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Donnerstag, 2. August 2018

"Manchmal ist eine Zigarre eben nur eine Zigarre". Sigmund Freud (angeblich)


Pseudo-Sigmund-Freud-Zitat.
Schon viele haben es versucht, aber noch niemandem ist es gelungen, diesen beliebten, psychoanalysekritischen Witz in einem Text oder in einem Interview Sigmund Freuds oder wenigstens in einem zeitgenössischen Artikel über ihn zu finden.

Eines der populärsten Sigmund-Freud-Zitate stammt nicht von ihm, sondern wurde dem Begründer der Psychoanalyse zwanzig Jahre nach seinem Tod erstmals in der Fußnote einer psychiatrischen Zeitschrift unterschoben, wie Garson O'Toole herausgefunden und lesenswert dokumentiert hat (Link).

  • "This is still an occupational hazard of psychoanalysis—thirty years after Freud’s famous remark that 'a cigar is sometimes just a cigar.'"
    Allen Wheelis: “The Place of Action in Personality Change”, "Psychiatry", 1950 (Link)
Dieser angeblich um 1950 schon berühmte Sigmund-Freud-Witz, der darauf anspielt, dass in der Psychoanalyse eine Zigarre einen Penis symbolisieren kann, wurde in späteren Jahrzehnten durch Anekdoten ausgeschmückt, die alle so wenig belegt sind wie das Zitat selbst.

Sigmund Freud habe den Satz "milde lächelnd" in einer Abendgesellschaft ausgesprochen, meinte einer, während ein ZEIT-Herausgeber in einem Artikel versicherte, Freud habe den Satz zu einer jungen Frau gesagt, die er mit "gnädiges Fräulein" angeredet hat.



 Beispiele für Sigmund-Freud-Legenden


  • "Die monotone Anwendung desselben Interpretations-Schemas erinnert mich an eine Geschichte, die mir ein Kollege von Sigmund Freud erzählte: auf einer Abendgesellschaft zündete sich Freud arglos eine Zigarre an. Alle Anwesenden starrten fasziniert auf diese nach Freuds Lehre mit einer eindeutig sexuellen Symbolik geladene Handlung. Freud bemerkte die allgemeine Aufmerksamkeit, die sein Tun erregte, und sagte milde lächelnd: 'Manchmal ist eine Zigarre nur eine Zigarre'."
    Zeitschrift für Religions- und Geistesgeschichte, Band 24, 1972, S. 80 (Link)
  • "Uns fällt dazu nur der berühmte Zigarrenraucher S. Freud ein, der von einer Zuhörerin neckisch befragt wurde, warum gerade er, der doch so viel über die Symbolik länglicher Objekte doziere, den puros so zugeneigt sei. Seine Antwort wärmt noch heute das Herz eines jeden aficionado: "Manchmal, gnädiges Fräulein, ist eine Zigarre nur eine Zigarre."
    Josef Joffe: "Konterbande", DIE ZEIT, 24/2000, 8. Juni 2000 (Link) 
  • "Manchmal, so beschied Sigmund Freund einer jungen Frau, die einen kecken psychoanalytischen Blick auf seine Rauchgewohnheiten werfen wollte, manchmal sei eine Zigarre einfach nur eine Zigarre."
    Glosse von Thomas E. Schmidt, DIE ZEIT, 25/2001, 13. Juni 2001 (Link) 
  • "Die einfache Handlung, einen Witz zu erzählen oder einem anderen beim Witzeerzählen zuzuhören, sagt viel über das Unbewusste aus; deshalb tat Freud einmal den Ausspruch 'Eine Zigarre ist manchmal nur eine Zigarre, aber ein Witz ist niemals nur ein Witz'."
    Richard Wiseman, 2015 (Link)
Es gibt, wie gesagt, keinerlei seriöse Quellen für diese Freud-Legenden.


 Varianten des Pseudo-Sigmund-Freud-Zitats:

  • "Manchmal ist eine Zigarre nur eine Zigarre."
  • "Manchmal ist eine Zigarre eben nur eine Zigarre."
  • "Eine Zigarre ist manchmal nur eine Zigarre, aber ein Witz ist niemals nur ein Witz."
  • "Manchmal ist eine Zigarre eine Zigarre".
  • "Sometimes a cigar is just a cigar."

