, the Human Side: New Glimpses from His Archives", 1979 (Link)

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Quelle:
Google
Àlex Rovira, Francesc Miralles: Einsteins Versprechen. (Spanische Erstausgabe: 2009) Ullstein Verlag, Berlin: 2011, S. 71 (Link)
Alice Calaprice: "The Ultimate Quotable Einstein", Foreword: Freeman Dyson, Princeton University Press, Princeton and Oxford: 2011
Einstein Archives Online  alberteinstein.info 
Einstein Archives Online Database (Link)
leselupe.de
David Mikkelson: "Universal Force. Albert  Einstein did not describe love as a "universal force" in a letter to his daughter Lieserl -- or to anyone at all." 28. April 2015, Snope (Link)
Kathrin Helmreich: "Ist dies tatsächlich der Brief Albert Einsteins an seine Tochter 'Lieserl'?" 10. April 2018, Mimikama.at  (Link)
"Albert Einstein, the Human Side: New Glimpses from His Archives." Herausgegeben von Helen Dukas und Banesh Hoffmann. Princeton University Press, Princeton: (1979) 1989 ebook
 (Link)



Beispiele für falsche Zuschreibungen an Albert Einstein:

"A letter from Albert Einstein to his daughter: on The Universal Force of Love" (Link)
"Albert Einsteins Brief an seine Tochter: Die universelle Kraft ist Liebe" (Link)
https://www.deutscheakademiederwissenschaftenundkuenste.de/acad/27_Integration/2709_Background/Integration-der-Wissenschaften-und-Kuenste-der-geistige-Hintergrund.php  


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Dank:
Ich danke Tobias Blanken für seinen Hinweis auf dieses Kuckuckszitat und den Autorinnen von Snope und Mimikama.at für ihre Analysen.


Artikel in Arbeit.

Montag, 6. April 2020

"Die wichtigste Erkenntnis meines Lebens ist die, dass wir in einem liebenden Universum leben." Albert Einstein (angeblich)


Pseudo-Albert-Einstein-Zitat.
Diese angeblich "wichtigste Erkenntnis" seines Lebens wurde dem Physiker Albert Einstein mehr als 50 Jahre nach seinem Tod erstmals unterschoben und ist weder in seriösen Nachschlagwerken noch in seinen digitalisierten Schriften zu finden.

Die Einstein-Expertin Alice Calaprice hätte diese "wichtigste Erkenntnis" Albert Einsteins in ihr Standardwerk  "The Ultimate Quotable Einstein" aufgenommen und aufnehmen müssen, wenn dieses Zitat Albert Einstein wirklich irgendwann einmal gesagt hätte.

Wer nicht glaubt, dass Albert Einstein nie von einem "liebenden Universum" gesprochen hat, sollte versuchen, den Satz in Einsteins Texten, Briefen oder Interviews nachzuweisen. 

In den digitalisierten Texten taucht das  Kuckuckszitat das erste Mal im Jahr 2008 in zwei Büchern auf.   

Das eine ist ein Ratgeberbuch für Religionslehrer, das andere wendet sich an esoterisch interessierte Leserinnnen (Link). Beide Bücher können als wissenschaftliche Quelle für ein neu entdecktes Albert-Einstein-Zitat philologisch nicht ernstgenommen werden.

Ob Sirtaro Bruno Hahn, der Autor des Buchs "Das Imagami-Prinzip. Seelenbilder der Natur", das Falschzitat selbst geprägt oder von einer unbekannten Person übernommen hat, kann ich noch nicht sagen (Link)

Manche Kuckuckszitate enstehen irrtümlich, manche werden absichtlich erlogen. Dieses Zitat hier gehört mit ziemlicher Sicherheit zur zweiten Gruppe.

Twitter, 2020:





[Ist Ihnen ZITATFORSCHUNG zur Eindämmung falscher Zitate etwas wert? (Link)]


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Quellen: 
Alice Calaprice: "The Ultimate Quotable Einstein", Foreword: Freeman Dyson, Princeton University Press, Princeton and Oxford: 2011

Früheste Zuschreibungen des Kuckuckzitats:

2008:
 Sirtaro Bruno Hahn: "Das Imagami-Prinzip. Seelenbilder der Natur", Neue Welt Verlag,  Langenpreising: 2008, S. 27 (Link)
Ulrike Itze, Edelgard Moers: Theologisieren in der Grundschule - Band 2: Anleitungen und Ideen zum Umgang  mit schwierigen Kinderfragen (1. bis 4. Klasse), Persen Verlag, Buxtehude: 2008, S. 121 (Link)

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Dank:
Ich danke Ralf Bülow für seinen Recherchen zum Ursprung der Metapher vom "liebenden Universum".


Artikel in Arbeit.

