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Dienstag, 20. Oktober 2020

"Es ist idiotisch, sieben oder acht Monate an einem Roman zu schreiben, wenn man in jedem Buchladen für zwei Dollar einen kaufen kann." Mark Twain (angeblich)


Pseudo-Mark-Twain-Zitat.

Dieses wahrscheinlich von der amerikanischen Schauspielerin und Entertainerin  Gracie Allen geprägte Bonmot wird auf Deutsch irrtümlich Mark Twain zugeschrieben.

 

  • "S.S. Van Dine is silly to spend six or seven months writing a novel when you can buy one for two dollars ..."  Gracie Allen  (books.google)  

 

Bei einer chronologischen Durchsuchung der digitalisierten Texte taucht die Zuschreibung an Mark Twain das erste Mal im Jahr 1974 in Markus M. Ronners Zitate-Sammlung "Die Treffende Pointe: humoristisch-satirische Geistesblitze des 20. Jahrhunderts" auf.
 

Markus M. Ronners Zitate-Sammlung ist keine verlässliche Quelle für Zitate, da die Zitate erstens ohne Quellennachweis präsentiert werden, und ich zweitens in diesem Buch schon mehrere  falsche Zuschreibungen entdeckt und dokumentiert habe (Link).


1974
  • "Es ist idiotisch, sieben oder acht Monate an einem Roman zu schreiben, wenn man in jedem Buchladen für zwei Dollar einen kaufen kann.  Mark Twain"

    Markus M. Ronner: "Die Treffende Pointe: humoristisch-satirische Geistesblitze des 20. Jahrhunderts nach Stichwörtern alphabetisch geordnet." Ott Verlag, Thun: 1974,  S. 38 ; 247; 257 (books.google)

Sogar in einer Mark-Twain-Anthologie des Insel Verlags wurde das Zitat aufgenommen, allerdings mit dem Zusatz, diese Gruppe von Zitaten seien nicht literarisch belegt, aber allgemein als Mark-Twain-Zitate bekannt und "vorwiegend mündlich überliefert."

Ein Kuckuckszitat, das einem Autor aus unbekannten Gründen Jahrzehnte nach seinem Tod erstmals untergeschoben wurde, sollte nicht als "mündlich überliefert" bezeichnet werden.

2012

  • "Es ist idiotisch, sieben oder acht Monate an einem Roman zu schreiben, wenn man in jedem Buchladen für zwei Dollar einen kaufen kann."
    Mark Twain für Boshafte. Ausgewählt von Günter Stolzenberger. (2010) insel taschenbuch, Berlin: 2012 ebook [Zusatz: nicht belegt; mündlich überliefert] (books.google)


Artikel in Arbeit.

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Quellen:
"The Quotable Mark Twain: His Essential Aphorisms, Witticisms and Concise Opinions" R. Kent Rasmussen, McGraw-Hill Education: New York 1998 (Link)

Beispiele für falsche Zuschreibungen:
Markus M. Ronner: "Die Treffende Pointe: humoristisch-satirische Geistesblitze des 20. Jahrhunderts nach Stichwörtern alphabetisch geordnet." Ott Verlag, Thun: 1974, S. 38 ; 247; 257 (books.google)
"Mark Twain für Boshafte." Ausgewählt von Günter Stolzenberger. (2010) insel taschenbuch, Berlin: 2012 ebook
 
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Dank:
Ich danke Zitante Christa für den Hinweis auf dieses Kuckuckszitat und Ralf Bülow und Moritz Jacob für ihre Recherchen zum Ursprung des Zitats.

Sonntag, 5. Juli 2020

"Das Recht auf Dummheit wird von der Verfassung geschützt. Es gehört zur Garantie der freien Entfaltung der Persönlichkeit." Mark Twain (angeblich)


Pseudo-Mark-Twain-Zitat.
Dieses angebliche Zitat des amerikanischen Autors Mark Twain existiert anscheinend nur auf Deutsch und ist deswegen höchstwahrscheinlich ein Kuckuckszitat.

Bei einer chronologischen Durchsuchung der digitalisierten Texte taucht dieses Zitat das erste Mal im Jahr 1974 in Markus M. Ronners Zitate-Sammlung "Die Treffende Pointe: humoristisch-satirische Geistesblitze des 20. Jahrhunderts" auf.

Markus M. Ronners Zitate-Sammlung ist keine verlässliche Quelle für Zitate, da die Zitate erstens ohne Quellennachweis präsentiert werden, und ich zweitens in diesem Buch schon mehrere  falsche Zuschreibungen entdeckt und dokumentiert habe (Link).


1974
  • "Das Recht auf Dummheit wird von der Verfassung geschützt. Es gehört zur Garantie der freien Entfaltung der Persönlichkeit. - Mark Twain" 

    Markus M. Ronner: "Die Treffende Pointe: humoristisch-satirische Geistesblitze des 20. Jahrhunderts nach Stichwörtern alphabetisch geordnet." Ott Verlag, Thun: 1974,  S. 53 (books.google)

Aber auch in der großen deutschsprachigen Zitatesammlung "Harenberg Lexikon der Sprichwörter u. Zitate" ist dieses angebliche Mark-Twain-Zitat verzeichnet, naturgemäß ohne Quellenangabe.

1997

  • "Das Recht auf Dummheit wird von der Verfassung geschützt. Es gehört zur Garantie der freien Persönlichkeitsentfaltung. - Mark Twain" 
    "Harenberg Lexikon der Sprichwörter u. Zitate", Dortmund: 1997/2002, S. 1278
Sogar in einer Mark-Twain-Anthologie des Insel Verlags wurde eine Version des Zitats aufgenommen, allerdings mit dem Zusatz, diese Gruppe von Zitaten seien nicht literarisch belegt, aber allgemein als Mark-Twain-Zitate bekannt und "vorwiegend mündlich überliefert."