Inzwischen kann man sogar eine Sigmund-Freud-Anthologie eines unseriösen Verlages mit dem Pseudo-Freud-Zitat als Titel kaufen:



Pseudo-Sigmund-Freud-Zitat.



    Seriöse Foscher wie Alan C. Elms (University of California), der Freud-Biograph Peter Gay, Ralph Keyes, Fred R. Shapiro,  Garson O'Toole sowie die Experten vom Londoner und Wiener Sigmund Freud Museum kamen am Ende von jahrelangen Recherchen zu dem Schluß, dass dieses Zitat Sigmund Freud fälschlich zugeschrieben wird.

    ________
    Quellen:
    J. Sadger: "Zur Rauchlust", Kleine Mitteilungen aus der psychoanalytischen Praxis, Internationale Zeitschrift für ärztliche Psychoanalyse, IV 1916, Heft 1, S. 48ff. (Link)
    Allen Wheelis: “The Place of Action in Personality Change”, "Psychiatry", 1950, S, 139 (Link) Zitiert nach Garson O' Toole,

    Alan C. Elms: "Apocryphal Freud: "Sigmund Freud's Most Famous 'Quotations' and Their Actual Sources"  Annual of Psychoanalysis, 29:83-104, 2001 (Link)
    Peter Gay: "Reading Freud: Explorations and Entertainments", Yale University Press, New Haven and London: 1990, S. 69 (Link)
    Ralph Keyes: "The Quote Verifier", St Martin’s Griffin, New York: 2006, S. 29f. (Link)
    "The Yale Book of Quotations", Edited by Fred R. Shapiro, Yale University Press, New Haven, CT: 2006, S. 292 (Link)
    Fred R. Shapiro: "The Cigar Quote Primer", cigar aficionado, 2007 (Link) 
    Garson O'Toole (Quote Investigator):  "Sometimes a Cigar Is Just a Cigar - Sigmund Freud? Apocryphal?", 2011 (Link)

    Beispiele für falsche Zuschreibungen:
    S. F.: "Manchmal ist eine Zigarre nur eine Zigarre: Eine Anthologie" (Klassiker der Weltliteratur) marix Verlag: 2016 (Link)
    Zeitschrift für Religions- und Geistesgeschichte, Band 24, 1972, S. 80 (Link)
    Glosse von Thomas E. Schmidt, DIE ZEIT, 25/2001, 13. Juni 2001 (Link)  
    Josef Joffe: "Konterbande", DIE ZEIT, 24/2000, 8. Juni 2000 (Link) 
     
    _________
    Dank:
    Ich bin allen zu Dank verpflichtet, die das Zitat vergeblich gesucht haben, besonders Alan C. Elms und Garson O'Toole.

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    Anhang

    • "Sigmund Freud wielded a mighty pen. His many books and essays transformed our ways of thinking about ourselves and others. His technical terminology has become a part of our everyday language. Yet his most often quoted sentences were not written down by Freud and may not even have come from his tongue."
      Alan C. Elms, 2001
      (Link)
    Artikel in Arbeit.

    Letzte Änderungen: 30/9 2022.

    Donnerstag, 5. Mai 2022

    "Die Zeit, die man mit Katzen verbringt, ist niemals verlorene Zeit." Sigmund Freud (angeblich)

    Pseudo-Sigmund-Freud-Zitat.
    Dieser Aphorismus wurde Sigmund Freud erst im 21. Jahrhundert untergeschoben und ist in seinen Briefen und Schriften nicht zu finden.

    Das Zitat passt auch nicht zu Sigmund Freud, der zwar Tiere, aber nicht Katzen mochte.

    Sigmund Freud, 1927:

    •  " Ich ziehe die Gesellschaft der Tiere der menschlichen Gesellschaft bei weitem vor. Gewiss, ein wildes Tier ist grausam. Aber die Gemeinheit ist das Vorrecht des zivilisierten Menschen."[1] (Link)

    Über die Ehefrau eines befreundeten Psychoanalytikers schrieb Sigmund Freud an Arnold Zweig: "Ich mag sie nicht. Sie hat die Natur einer Katze, die ich ja auch nicht mag".[2]


    Vorgeschichte des Kuckuckszitats:


    Das Zitat ist wahrscheinlich in Amerika als Abwandlung des Spruchs "Time spent with children is never wasted" entstanden.