"Es gibt nur einen Weg, um Kritik zu vermeiden: nichts tun, nichts sagen und nichts sein." Aristoteles (angeblich)

Pseudo-Aristoteles-Zitat.
Dieser Aphorismus des amerikanischen Schriftstellers und Philosophen Elbert Hubbard wird im 21. Jahrhundert oft dem griechischen Philosophen Aristoteles unterschoben.

Das Zitat wurde von Elbert Hubbard, der nichts mit Ron Hubbard, dem Gründer von Scientology, zu tun hat, vor 100 Jahren in mehreren Varianten geprägt und ist in den Schriften von Aristoteles weder so noch so ähnlich zu finden.

Ich folge mit dieser Einschätzung dem amerikanischen Zitatforscher Garson O'Toole, der die Geschichte dieses Zitats im Jahr 2015 auf seiner Webseite  quoteinvestigator.com beschrieben hat.

Beispiele für falsche Zuschreibungen an Aristoteles:


  •  "'Um Kritik zu vermeiden, sage nichts, tu nichts, sei nichts.' - Aristoteles", 2013 (Link)
  • "Wenn du Kritik vermeiden willst, sage nichts, tue nichts, sei nichts. Aristoteles", 2013 (Link)
  • "Der griechische Philosoph Aristoteles sagte einst: 'Man kann Kritik nur auf eine Weise vermeiden: Nichts tun, nichts sagen, nichts sein.' ", 2016 (Link)
  • "Es gibt nur eine Art, Kritik zu vermeiden: nichts zu tun, nichts zu sagen und nichts zu sein. (Aristoteles)", 2019 (Link)
  • "If you want to avoid criticism, say nothing, do nothing and be nothing - Aristotle", 2020 (Link)
     
  • "'There is only one way to avoid criticism: do nothing, say nothing, and be nothing.' – Aristotle", 2020 (Link)

     
Pseudo-Aristoteles-Zitat.


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Quellen:
Twitter
Twitter
Google
Garson O'Toole: "To Avoid Criticism, Say Nothing, Do Nothing, Be Nothing: Aristotle? Elbert Hubbard? William Pitt? Fred Shero? Anonymous?" 2015 quoteinvestigator.com
(Link)
(Link)
Madonna (Link) 
 

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Dank:
Ich danke Garson O'Toole für seine gründliche Arbeit.

Artikel in Arbeit.

"Sei gütig, denn alle Menschen, denen du begegnest, kämpfen einen schweren Kampf." Platon (angeblich)

Pseudo-Platon-Zitat.
Die schöne Maxime, "Be kind, for every one is fighting a hard battle", ist ungefähr 120 Jahre alt und wird auf Englisch seit kaum 30 Jahren dem Athener Philosophen Platon unterschoben.

  
Pseudo-Plato quote.
 In den Schriften Platons oder in irgendeinem anderen Werk aus dem klassischen Athen hat diesen Satz noch niemand gefunden, obwohl schon viele danach gesucht haben.

Der amerikanische Zitatforscher Garson O'Toole ist der Entwicklung des Zitats in der englischen und amerikanischen Literatur in einem lesenswerten Artikel nachgegangen (quoteinvestigator.com) und hat herausgefunden, dass die Maxime von dem 1907 verstorbenen schottischen Priester und Autor Ian Maclaren geprägt wurde.

Die Zeitschrift "Zion’s Herald" bat Autoren im Jahr 1897 um einen Beitrag für ihre Weihnachtsausgabe; Ian Maclaren hat auf die Bitte der Zeitschrift nur mit einem kurzen Satz geantwortet:


Ian Maclaren, 1897:

  • "Be pitiful, for every man is fighting a hard battle."(Sei mitfühlend, denn jeder kämpft einen harten Kampf.)

    Zion’s Herald,
    Volume 76, Issue 4, Boston: 26. Januar 1898, S. 101 (Zitiert nach Garson O'Toole, 2010 quoteinvestigator.com).
In den folgenden Jahrzehnten wird Ian Maclaren dann das Zitat in etwas veränderter Form zugeschrieben und das auch schon vor 100 Jahren veraltete englische Wort "pitiful" durch das Wort "kind" ersetzt. 


1908
  • "The result of it all may be summed up in his favourite motto, "Be kind, for every one is fighting a hard battle."

    W. Robertson Nicoll: Ian Maclaren,  1908, S. 117
    (Link)
 1947

  • "Let us be kind, one to another, for most of us are fighting a hard battle.” 
    Ian Maclaren (quoteinvestigator.com)


1957

Noch vor dem Aufkommen von Facebook, Twitter und Instagram wurde das Zitat dann dem Athener Philosophen Platon unterschoben:

1992
  • "Be kind, for everyone you meet is fighting a hard battle. Plato" books.google.