Ein Kuckuckszitat, das einer Autorität aus unbekannten Gründen Jahrzehnte nach ihrem Tod erstmals unterschoben wurde, sollte nicht als "mündlich überliefert" bezeichnet werden.

2012

  • "Das Recht auf Dummheit gehört zur Garantie der freien Entfaltung der Persönlichkeit."
    Mark Twain für Boshafte. Ausgewählt von Günter Stolzenberger. (2010) insel taschenbuch, Berlin: 2012 ebook [Zusatz: nicht belegt; mündlich überliefert] (books.google)


Artikel in Arbeit.

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Quellen:

Beispiele für falsche Zuschreibungen:
Markus M. Ronner: "Die Treffende Pointe: humoristisch-satirische Geistesblitze des 20. Jahrhunderts nach Stichwörtern alphabetisch geordnet." Ott Verlag, Thun: 1974,  S. 53 (books.google)
"Harenberg Lexikon der Sprichwörter u. Zitate: mit 50000 Einträgen das umfassendste Werk in deutscher Sprache." (1997) 3. Auflage 2002, Harenberg Verlag, Dortmund: 2002, S. 1278
Mark Twain für Boshafte. Ausgewählt von Günter Stolzenberger. (2010) insel taschenbuch, Berlin: 2012 ebook
Oskar Beck: "Mats Hummels ist der Zahnstocher im Gebiss der Nazis", Die Welt, 3. September 201  (welt.de)



Sonntag, 2. Februar 2020

"Ein Optimist ist ein Mensch, der ein Dutzend Austern bestellt, in der Hoffnung, sie mit der Perle, die er darin findet, bezahlen zu können." Theodor Fontane (angeblich)

Dieses weit verbreitete Bonmot ist über 100 Jahre alt, anonymen Ursprungs und wird - immer ohne Quellenangabe - in verschiedenen Varianten Ugo Tognazzi, Theodor Fontane, Paul Getty und Jean Paul zugeschrieben.

In den digitalisierten Werken Jean Pauls und Theodor Fontanes ist das Zitat so oder so ähnlich so wenig zu finden wie in seriösen Nachschlagwerken.
Pseudo-Theodor-Fontane-Zitat.

In den digitalisierten deutschsprachigen Texten taucht der anonyme Witz meines Wissens erstmals im Jahr 1931 in einer deutschsprachigen Tageszeitung aus Pilsen (Tschechoslowakei) auf:

1931
  • "Definition. 'Können Sie mir erklären, was ein Optimist ist?'  'Ein völlig mittelloser Mann, der sich in einem Restaurant erster Klasse Austern bestellt, in der Hoffnung, daß er das Diner mit einer Perle bezahlt, die er in einer Auster finden wird.'"

    Westböhmische Tageszeitung, XXXII. Jg., Nr. 189, 15. Juli 1931, S. 5, anonym (Link)

Bis 1974 wird der Witz immer ohne Zuschreibung an einen Autor zitiert (Link), in diesem Jahr wird er in einer Zitatesammlung dem italienischen Schauspieler und Regisseur Ugo Tognazzi zugeschrieben.

1974
  • "Ein Optimist ist ein Mensch, der ohne Geld in der Tasche Austern bestellt - in der Hoffnung, von den gefundenen Perlen die Zeche bezahlen zu können. Ugo Tognazzi"

    Markus M. Ronner: "Die Treffende Pointe: humoristisch-satirische Geistesblitze des 20. Jahrhunderts nach Stichwörtern alphabetisch geordnet." Ott Verlag, Thun: 1974, S. 325 (Link)

Ugo Tognazzi hat den Witz vielleicht einmal erzählt, aber geprägt kann er ihn nicht haben, da er im Jahr 1931 erst 9 Jahre alt war.

Die erstmalige Zuschreibung an Theodor Fontane wurde in der Zeitschrift "Westermanns Monatshefte"  im Jahr 1986 ohne Quellenangabe publiziert (Link):

  • "Optimist? Ein Mensch, der ein Dutzend Austern bestellt, in der Hoffnung, sie mit der Perle, die er darin findet, bezahlen zu können.

    Theodor Fontane"
    Westermanns Monatshefte (Westermann's), 1986, Ausgaben 9-12, S. 161 (Link)

Ein paar Jahre später wird der alte Witz etwas verändert dem amerikanischen Milliardär Paul Getty unterschoben:


1992
  • "Ein Spekulant ist ein Mann, der ohne einen Pfennig in der Tasche Austern bestellt, in der Hoffnung,  mit einer Perle bezahlen zu können. Paul Getty"

    Albert H. Savelberg: "Währungsoptionsscheine: Grundlagen, Preisbildung, Strategien", Springer Fachmedien, Wiesbaden: 1992, S. V (Link)
Und im 21. Jahrhundert wird das Zitat erstmals auch Jean Paul zugeschrieben:

2011
  • "Ein Optimist ist ein Mann, der – ohne einen Pfennig Geld in der Tasche – Austern bestellt in der Hoffnung, mit der Perle bezahlen zu können. Jean Paul"Roland Leonhardt: Weltklassezitate für Hochstapler. rowohlt:  2011 (Link) 
Auf Grund der Geschichte dieses Zitats ist es sehr unwahrscheinlich, dass es so oder so ähnlich jemals in einem Text Jean Pauls oder Theodor Fontanes gefunden werden wird. Weitere Funde vor dem Jahr 1931 sind aber nicht auszuschließen.

