Pseudo-Kurt-Tucholsky-Zitat. |
- "Glaube denen, die die Wahrheit suchen und zweifle an denen, die sie gefunden haben."
"Croyez ceux qui cherchent la vérité, doutez de ceux qui la trouvent."
Erstausgabe: 1952. |
André Gide: " Journal 1939-1949. Souvenirs." Librairie Gallimard, Paris: 1954, S. 1233
(archive.org).
- "Ich bringe keine Lehre; ich lehne es ab, Ratschläge zu geben, und in
einer Diskussion ziehe ich mich schnell zurück. Aber ich weiß, dass
heute viele zaghaft ihren Weg suchen und nicht wissen, wem sie vertrauen
sollen. Glaube denen, die die Wahrheit suchen, und zweifle an denen, die sie gefunden haben; zweifle an allem, aber zweifle nicht an dir. In den Worten Christi ist
mehr Licht als in jedem anderen menschlichen Wort. Dies scheint nicht
genug zu sein, um ein Christ zu sein: darüber hinaus muss man glauben. Nun,
ich glaube nicht. Nachdem ich das gesagt habe, bin ich dein Bruder."
André Gide; "Ainsi soit-il ou Les jeux sont faits " (1952) "So Sei Es oder Die Würfel sind gefallen." (1953)
Varianten des André Gide-Zitats:
- "Vertrauen Sie denen, die nach der Wahrheit suchen, und misstrauen sie denen, die sie gefunden haben.
- "Glaube denen, die die Wahrheit suchen, und zweifle an denen, die sie gefunden haben."
- "vertraue (nur) denen die nach der wahrheit suchen"
- "Man soll denen vertrauen, die Wahrheit suchen, aber denen misstrauen, die sie gefunden
haben." - "Traue jedem, der die Wahrheit sucht. Mißtraue jedem, der die Wahrheit gefunden hat!"
- "Believe those who are seeking the truth; doubt those who find it."
Kurt Tucholsky wurde der Satz etwas verändert erst im 21. Jahrhundert untergeschoben und ist in seinen Werken nicht zu finden, worauf Friedhelm Greis, ein anerkannter Kenner von Tucholskys Werken, in seinem Sudelblog aufmerksam gemacht hat.
Das Kuckuckszitat taucht in diesem Wortlaut erstmals 2006 als Motto in einem Buch über die "Optimale Besteuerung riskanter Einkünfte" (Link) auf und wird seit 2009 in den sozialen Medien und seit 2010 in Zeitungen verbreitet.
Inzwischen gilt der Satz in einigen Online-Zitate-Sammlungen als Kurt-Tucholsky-Zitat und wird auch in Texten gegen Fake-News, also in Texten, die wissenschaftliche Redlichkeit verteidigen wollen, Kurt Tucholsky unterschoben (Link).
Gotthold Ephraim Lessing: "Eine Duplik", 1778
- "Nicht die Wahrheit, in deren Besitz irgendein Mensch ist oder zu sein vermeinet, sondern die aufrichtige Mühe, die er angewandt hat, hinter die Wahrheit zu kommen, macht den Werth des Menschen. Denn nicht durch den Besitz, sondern durch die Nachforschung der Wahrheit
erweitern sich seine Kräfte, worin allein seine immer wachsende
Vollkommenheit bestehet. Der Besitz macht ruhig, träge, stolz –.
Wenn Gott in seiner Rechten alle Wahrheit und in seiner Linken den einzigen immer regen Trieb nach Wahrheit, obschon mit dem Zusatze, mich immer und ewig zu irren, verschlossen hielte und spräche zu mir: 'Wähle!' ich fiele ihm mit Demuth in seine Linke und sagte: 'Vater gieb! die reine Wahrheit ist ja doch nur für dich allein!'"
G. E. Lessing: "Über die Wahrheit" (Gutenberg)
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Quellen:
G. E. Lessing: "Über die Wahrheit"(Gutenberg)
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Anhang
- "Der Umgang mit Wahrheit und Verschwörung reisst offenbar Gräben durch
die Gesellschaft. Dagegen hilft vielleicht der Rat des Schriftstellers
Kurt Tucholsky (1890–1935): «Ich glaube jedem, der die Wahrheit sucht.
Ich glaube keinem, der sie gefunden hat.»"
Peter Johannes Meier: "Verschwörungsmythen: Das Denken der Anderen" (beobachter.ch)