Sonntag, 24. Mai 2020

"Die Erde hat Musik für diejenigen, die zuhören." William Shakespeare (angeblich)

Pseudo-William-Shakespeare-Zitat.
Der Satz "The earth has music for those who listen" wird im 21. Jahrhundert in der Meme-Welt sehr  oft fälschlich William Shakespeare zugeschrieben.
Pseudo-Shakespeare-Zitat.
 Da Shakespeares Werke mehrfach digitalisiert sind und schon mehrere Interessierte vergeblich nach diesem Zitat in seinen Texten gesucht haben, kann man sich sicher sein, dass es nicht von Shakespeare stammt.



Pseudo-George-Santayana-Zitat.
Manchmal wird das Bonmot auch dem amerikanischen Philosophen George Santayana zugeschrieben. Aber auch in seinen Texten hat es noch niemand gefunden.

 Bei einer chronologischen Google-Books-Suche taucht das Zitat im Jahr 1974 erstmals auf und wurde damals keinem Autor zugeschrieben, ein Jahrzehnt später einem unbekannten Autor und ab dem Jahr 1990 William Shakespeare.

Inzwischen hat man herausgefunden, dass das Zitat mit kleinen Veränderungen wahrscheinlich aus der letzten Strophe eines Gedichts des sonst kaum zitierten amerikanischen Dichters Reginald Vincent Holmes entstanden ist:


Reginald Holmes: "The Magic of Sound", 1955, letzte Strophe:


  • "The earth has its music for those who will listen;
    Its bright variations forever abound.

    With all of the wonders that God has bequeathed us,

    There’s nothing that thrills like the magic of sound."

    stephanebarthelemy.com


Artikel in Arbeit.
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Quellen:
Google - English
Google - Deutsch
archive.org 
wikipedia
1974: books.google (Früheste Erwähnung des Zitats. Keine Zuschreibung) 
1988: books.google (Unknown author)
1990: Music Clubs Magazine, National Federation of Music Clubs, Bände 70-71, 1990, S. 2 books.google (Früheste Zuschreibung an Shakespeare.)
Reginald Holmes: "The Magic of Sound", in: Reginald Vincent Holmes: "Fireside Fancies." Edwards Brothers: 1955,  S. 27 (vorerst zitiert nach  Wikipedia; die Holmes-Verse sind noch nicht mit dem Erstdruck überprüft. )

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Dank:
Ich danke Eduard Habsburg für den Hinweis auf dieses Kuckuckszitat und den Autor*innen von Wikipedia für ihre Recherchen dazu.





Freitag, 15. Mai 2020

"Das Gegenmittel für fünfzig Feinde ist ein Freund." Aristoteles (angeblich)


Pseudo-Aristoteles-Zitat.
Dieses Pseudo-Aristoteles-Zitat ist auf Englisch ("The antidote for fifty enemies is one friend") seit Jahrzehnten weit verbreitet; auf Deutsch erst seit ein paar Jahren im Internet.

Dass dieses Zitat in den Schriften von Aristoteles weder so noch so ähnlich zu finden ist, sagen auch die Altphilologen der unterhaltsamen Webseite "SENTENTIAE ANTIQUAE - ΕΥΔΟΞΑ ΑΓΝΩΣΤΑ ΚΑΤΑΓΕΛΑΣΤΑ" (Link).


Das erste Mal Aristoteles unterschoben wurde das Kuckuckszitat anscheind in einem amerikanischen Ratgeberbuch für Lehrerinnen und Lehrer im Jahr 1989 (books.google).


Pseudo-Aristotle quote.
Aristoteles' immer noch lesenswerten Analysen der verschiedenen Arten der Freundschaft sowie sein Lob der sehr seltenen, vollkommenen Freundschaft stehen in den Büchern VIII und IX seiner Nikomachischen Ethik (Link).
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Quellen:
Google Deutsch
Google English
Aristoteles: Werke Online de.wikisource  
Aristoteles: Nikomachische Ethik. Übersetzt von Eugen Rolfes, Verlag Felix Meiner, Leipzig: 1911 (Link) 
"Meme Police: A Collection of things Aristotle Did Not Say", 23. September 2018, sententiaeantiquae

Erste Erwähnung des Falschzitats:
1989: "Esteem builders: a K-8 self-esteem curriculum for improving student achievement, behavior, and school climate" Herausgeber: Michele Borba und Binah Taylor-McMillan, Jalmar Press, Rolling Hills Estates: 1989,  S. 31 (Link); archive.org

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Dank:
Ich danke den Altphilologen der Webseite sententiaeantiquae für ihre Sammlung von falschen Aristoteles-Zitaten.


"Freundschaft ist eine Seele in zwei Körpern." Aristoteles

Diese Metapher wurde so nicht in einem Text von Aristoteles überliefert, sondern durch den antiken Philosophiehistoriker Diogenes Laertios, der sechs Jahrhunderte nach Aristoteles an einem unbekannten Ort gelebt hat.


Aristoteles, nach Diogenes Laertius:

 

  •  " Ἐρωτηθεὶς τί ἐστι φίλος, ἔφη, 'Μία ψυχὴ δύο σώμασιν ἐνοικοῦσα.' " 

    V/ 20 (wikisource)

  • "Die Frage: Was ist ein Freund? beantwortete er mit der Erklärung: 'Eine Seele, die in zwei Leibern wohnt.' "

    Diogenes Laertius: "Leben und Meinungen berühmter Philosophen." Übersetzt von Otto Apelt, Band 1, Verlag von Felix Meiner, Leipzig: 1921 V, Aristoteles, 20, S. 215 (Link)

  • 20. To the query, "What is a friend?" his reply was, "A single soul dwelling in two bodies." Mankind, he used to say, were divided into those who were as thrifty as if they would live for ever, and those who were as extravagant as if they were going to die the next day. When some one inquired why we spend much time with the beautiful, "That," he said, "is a blind man's question." When asked what advantage he had ever gained from philosophy, he replied, "This, that I do without being ordered what some are constrained to do by their fear of the law.

    Diogenes Laërtius: "Lives of the Eminent Philosophers", translated by Robert Drew Hicks, Book V, Aristotle 20  (Link)