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Nachtrag 12. Februar 2020

Der Witz ist anscheinend in Amerika entstanden:

1914
  •  "An Optimist is a penniless chap who will go into an oyster house and order 'a dozen on the half-shell' in the hope of finding a pearl wherewith to pay the charges."

Twitter:




Artikel in Arbeit.
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 Quellen:
Google
Westböhmische Tageszeitung, XXXII. Jg., Nr. 189, 15. Juli 1931, S. 5, anonym (Link)
Markus M. Ronner: "Die Treffende Pointe: humoristisch-satirische Geistesblitze des 20. Jahrhunderts nach Stichwörtern alphabetisch geordnet." Ott Verlag, Thun: 1974, S. 325 (Link) 
Westermanns Monatshefte (Westermann's), 1986, Ausgaben 9-12, S. 161 (Link)
Albert H. Savelberg: "Währungsoptionsscheine: Grundlagen, Preisbildung, Strategien", Springer Fachmedien, Wiesbaden: 1992, S. V (Link)
Roland Leonhardt: Weltklassezitate für Hochstapler. rowohlt:  2011 (Link) 

books.google 

Donnerstag, 30. April 2020

"Der Österreicher blickt voller Zuversicht in die Vergangenheit." Karl Kraus (angeblich)

Seit den 1970er Jahren wird Österreichern nachgesagt, sie blickten 'voller Zuversicht', 'vertrauensvoll', mit 'Optimismus' und 'hoffnungsvoll' in die Vergangenheit. Der Ursprung dieser Redensart ist ungewiss.

Die Variante, "Wir Wiener blicken vertrauensvoll - in unsere Vergangenheit!", hat wahrscheinlich der Wiener Kabarettist Karl Farkas geprägt. Sie wurde 1983 in der Karl-Farkas-Biographie von Georg Markus publiziert, allerdings ohne genaue Quellen- und Datumsangabe. 

Erstmals zugeschrieben wurde das Bonmot Karl Farkas 1974 von Markus M. Ronner in seiner Anthologie: "Die Treffende Pointe: humoristisch-satirische Geistesblitze des 20. Jahrhunderts" (Link), leider auch ohne Quellenangabe.

 Eine Version dieses Bonmots wird seit 30 Jahren Karl Kraus unterschoben, eine andere Version seit 20 Jahren Alfred Polgar. 

Den digitalisierten Texten nach zu schließen wird das Bonmot Alfred Polgar und Karl Kraus immer nur untergeschoben, aber von Karl Farkas könnten meiner Meinung nach noch eine seriöse Quelle dieser fast schon sprichwörtlich gewordenen satirischen Charakterisierung der österreichischen Mentalität gefunden werden.



Doron Rabinovici, SPIEGEL-Gespräch, 5. Mai 2014:


  • "Nach 1945 haben die Österreicher die Vergangenheit nach Deutschland exportiert. Man hat es sich in einem Opfermythos bequem gemacht. Die Erinnerung daran, dass auch Österreicher Täter waren, hat erst 1986 in der Auseinandersetzung um den damaligen Bundespräsidenten Kurt Waldheim und dessen NS-Vergangenheit begonnen. Überspitzt formuliert: Was ist der Unterschied zwischen Deutschland und Österreich? Die Deutschen blicken voller Pessimismus in die Zukunft und die Österreicher voller Optimismus in die Vergangenheit." (Link)



Chronologie der Zuschreibungen:

1974 - Farkas

  • "Wir Wiener blicken vertrauensvoll in unsere Vergangenheit!"
    Früheste Zuschreibung an Karl Farkas. Von Markus M. Ronner
    (books.google)



1978 - Unbekannt

  •  "Denn zusehr ist der Österreicher — und da zitiere ich einen großen Landsmann — 'zusehr ist er ein Mensch, der voll hoffnungsfrohem Optimismus in seine glorreiche Vergangenheit blickt' ". (Link)

1983 - Farkas

  • "Oder - wie es etwas später der Kabarettist Karl Farkas ausdrückte: Wir Wiener blicken vertrauensvoll - in unsere Vergangenheit!"

    Georg Markus: "Karl Farkas", Amalthea, Wien München: 1983, S. 43 archive.org; (books.google)

1991 - Kraus
  • "zur nostalgischen 'Flucht aus der Gegenwart', einem Denken, das bloß 'vertrauensvoll in die Vergangenheit schaut' (Karl Kraus), als Legitimation und damit Stabilisierung von Herrschaft verwendet zu werden.  (Link)


2000 - Polgar

  • "Denn schon der Polgar hat gesagt: Die Österreicher sind ein Volk, das mit Zuversicht in die Vergangenheit blickt". (Link)
2012 - Farkas
  • "Der Österreicher als 'ein Mensch, der voller Optimismus – in die Vergangenheit blickt'". (Farkas).  (Link)

2018 - Kraus

  • In anderen Worten, er will, wie Karl Kraus sagen würde, »hoffnungsvoll in die Vergangenheit schauen« (das sagte der österreichische Satiriker über seine Landsleute, so am Rande bemerkt)"  (Link)
2018  - Polgar
  • " 'Die Österreicher', so hat es der begnadete Aphoristiker Alfred Polgar einst gesagt, 'sind ein Volk, das mit Zuversicht in die Vergangenheit blickt.'" (SZ)

Postkarte mit Kuckuckszitat?