    Seit 1995 wurde der Spruch "Time spent with cats is never wasted" der französischen Autorin Colette ungefähr 40 Jahre nach ihrem Tod erstmals zugeschrieben, aber ich habe diesen Spruch in ihren digitalisierten Schriften weder auf Französisch noch auf Englisch bislang entdecken können.[3]

    Pseudo-Colette-Zitat?

    Wer um 2007 damit begonnen hat, den Spruch Sigmund Freud zu unterschieben, ist unbekannt.

    Auch das Londoner Freud Museum hat schon darauf hingewiesen, dass dieses katzenfreundliche Zitat inzwischen zu den beliebtesten Pseudo-Sigmund-Freud-Zitaten gehört.

    Pseudo-Sigmund-Freud-Zitat.

    Varianten des Kuckuckszitats:

    • "Time spent with cats is never wasted." 
    • "Le temps passé avec un chat n'est jamais perdu."
    • "Zeit, die man mit Katzen verbringt, ist niemals verschwendet."
    • "Zeit, die man mit Katzen verbringt, ist niemals verlorene Zeit." 

    __________

    Quellen und Anmerkungen:

    Freud Museum London: "10 Quotes Wrongly Attributed to Sigmund Freud. A catalogue of quotations erroneously attributed to Freud." (freud.org.uk) 
    archive.org Freud chronologisch
    archive.org Colette chronologisch
    1989 "Time spent with children is never wasted." (archive.org)

    [1] Georg Silvester Viereck: "Professor Freud über den Wert des Lebens. Ein Gespräch mit dem großen Gelehrten." Neue Freie Presse, 28. August 1927, Morgenblatt, S. 4 (Link)

    [2] Als der Ehemann diesen unfreundlichen Brief Sigmund Freuds später von Arnold Zweig erhielt, verbrannte er ihn, hat ihn davor aber abgetippt und diese Abschrift des Briefes ist erhalten. (Link); Sigmund Freud an Arnold Zweig, 10. Februar 1937 (google) Nach: Eran Rolnik: "Freud auf Hebräisch: Geschichte der Psychoanalyse im jüdischen Palästina"  Aus dem Hebräischen von David Ajchenrand, Vandenhoeck u. Ruprecht, Göttingen: 2013, S. 163

    [3] In der 1908 erschienenen Kurzgeschichtensammlung "Les Vrille de la Vigne" von Colette ist das Zitat - anders als 1995 in einem amerikanischen Katzenbuch behauptet wurde - weder auf Französisch noch auf Englisch zu finden.


    1995 (archive.org/) 

    _________

    Dank:
    Ich danke Ben Singer für den Hinweis auf dieses angebliche Sigmund-Freud-Zitat.


    Artikel in Arbeit.


    Sonntag, 25. November 2018

    "Bevor Sie bei sich selbst eine schwere Depression oder Antriebsschwäche diagnostizieren, stellen Sie sicher, dass Sie nicht komplett von Arschlöchern umgeben sind." Sigmund Freud (angeblich)


    Pseudo-Sigmund-Freud-Zitat.

    Wie der weltweit anerkannte Zitatforscher Garson O'Toole herausgefunden hat, wurde dieses Pseudo-Sigmund-Freud-Zitat im Januar 2010 auf Twitter von einer anonymen Person mit dem Account @debihope geprägt:

    Twitter, 2010



    Schon ein Jahr später wird dieser Tweet auf Deutsch in Foren fälschlich Sigmund Freud unterschoben.

    Pseudo-Sigmund-Freud-Zitat.
    Dass dieses Zitat in den Texten Sigmund Freuds nicht zu finden ist, bestätigt auch zum Beispiel das Wiener Sigmund Freud Museum.

    Auf Englisch wird das Zitat neben Sigmund Freud dem Science-Fiction-Autor  William Gibson unterschoben, der es öfters retweetet, aber ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass er nicht der Autor dieses Zitats ist (Quote Investigator).

    Auf die Frage, woher sie das Zitat habe, antwortete @debihope im Jahr 2014 dem fragenden Garson O'Toole, der Satz sei direkt ihrem Kopf entsprungen, in Erinnerung an einen ehemaligen Freund:

    Twitter, 2014


     

    Varianten des Pseudo-Sigmund-Freud-Zitats:

    • "Bevor sie bei sich selbst eine schwere Depression oder Antriebsschwäche diagnostizieren, stellen sie sicher, dass sie nicht komplett von Arschlöchern umgeben sind."  
    • "Bevor du dir selbst Depression oder einen Minderwertigkeitskomplex diagnostizierst, stelle sicher, dass du nicht einfach nur von Arschlöchern umgeben bist."
    • "Before you diagnose yourself with depression or low self-esteem, first make sure that you are not, in fact, just surrounded by assholes."