Auf Deutsch wird dieses Zitat des schottischen Autors erst im 21. Jahrhundert Platon zugeschrieben.


Varianten des Kuckuckzitats:

 

  • "Sei gütig, denn alle Menschen, denen du begegnest, kämpfen einen schweren Kampf."
  • "Sei freundlich, denn jeder, den Du triffst, führt einen harten Kampf."
  • "Sei nett, denn jeder, den du triffst, kämpft einen härteren Kampf."

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Quellen:

Garson O'Toole: "Be Kind; Everyone You Meet is Fighting a Hard Battle: Plato? Philo of Alexandria? Ian MacLaren? John Watson?", 2010  (quoteinvestigator.com)
Zion’s Herald, Volume 76, Issue 4, Boston: 26. Januar 1898, S. 101 (Zitiert nach Garson O'Toole, 2010 quoteinvestigator.com).
W. Robertson Nicoll: "Ian Maclaren. The life of the Rev. John Watson, D.D." Dodd, Mead and Company, New York: 1908, S. 117 (Link)



Beispiele für falsche Zuschreibungen: 

Dan Millman: "No Ordinary Moments: A Peaceful Warrior's Guide to Daily Life", H J Kramer and New World Library, Tiburon / Novato: 1992, S.12 books.google.
aphorismen.de - 62427 
gutezitate.com - 253726 





Artikel in Arbeit.
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Dank:
Ich bin Garson O'Toole für seine gründliche Arbeit zum Ursprung dieses Zitats zu Dank verpflichtet.


 

Sonntag, 5. April 2020

"Liebe ist das probateste Mittel, das Schamgefühl zu überwinden." Sigmund Freud (angeblich)

Pseudo-Sigmund-Freud-Zitat.
 Dieser Satz wird laut einer chronologischen Google-Books-Suche Sigmund Freud vier Jahrzehnte nach seinem Tod erstmals zugeschrieben.

In Freuds digitalisierten Werken ist weder die Wendung "das probateste Mittel" noch der ganze Satz zu finden.

Erstmals taucht das Zitat im Jahr 1980 in einer Aphorismensammlung von Lothar Schmidt auf (Link).

Da es  auch in den folgenden Jahren immer ohne Quellenangabe zitiert wird und in der digitalisierten psychoanalytischen Fachliteratur nicht vorkommt, ist es wahrscheinlich so wie viele andere angeblichen Sigmund-Freud-Zitate ein Kuckuckszitat.

Sicher kann man erst sein, wenn auch andere vergeblich nach dem Zitat gesucht haben. Ohne Quellenangabe sollte es jedenfalls nicht mehr Sigmund Freud zugeschrieben werden.


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Quellen:
Google
Sigmund Freud: Studienausgabe, Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main: 1982
Sigmund Freud: Gesammelte Werke. Hrsg. von Anna Freud,  Imago Publishing, London: 1941ff.
freud-online.de/Texte/PDF/freud_werke_alle_bd.pdf


Lothar Schmidt: Aphorismen von A-Z: das grosse Handbuch geflügelter Definitionen, Drei Lilien Verlag, Wiesbaden: 1980, S. 272 (Link)
 (Link)
aphorismen.de
Rezension spektrum.de

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Dank:
Ich danke Ralf Bülow für seine Recherchen.

"Das waren noch gute Zeiten, da ich noch alles glaubte, was ich hörte." Theodor Fontane (angeblich)

Das ist ein Theodor Fontane unterschobenes Zitat von Georg Christoph Lichtenberg.
Dieser ironisch wehmütige Satz aus Georg Christoph Lichtenbergs  Sudelbüchern wird seit etwa 10 Jahren in Online-Zitatsammlungen irrtümlich Theodor Fontane zugeschrieben, und gilt seitdem im Internet öfters fälschlich als Theodor-Fontane-Zitat.

Georg Christoph Lichtenberg:

  • "Ach! das waren noch gute Zeiten, da ich noch alles glaubte, was ich hörte."
    Georg Christoph Lichtenberg: Sudelbuch K 50, Erstdruck:  1801 (Link); (zeno.org)

Twitter, 2020:

 

 


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Quellen:
Georg Christoph Lichtenberg: Vermischte Schriften, nach dessen Tode aus dessen hinterlassenen Papieren gesammelt. Herausgegeben von Ludwig Christian Lichtenberg und Friedrich Kries. Band 2, Dietrichsche Buchhandlung, Göttingen: 1801, S. 15 (Link) ; (zeno.org)


Beispiele für falsche Zuschreibungen an Theodor Fontane:
 sahr.de/g41/zitate.pdf
aphorismen.de/zitat/7919
gutezitate.com/zitat/125810
zitate.de

Twitter

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Dank:
Ich danke Tobias Blanken für die Aufdeckung dieses Falschzitats.