Artikel in Arbeit.
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 Quellen:

Markus M. Ronner: "Die Treffende Pointe: humoristisch-satirische Geistesblitze des 20. Jahrhunderts nach Stichwörtern alphabetisch geordnet." Ott Verlag, Thun: 1974, S. 319 (books.google)
Georg Markus: "Karl Farkas", Amalthea, Wien München: 1983, S. 43 (archive.org)

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Dank:
Ich danke Wolfgang Gruber für seine Recherchen.

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 Anhang

In der Satire "Kraliktag" zu dem christlichsozialen Philosophen  Richard Kralik kommt in der 'Fackel' von Karl Kraus einmal die Wendung mit "Zuversicht in die Vergangenheit blicken" vor, da auch einer österreichischen Generation um die Jahrhundertwende nachgesagt wurde, sie blickten "vertrauensvoll in die Vergangenheit".

"Kraliks 'Oesterreichische Geschichte' ", Grazer Volksblatt, 2. Dezember 1913, S. 1 (Link)

Karl Kraus, Kralikstag, 1922


  • " Wenn wir trotzdem mit jener Zuversicht, die nach ihm ihren Namen führt, in die Vergangenheit blicken können, so tun wir dies im Vertrauen auf eine Jugend, die, wenn sie dereinst ausziehen sollte, um dem Kaiser zu geben, was des Kaisers ist und was ihm die Republik genommen hat, entschlossen ist, nicht heimzukehren, ohne vorher im Zeichen Kraliks gesiegt zu haben, und die schon heute so weit hält, daß ihr ein Kralikstag über einen Benkeabend geht. "
    Karl Kraus: Die Fackel Nr. 601-607, 1922, S. 123 (https://fackel.oeaw.ac.at/F/601,123)

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Letzte Änderung: 8/1 2021

Montag, 30. Juli 2018

"Verbringe nicht die Zeit mit der Suche nach einem Hindernis, vielleicht ist keines da." Franz Kafka (angeblich)

 


Dieser Ratschlag für übervorsichtige Menschen wird Franz Kafka in diesem Wortlaut seit 1974 auf Deutsch zugeschrieben.

Ich dachte zuerst, dieser Satz passe nicht zu Franz Kafka und sei ziemlich sicher ein Kuckuckszitat, aber Basso Continuo verdanke ich die Korrektur meiner falschen Annahme, weil Franz Kafka in der Tat einen ähnlichen Satz in seinem Tagebuch notiert hat.


Franz Kafka, 16. September 1920


  • "Manchmal scheint es so: Du hast die Aufgabe, hast zu ihrer Ausführung so viel Kräfte als nötig sind (nicht zu viel, nicht zu wenig, du mußt sie zwar zusammenhalten, aber nicht ängstlich sein), Zeit ist dir genügend frei gelassen, den guten Willen zur Arbeit hast du auch. Wo ist das Hindernis für das Gelingen der ungeheuren Aufgabe? Verbringe nicht die Zeit mit dem Suchen des Hindernisses, vielleicht ist keines da."  B09 321 (Link)

Varianten des Franz-Kafka-Zitats:

  • "Do not waste your time looking for an obstacle – maybe there is none."
  • "Don't waste your time looking for an obstacle. Maybe there is none."
  • "Verbringe die Zeit nicht mit der Suche nach einem Hindernis, vielleicht ist keines da."
  • "Verbringe nicht die Zeit mit der Suche nach einem Hindernis, vielleicht ist keines da." 
  • "Verbringe Deine Zeit nicht mit der Suche nach Hindernissen, vielleicht sind keine da."  


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Quellen:
Franz Kafka: Gesammelte Werke (Link) (Bibliographische Angaben folgen.)
Synoptische Konkordanz zu Franz Kafkas nachgelassenen Schriften und Fragmenten. Bearbeitet von Ralf Becker, Heinrich P. Delfosse und Tina Koch. Max Niemeyer Verlag, Tübingen: 2003, S. 682 (Link) Registereintrag "Hindernis" (Zitiert nach Basso Continuo)

Markus M. Ronner: "Die Treffende Pointe: humoristisch-satirische Geistesblitze des 20. Jahrhunderts nach Stichwörtern alphabetisch geordnet." Ott Verlag, Thun: 1974, S. 136; 326 (Link)
Markus  M. Ronner: "Die Treffende Pointe: humoristisch-satirische Geistesblitze des 20. Jahrhunderts nach Stichwörtern alphabetisch geordnet." Ott, Thun: 1974, S. 66  (Link)
Wikiquote: Als Quelle wird "Kalenderblatt" angegeben.
aphorismen.de/zitat/5306
gutzitiert.de
Google books


Artikel in Arbeit.

Donnerstag, 16. November 2017

"Wenn ein Mann über eine Frau nachzudenken beginnt, gehört er ihr schon halb." Marcel Proust (angeblich)


Pseudo-Marcel-Proust quote.
Dieser Spruch wird seit 1974 dem französischen Autor und Regisseur Marcel Pagnol zugeschrieben und erst seit 2007 Marcel Proust unterschoben.

Da das Zitat erst im 21. Jahrhundert Marcel Proust zugeschrieben wurde und da ich es weder auf Französisch noch auf Deutsch oder Englisch in einem digitalisierten Text von oder über Marcel Proust gefunden habe, ist es höchstwahrscheinlich irrtümlich Marcel Proust unterschoben worden. Solche Verwechslungen bei ähnlichen Autorennamen kommen ja öfters vor.

Ein französische Quelle für die Zuschreibung an Marcel Pagnol kenne ich noch nicht.