    Pseudo-Sigmund-Freud-Zitat.

    Nachtrag Januar 2023:


    Inzwischen wird dieses Pseudo-Sigmund-Freud-Zitat manchmal auch dem Physiker Albert Einstein zugeschrieben, dem inzwischen in vielen Sprachen noch mehr Pseudo-Zitate untergeschoben werden als Buddha oder Konfuzius.

    Pseudo-Albert-Einstein-Zitat.

    Der Twitter-Account (
    @debihope) der unbekannten Person, die das Zitat geprägt hat, ist inzwischen von Twitter gesperrt worden.


     _______
    Quellen: 
    Google
    Garson O'Toole: "Before You Diagnose Yourself with Depression or Low Self-Esteem…  Sigmund Freud? William Gibson? @debihope? Anonymous?" 2014 (Quote Investigator)
    Sigmund Freud Museum, Wien: "Zitate" (Link)
    2011: William Gibson zugeschrieben: Mellissa Hill: "Wolves in Sheep Clothing: 'The Ultimate Betrayal''', Xlibris, Ebook, USA: 2011, Motto von Chapter 21 (Link)
    2011: Sigmund Freud auf Deutsch zugeschrieben:  mz-mw » 14. April 2011 16:42 mz-forum.com/viewtopic.php?f=4&t=45340
     2011: Sigmund Freud auf Deutsch zugeschrieben: Donnerstag, 15. September 2011, 12:15 insulinclub.de/index.php?page=Thread&postID=199688
    2013: Auf Facebook Sigmund Freud unterschoben (Link)



    Letzte Änderungen: 8/1 2023

    Montag, 6. Juli 2020

    "Derjenige, der zum ersten Mal an Stelle eines Speeres ein Schimpfwort benutzte, war der Begründer der Zivilisation." Sigmund Freud (angeblich)


    Pseudo-Sigmund-Freud-Zitat.
    In einem Vortrag am 11. Januar 1893 zitiert der 36jährige Sigmund Freud einen englischen Autor, der meinte, dass "derjenige, welcher dem Feinde statt des Pfeiles ein Schimpfwort entgegenschleuderte [...] der Begründer der Zivilisation" war.



    Sigmund Freud, 1893

    • "Ein Mensch erfahre eine Beleidigung, einen Schlag oder dergleichen, so ist das psychische Trauma mit einer Steigerung der Erregungssumme des Nervensystemes verbunden. Es entsteht dann instinktiv die Neigung, diese gesteigerte Erregung sofort zu vermindern, er schlägt zurück, und nun ist ihm leichter, er hat vielleicht adäquat reagiert, d. h. er hat so viel abgeführt, als ihm zugeführt wurde. "

    • "Nun gibt es verschie­dene Arten dieser Reaktion. Für ganz leichte Erregungssteigerungen genügen vielleicht Veränderungen des eigenen Körpers, Weinen, Schimpfen, Toben und dergleichen. Je intensiver das psychische Trauma, desto größer ist die adäquate Reaktion. Die adäquateste Reaktion ist aber immer die Tat."

    • "Aber, wie ein englischer Autor geistreich bemerkte, derjenige, welcher dem Feinde statt des Pfeiles ein Schimpfwort entgegenschleuderte, war der Begründer der Zivilisation (1), so ist das Wort der Ersatz für die Tat und unter Umständen der einzige Ersatz (Beichte). Es gibt also neben der adäquaten Reaktion eine minder adäquate."

      Sigmud Freud: "Über den psychischen Mechanismus hysterischer Phänomene", Vortrag, gehalten von Dr. Sigm. Freud in der Sitzung des »Wiener med. Club« am 11. Januar 1893. Vom Vortr. revidiertes Original-Stenogramm der Wiener Med. Presse.1893 (Link); (Textlog.de)

    Diese Paraphrase eines Aphorismus eines englischen Autors wurde später in verschiedenen Variationen dem Gründer der Psychoanalyse selbst zugeschrieben, obwohl Freud ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass er diesen Aphorismus nicht selbst geprägt hat.