Varianten:
  • "Wenn ein Mann über eine Frau nachzudenken beginnt, gehört er ihr schon halb."
  • "Wenn ein Mann über eine Frau nachzudenken beginnt, hat sie ihn schon halb gewonnen."
  • "Wenn ein Mann anfängt über eine Frau nachzudenken, dann hat sie gewonnen."
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Quellen:
Eine der ersten Zuschreibungen an Marcel Proust: 2007: (Link)
Google
Erste Zuschreibung an Marcel Pagnol: 1974:
Markus R. Ronner: "Die Treffende Pointe: humoristisch-satirische Geistesblitze des 20. Jahrhunderts nach Stichwörtern alphabetisch geordnet." Ott Verlag, Thun: 1974, S. 216 (Link)

Samstag, 29. April 2017

"Das Gegenteil von gut ist gut gemeint." Kurt Tucholsky (angeblich)

Pseudo-Kurt-Tucholsky-Zitat.

Dieses inzwischen weit verbreitete Sprichwort ist aus einem längeren Aphorismus Gottfried Benns über das Verhältnis von Kunst und Natur entstanden ("Der Gegensatz von Kunst .... ist  ... gut gemeint"), und wird im 21. Jahrhundert irrtümlich oft Kurt Tucholsky und vielen anderen unterschoben.

Die prägnante Kurzversion: "Das Gegenteil von gut ist gut gemeint", taucht  bei Google Books 1977 erstmals auf und wird anfangs meistens Gottfried Benn zugeschrieben, bald aber auch Bertolt Brecht und Karl Kraus, und im 21. Jahrhundert Kurt Tucholsky (Google Books).


Friedhelm Greis, der Kenner von Tucholskys Werken, hat schon vor Jahren in seinem informativen und unterhaltsamen Sudelblog darauf aufmerksam gemacht, dass dieses Zitat in Kurt Tucholskys Schriften nicht vorkommt.

Auch in den Schriften von Karl Kraus und Bertolt Brecht ist das Zitat weder so noch so ähnlich zu finden.


Entwicklung des Sprichworts:


1958, Gottfried Benn
  • "Es hat sich allmählich herumgesprochen, daß der Gegensatz von Kunst nicht Natur ist, sondern gut gemeint; Stil ist eine bösartige Neubildung, eine letale."
    Gottfried Benn: "Roman des Phänotyp", 1958  (Link);  (Link)
1967
  • "(Vielleicht muß man Heidegger ins Französische übersetzen, um ihn zu verstehen.) Gottfried Benn: 'Das Gegenteil der Kunst ist nicht die Natur; das Gegenteil der Kunst ist — , gut gemeint'.'" (Link)
1974
  • "In der Kunst und in der Politik ist gut gemeint das Gegenteil von gut. Andre Malraux" (Link)
1976
  • "Das Gegenteil von Kunst, sagt Gottfried Benn, ist »gut gemeint« ..." (Link) 
 1977
  • "Das Gegenteil von gut ist gut gemeint". (Link) 
1981
  • "Man würde also in dieser Beilage sicher einmal und recht bald einem der aktuellsten Sätze von Gottfried Benn begegnen: «Das Gegenteil von gut ist gut-gemeint.»"  (Link)
1983
  • "Das Gegenteil von 'gut' heißt nach Karl Kraus in der Politik 'gut gemeint'" .   (Link)
1983
  • "Nach Bert Brecht ist das Gegenteil von 'gut' oft 'gut gemeint'". (Link)
1989
  • "'Das Gegenteil von gut ist nicht schlecht, sondern gut gemeint.' — (weil man nicht zu Ende denkt, HCR). Karl Kraus " (Link)
1990
  • "Aber ein Aphorismus von Karl Kraus lautet: «Das Gegenteil von gut ist gut gemeint." (Link) 
2017
  • "Wie sagte Tucholsky 'Das Gegenteil von gut ist gut gemeint'". (Link)

 

Varianten:

 
  • "Doch gut gemeint ist oft nicht nur das Gegenteil von Kunst, sondern auch ein nur entfernter Verwandter der Wahrheit."
  • "Von Gottfried Benn haben wir jedoch gelernt, dass das Gegenteil von Kunst nicht Natur ist, sondern gut gemeint."  (Link) 
  • "Das Gegenteil von Kunst, sagt Gottfried Benn, ist »gut gemeint«". 
  • "Gut gemeint ist in der Regel das Gegenteil von gut gemacht". 
  • "Das Gegenteil von gut ist nicht böse, sondern gut gemeint."  
  • "Gut gemeint ist meist das Gegenteil von gut."   
  • "Dass „gut gemeint" oft das Gegenteil von „gut" ist - das ist in Österreich ein geflügeltes Wort." 

"Das Gegenteil von gut ist gut gemeint" wurde 1996  zum Titel eines Songs der Hip-Hop-Band Kinderzimmer Productions, mit den Zeilen: "Denn das Gegenteil von gut ist gut gemeint / Habt ihr kapiert!":
Kinderzimmer Productions, 1996:


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Quellen:
Gottfried Benn: „Roman des Phänotyp“. Gesammelte Werke in vier Bänden: Bd. Prosa und Szenen.  Limes Verlag, Wiesbaden: 1958, S. 161f.  Google Books
Wikiquote
german.stackexchange.com/questions 
Friedhelm Greis: Sudelblog, Angebliche Tucholsky-Zitate

Beispiele für falsche Zuschreibungen:
Vereinzelt wird das Sprichwort auch Karl Kraus und Bertolt Brecht , Erich Kästner , Friedrich Torberg unterschoben. 
1974: Markus R. Ronner: "Die Treffende Pointe: humoristisch-satirische Geistesblitze des 20. Jahrhunderts nach Stichwörtern alphabetisch geordnet." Ott Verlag, Thun: 1974, S. 127 (Link)
1983: Horst Bieber: "Guter Wille mit Verspätung", DIE ZEIT 47/1983, 18. November 1983 Karl Kraus 
1996: google.com/search Bertolt Brecht
2002:  books.google Erich Kästner, Karl Kraus

Beispiele für falsche Zuschreibungen an Kurt Tucholsky:
2002:  groups.google (früheste Zuschreibung)
2009: books.google 
2015: /books.google
 2017: Tassilo Wallentin: "Der Bärendienst", Kronen Zeitung (Krone Bunt), 19. März 2017  (Link)



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Dank:
Ich danke Stefan Niederwieser für den Hinweis auf den Song von Kinderzimmer Productions.

Letzte Änderung: 23/8 2018

Dienstag, 14. Februar 2023

"Alles Große in der Welt geschieht nur, weil einer mehr tut als er muss!" Pseudo-Albert-Einstein-Zitat.

Blechschild mit Pseudo-Albert-Einstein-Zitat.

Dieser Aphorismus wurde jahrzehntelang Hermann Gmeiner, dem Gründer der SOS-Kinderdörfer zugeschrieben, und wird erst im 21. Jahrhundert Albert Einstein untergeschoben.

In den digitalisierten Texten Albert Einsteins und in Alice Calaprices Standardwerk "The Ultimate Quotable Einstein" ist das angebliche Albert-Einstein-Zitat nicht zu finden.

Die erste Zuschreibung an Hermann Gmeiner habe ich bislang in Markus M. Ronners 1974 erschienener Zitatesammlung "Die Treffende Pointe" gefunden:

1974

  • "Alles Große in der Welt wird nur dadurch Wirklichkeit, daß irgendwer mehr tut, als er müßte. Hermann Gmeiner"

    Markus M. Ronner: "Die Treffende Pointe"1974 (books.google.at)
Bis zum Jahr 2006 wurde der Aphorismus, von dem ich noch nicht weiss, wann er wo geprägt wurde, mit geringfügigen Veränderungen fast immer nur Hermann Gmeiner zugeschrieben.

Klaus Landfried, der Präsident der Hochschulrektorenkonferenz, hat im Jahr 1997 einmal den Satz Hermann Gmeiners bei einem Vortrag verwendet (books.google.at) . Seitdem wird auch er manchmal als Autor des Zitats genannt.

Man kann aber keinen Aphorismus prägen, der schon 20 Jahre davor unter einem andern Namen in einem Lexikon stand. 

Erst seit dem Jahr 2007 wird der Gmeiners Aphorismus ohne ersichtlichem Grund Albert Einstein zugeschrieben.

2011

"Hermann Gmeiner, the father of the SOS Children’s Villages, expressed it this way:


Auch die SOS-Kinderdörfer schreiben das Zitat ihrem Gründer zu.

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Quellen:


Alice Calaprice: "The Ultimate Quotable Einstein", Foreword: Freeman Dyson, Princeton University Press, Princeton and Oxford: 2011
Alice Calaprice: "Einstein sagt: Zitate, Einfälle, Gedanken", Vorwort von Freeman Dyson; übersetzt von Anita Ehlers, Piper Verlag, München / Berlin: 2015 ebook
The Collected Papers of Albert Einstein: einsteinpapers / princeton
Markus M. Ronner: "Die Treffende Pointe: humoristisch-satirische Geistesblitze des 20. Jahrhunderts nach Stichwörtern alphabetisch geordnet." Ott Verlag, Thun: 1974, S. 126 (books.google.at)
1985 Gmeiner (books.google)

1997

  • Alles Große in der Welt geschieht nur, weil einer mehr tut, als er muß." Klaus Landfried Präsident der Hochschulrektorenkonferenz  (books.google.at) 


2009 

Alles Große in unserer Welt geschieht nur, weil jemand mehr tut, als er muss.“ Hermann Gmeiner 

(eventuell 2002 Erstauflage) Hermann Gmeiner (books.google.)



Artikel in Arbeit.

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Dank:

Ich danke M. Wollmann für den Hinweis auf das falsche Einstein-Zitat und Ralf Bülow für seine Recherche.

Samstag, 17. April 2021

"Gesegnet seien jene, die nichts zu sagen haben und trotzdem den Mund halten." Karl Valentin (angeblich)

Pseudo-Karl-Valentin-Zitat.
Dieses Bonmot wird Oscar Wilde, Karl Valentin , Kurt Sowinetz und einigen anderen zugeschrieben, stammt aber so ähnlich von der viktorianischen Autorin George Eliot und dem amerikanischen Lyriker und Diplomaten James Russell Lowell.

Pseudo-Oscar-Wilde-Zitat.
 In den Texten Oscar Wildes oder Karl Valentins ist dieses Bonmot weder so noch so ähnlich zu finden und es ist unwahrscheinlich, dass es jemals dort gefunden werden wird.

Der amerikanische Diplomat James R. Rowell wollte bei einem Empfang in Boston nach einem brillanten Vorredner nicht sprechen und hat das mit elegantem Witz begründet (Link):

 1872, James R. Lowell

  • "James R. Lowell has invented a new beatitude, "Blessed are they who have nothing to say and who cannot be persuaded to say it."  (archive.org
    "James R. Lowell hat eine neue Seligkeit erfunden: 'Selig sind die, die nichts zu sagen haben und die nicht überredet werden können, es zu sagen.' "

George Eliot hat einen ähnlichen Witz in ihrem Roman "Impressions of Theophrastus Such" vielleicht unabhängig von James R. Lowell gemacht:

1879, George Eliot 

  • "Blessed is the man who, having nothing to say, abstains from giving us wordy evidence of the fact — from calling on us to look through a heap of millet-seed in order to be sure that there is no pearl in it."