    Die Variante mit dem "Speer" stammt offenbar aus einer Rückübersetzung aus dem Englischen.


    • "But, as an English writer has wittily remarked, the man who first flung a word of abuse at his enemy instead of a spear was the founder of civilization. Thus words are substitutes for deeds, and in some circumstances (e.g. in Confession) the only substitutes."

      Sigmund Freud, übersetzt von [...] google.books

    Der von Sigmund Freud genannte geistreiche englische Autor könnte Henry Cockton gewesen sein, dessen Bonmot, "he who was the first to abuse his fellow man, instead of knocking out his brains without a word, laid thereby the basis of civilization", später leicht verändert öfters in englischen medizinischen Zeitschriften zitiert wurde.

    Das Bonmot des englischen Autors könnte Sigmund Freud also in einer englischen medizinischen Zeitschrift gelesen haben, und die Pfeil-Metapher im Bonmot könnte in der deutschen Paraphrase des Zitats von Sigmund Freud selbst stammen.




    1840

    • "If he who was the first to abuse his fellow man, instead of knocking out his brains without a word, laid thereby the basis of civilization, it as naturally as possible follows, that the more Inighly civilised we become , the more bitterly abusive we must be ..."
      Henry Cockton: "The Life and Adventures of Valentine Vox, the Ventriloquist",  Wiloughby and Co., London: o.J. (1840), S. 299 (google.books)

    1879
    The Toledo Medical and Surgical Journal, 1879, S. 424 (google.books)


    Beispiele für das Falschzitat:


    1983
    • "Wenn man Freud zustimmen kann, daß derjenige, der als erster an Stelle eines Speeres ein Schimpfwort benutzte, der eigentliche Begründer der menschlichen Zivilisation war - ..." (Link)
     2012
    • "Derjenige, der zum erstenmal an Stelle eines Speeres ein Schimpfwort benutzte, war der Begründer der Zivilisation. - Sigmund Freud"  (google.books)

    2013
    • "Derjenige, welcher dem Feinde statt eines Pfeiles ein Schimpfwort entgegenschleuderte, war der Begründer der Zivilisation. - Sigmund Freud" (google.books)

    2013
    • "Mit Worten zu kämpfen ist eine zivilisatorische Errungenschaft, wie Sigmund Freud Anfang des 20. Jahrhunderts treffend zusammenfasste: 'Derjenige, der zum ersten Mal an Stelle eines Speeres ein Schimpfwort benutzte, war der Begründer der Zivilisation.' " (google.books)



    Artikel in Arbeit.

    ________
    Anmerkung:

    Anmerkung (1): "[Wie Andersson (1962, S, 109-10) nachgewiesen hat, ist diese eine Anspielung auf einen Satz von Hughlings Jacksons.]" Freud, Studienausgabe, S. 22

    __________
    Quellen:
    Sigmud Freud: "Über den psychischen Mechanismus hysterischer Phänomene", Erstveröffentlichung: Wiener medizinische Presse, Bd. 34 (4), 1893, S. 121-26 und (5), S. 165-67 ["Das Deutsche Original beginnt mit der Zeile: 'Von Dr.  Josef Breuer und Dr. Sigm. Freud in Wien.": Studienausgabe, Band VI, S. 11]  in:
    Sigmund Freud: Studienausgabe, Band VI, Hysterie und Angst,  Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main: 1982, S. 22 (Textlog.de)
    Henry Cockton: "The Life and Adventures of Valentine Vox, the Ventriloquist",  Wiloughby a. Co., London: o.J. (1840), S. 299 (google.books)
    Garson O'Toole: "The Man Who First Flung a Word of Abuse at His Enemy Instead of a Spear Was the Founder of Civilization - Sigmund Freud? An English Writer? Walt Menninger? Joyce Brothers? Robert Byrne? Apocryphal?", 2015 (quoteinvestigator.com)
    Garson O'Toole: (listserv.linguistlist.org)
    Joel Schwartz: "Freud and Freedom of Speech." The American Political Science Review, vol. 80, no. 4, 1986, pp. 1227–1248, S. 1238, JSTOR, www.jstor.org/stable/1960865. Accessed 6 July 2020.