  •  "Gepriesen sei derjenige, der nichts zu sagen hat und davon absieht, das zu beweisen".
  • "Selig der Mann, der nichts zu sagen hat und davon absieht, diese Tatsache durch Worte zu beweisen".

    George Eliot:  Impressions of Theophrastus Such, 1879, S. 89 (archive.org) 

 Im Jahr 1961 wird der Witz dem französischen Autor Jean Guéhenno zugeschrieben und taucht in deutschen Zeitungen in folgendem Wortlaut auf:

1961

  • "Gepriesen seien diejenigen, die nichts zu sagen haben und es trotzdem für sich behalten." Jean Guéhenno (Link)

Das Bonmot war in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts auch im deutschen Sprachraum schon in verschiedenen Varianten weit verbreitet und wurde einmal auch als "chinesisches Sprichwort" bezeichnet.

1974

  • "Selig der Synodale, der nichts zu sagen hat und trotzdem schweigt. Helmut Müller"
    Ronner: "Die Treffende Pointe", S. 280 (Link)

 1994

  • "ein Gelangweilter: 'Gepriesen seien diejenigen, die nichts zu sagen haben und es dennoch für sich behalten'." (Link)

 2000 

  • "Ist Ihnen bekannt, daß Gustav Heinemann einmal gesagt hat: 'Wohl dem Politiker, der nichts zu sagen hat und trotzdem schweigt'." (Link)

Mit der falschen Zuschreibung an Oscar Wilde hat im Jahr 1989 anscheinend - der auch bei anderen Zitaten problematische Autor -  Erich von Däniken in seinem Buch "Die Augen der Sphinx: neue Fragen an das alte Land am Nil"  begonnen.  

1989 Oscar-Wilde-Kuckuckszitat

  • "Gesegnet seien jene, die nichts zu sagen haben und den Mund halten. Oscar Wilde (1856-1900)"

    Erich von Däniken: "Die Augen der Sphinx: neue Fragen an das alte Land am Nil" Bertelsmann, München: 1989, 2. Auflage, S. 185 (Link)


Mit der falschen Zuschreibung an Karl Valentin begonnen hat anscheinend der Autor des Buches "Böse Sprüche für jeden Tag" im Jahr 2003, wie der Aphoristiker M. Wollmann herausgefunden hat.


2003 Karl-Valentin-Kuckuckszitat

Pseudo-Karl-Valentin-Zitat in: Dietmar Bittrich: "Böse Sprüche für jeden Tag" 2003, 24. April (Link) 

Diese falsche Zuschreibung wurde bald auch von anderen Autoren übernommen. Ein Beispiel aus dem Jahr 2007:
  • "'Gesegnet seien jene, die nichts zu sagen haben und den Mund halten.'
     Karl Valentin"
    Zwilling: 21. Mai bis 21. Juni" (Link)

Die erste Zuschreibung des Zitats an Karl Valentin ist in den digitalisierten Texten erst über 50 Jahre nach seinem Tod nach den Zuschreibungen an alle anderen im 21. Jahrhundert zu finden. 

Auch deswegen ist es unwahrscheinlich, dass Karl Valentin diesen alten Witz jemals verwendet hat; geprägt kann er ihn nicht haben, da das Bonmot im 19. Jahrhundert entstanden ist. 

 

 Artikel in Arbeit.

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Quellen: 

Google

genios.de 

 "Harenberg Lexikon der Sprichwörter u. Zitate: mit 50000 Einträgen das umfassendste Werk in deutscher Sprache." (1997) 3. Auflage 2002, Harenberg Verlag, Dortmund: 2002, S. 1032  [George Eliot]

Markus M. Ronner: "Die Treffende Pointe: humoristisch-satirische Geistesblitze des 20. Jahrhunderts nach Stichwörtern alphabetisch geordnet." Ott Verlag, Thun: 1974, S. 280 (Link)

Anonym: "His Imperial Highness the Grand Duke Alexis in the United States of America During the Winter of 1871-72", Riverside Press, For Private Distribution, Cambridge: 1872, S. 102 (Link)
George Eliot: "Impressions of Theophrastus Such", in: The Works of George Eliot. William Blackwood and Sons, Edinburgh and London, o.D. [1879], S. 80  (archive.org)  [Erstveröffentlichung vielleicht schon in: Felix Holt, the Radical, 1866] 

Nordwest Zeitung, Ausgabe Oldenburger Kreiszeitung, 27. Juli 1961, S. 14 (Link)  

"Der gute Deutsche": Dokumente zur Diskussion um Steven Spielbergs "Schindlers Liste" in Deutschland, Röhrig: 1995, S. 270   (Link) 

Erich von Däniken: "Die Augen der Sphinx: neue Fragen an das alte Land am Nil" Bertelsmann, München: 1989, 2. Auflage, S. 185 (archive.org) [Oscar Wilde]
Dietmar Bittrich: "Böse Sprüche für jeden Tag" dtv, München: (2003) 12. Auflage 2009, 24. April (Link) Zitiert nach M. Wollmann [Karl Valentin]
Zwilling: 21. Mai bis 21. Juni"(Link) [Karl Valentin]

 


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Dank:

Ich danke Claire für die Frage nach diesem Zitat und M. Wollmann für den Hinweis auf Bittrichs Buch.