    The Toledo Medical and Surgical Journal, Volume III, Medical Press Association, Toledo: 1879, S. 424 (google.books)

    Freud - Jackson (google.books)

    Insulting practices: (google.books)


    ________
    Dank:
    Dank an  aphorismen.de, Garson O'Toole und besonders an Ralf Bülow, der mich auf die Spur von Jackson und Cockton aufmerksam gemacht hat.

    Montag, 21. Januar 2019

    "Die meisten Menschen wollen die Freiheit nicht wirklich, weil Freiheit Annahme von Verantwortung bedeutet, die meisten Menschen zittern vor solcher Annahme." Sigmund Freud (angeblich)

    Pseudo-Sigmund-Freud-Zitat.
    • "Most people do not really want freedom, because freedom involves responsibility, and most people are frightened of responsibility."

     Dieses Zitat wird erst seit etwa 25 Jahren Sigmund Freud untergeschoben und ist in seinen digitalisierten Texten unauffindbar.

    Die Vermutung, Menschen fürchteten sich wegen der damit verbundenen Verantwortung vor der Freiheit, hat der irische Dramatiker George Bernard Shaw 1903 in der Komödie "Mensch und Übermensch" durch die fiktive Figur "John Tanner" in aphoristische Form gebracht:

     

    George Bernard Shaw:

    • "Freiheit bedeutet Verantwortlichkeit, das ist der Grund, weshalb die meisten Menschen sich vor ihr fürchten."

      George Bernard Shaw: Mensch und Übermensch; übersetzt von Siegfried Trebitsch, 1911 (Link)


    Wie die Rechercheure vom Shimer College herausfanden, wurde der fragliche Satz erstmals 1973 in der Karl-Popper-Studie von Bryan Magee in Zusammenhang mit Sigmund Freud gebracht:

     

    1973

    • Near the centre of Popper's explanation of the appeal of totalitarianism is a socio-psychological concept which he calls 'the strain of civilization' -- a concept related, as he acknowledges, to that formulated by Freud in Civiliation and its Discontents. We often hear it asserted that most people do not really want freedom, because freedom involves responsibility, and most people are frightened of responsibility. Whether or not this applies to 'most people' there is, I am sure, a vital element of truth in it.
      Bryan Magee: "Popper", (1973) Frank Cass, Abingdon: 1974, S. 87. (Link)

    1998 wurde dann in einer Fußnote eines Essays zu Karl Popper irrtümlich behauptet, der Satz aus Bryan Magees Popper-Studie stamme aus Sigmund Freuds Schrift "Das Unbehagen in der Kultur".

    Seit 2003 wird das Zitat als Sigmund-Freud-Zitat ohne Hinweis auf dessen Ursprung in einer Karl-Popper-Studie auf Englisch verbreitet.

    Pseudo-Sigmund-Freud-Zitat.

    Auf Deutsch wird dieses Kuckuckszitat erst seit etwa 2014 Sigmund Freud zugeschrieben.

    Pseudo-Sigmund-Freud-Zitat.


    Die Behauptung, dieses Zitat über Freiheit und Verantwortung stünde in Sigmunds Freuds 1929  erschienenem Essay "Das Unbehagen in der Kultur" stimmt nicht:

    Der Satz ist in dieser Schrift so wenig zu finden wie in irgendeinem anderen digitalisierten Text von Sigmund Freud
    (pdf ).


    ____
     Quellen:
    George Bernard Shaw: Man and superman. A comedy and a philosophy, Appendix: John Tanner: "The Revolutionist's Handbook and Pocket Companion", Maxims for Revolutionists, Abschnitt: "Liberty and Equality",  (1903) Penguin Books, Middlesex: 1946, S. 273 (Link)
    Bryan Magee: "Popper", (1973) Frank Cass, Abingdon: 1974, S. 87. (Link)
    Fake Quotes Project des Shimer College: "Freud / Most people do not really want freedom " (Link)

    Twitter  

    Sigmund Freud: Studienausgabe, 10 Bände, Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main: 1982 
    Sigmund Freud: Gesammelte Werke in siebzehn Bänden. Hrsg. von Anna Freud,  Imago Publishing, London: 1941ff., pdf: 


    _____
    Dank:
    Ich danke den Leuten vom Fake Quotes Project des Shimer College, deren Recherchen ich hier übernehmen konnte.

    In Arbeit.

     

    Letzte Änderungen: 6/5 2023