Letzte Änderung 3/7 2022 (Zusatz Bittrich, 2003

Samstag, 27. Mai 2017

"Der Vorteil der Klugheit liegt darin, dass man sich dumm stellen kann. Das Gegenteil ist schon schwieriger." Kurt Tucholsky (angeblich)

Pseudo-Kurt-Tucholsky-Zitat.

Dieser beliebte Aphorismus wird seit etwa 50 Jahren in vielen Sprachen fäschlich Kurt Tucholsky zugeschrieben, und ist inzwischen auf Spanisch noch mehr verbreitet als auf Deutsch oder auf Englisch.

Pseudo-Kurt-Tucholsky-Zitat.

Bei einer chronologischen Durchsuchung deutschsprachiger Zeitungen taucht das Zitat erstmals am 11. Oktober 1971 als "Spruch des Tages" in der Oldenburger Ausgabe der Nordwest Zeitung auf:

 
Nordwest Zeitung, 11. Oktober 1971, S. 4.

Das von einer unbekannten Person geprägte Kuckuckszitat steht seit dem Jahr 1974 auch in  diversen Zitatesammlungen, zum Beispiel in Harenbergs "Lexikon der Sprichwörter und Zitate" sowie im Band "Zitate und Aussprüche" des DUDEN Verlags.

Dass dieser Aphorismus in den Briefen und Schriften des 1935 verstorbenen Satirikers Kurt Tucholsky nicht zu finden ist, hat Friedhelm Greis auf seinem amüsanten und informativen Sudelblog aufgedeckt.


Varianten des Pseudo-Kurt-Tucholsky-Zitats:


  • "Der Vorteil der Klugheit besteht darin, dass man sich dumm stellen kann. Das Gegenteil ist schon schwieriger."
  • "Der Vorteil der Klugheit liegt darin, dass man sich dumm stellen kann. Das Gegenteil ist schon schwieriger." 
  • "La ventaja de ser inteligente es que así resulta más fácil pasar por tonto. Lo contrario es mucho más difícil." 
  • "The advantage of being intelligent is that you can pretend to be stupid. The opposite is rather difficult."
  • "The advantage of wisdom is that you can play dumb. The opposite is more difficult."


Pseudo-Kurt-Tucholsky-Zitat.

 
Pseudo-Woody-Allen-Zitat:
 
 
In Frankreich und in Italien wird dieser vor 50 Jahren in Deutschland entstandene Aphorismus im 21. Jahrhundert dem amerikanischen Regisseur Woody Allen untergeschoben.
 
Auf Französisch ist dieses angebliche Woody-Allen-Zitat seit dem Jahr 2007 auf Twitter zu finden, auf Italienisch seit 2008 und die englische Version erst seit dem Jahr 2009.
  • "The advantage of being smart is that you can always act like an idiot, but the opposite is completely impossible."  (twitter)
  •  "The advantage of being intelligent, is that we can always play stupid, however being the opposite is completely impossible"


  • "L'avantage d'être intelligent, c'est qu'on peut toujours faire l'imbécile, alors que l'inverse est totalement impossible." (twitter)
Pseudo-Woody-Allen-Zitat.
 
  • "Il vantaggio di essere intelligente è che si può sempre fare l'imbecille, mentre il contrario è del tutto impossibile." (twitter.)
Pseudo-Woody-Allen-Zitat.
 
Aber in Woody Allens Texten kommt dieses Zitat meines Wissens so wenig vor wie in den Texten Kurt Tucholskys. 
 

 
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Quellen:
Google Books; Suche ohne "Tucholsky": Google Books
Google-Statistik, Spanisch: "Ungefähr 3 050 Ergebnisse"
Google-Statistik, Deutsch: "Ungefähr 2 480 Ergebnisse"
Friedhelm Greis: Sudelblog, Angebliche Tucholsky-Zitate

Beispiele für falsche Zuschreibungen:
Nordwest Zeitung, Ausgabe Oldenburger Nachrichten, Nr. 236, 11. Oktober 1971, S. 4 
Nordwest Zeitung, Nr. 105, 7. Mai 1974 [ohne Seitenangabe] "Spruch des Tages"
Markus M. Ronner: "Die Treffende Pointe: humoristisch-satirische Geistesblitze des 20. Jahrhunderts nach Stichwörtern alphabetisch geordnet." Ott Verlag, Thun: 1974, S. 52 (archive.org)
Dudenredaktion: Duden - Zitate und Ausspüche, Band 12, Duden Verlag, Mannheim: 1993, S. 650
"Harenberg Lexikon der Sprichwörter u. Zitate: mit 50000 Einträgen das umfassendste Werk in deutscher Sprache." (1997) 3. Auflage 2002, Harenberg Verlag, Dortmund: 2002, S. 653
"Die Weltbühne", Hrsg. von  Hermann Budzislawski, Band 36, Ausgaben 1-26, Verlag der Weltbühne, Ost-Berlin: 1981, S. 352 (Link)
Humberto Herrera Carles: "1500 Frases, pensamientos para la vida." Verlag: unbekannt, Kindle Edition: 2011 (Link)
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Dank:
Ich danke Friedhelm Greis für seine Liste angeblicher Tucholsky-Zitate auf seinem  informativen Sudelblog zu Kurt Tucholsky.

Letzte Änderung: 29/11 2021; 9/1 2023 (Zusatz Ronner, dank Friedhelm Greis; Woody Allen.)