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Dienstag, 10. Januar 2023

"Jeder ist ein Genie! Aber wenn du einen Fisch danach beurteilst, ob er auf einen Baum klettern kann, wird er sein ganzes Leben glauben, dass er dumm ist." Albert Einstein (angeblich)

Pseudo-Albert-Einstein-Zitat.
Dieses Zitat wurde Albert Einstein, dem berühmtesten Physiker des 20. Jahrhunderts, erstmals fast 50 Jahre nach seinem Tod in einem amerikanischen Selbsthilfebuch in den Mund gelegt:

2004
  • "Albert Einstein wrote, 'Everybody is a genius. But if you judge a fish by its ability to climb a tree, it will live its whole life believing that it is stupid.' "

    Matthew Kelly, "The Rhythm of Life: Living Every Day with Passion and Purpose" S. 80  (Link)
In Einsteins Texten ist dieses Zitat weder so noch so ähnlich zu finden. 

Ich folge hier den amerikanischen Zitatexperten Barry Popik und  Garson O'Toole, die der Vorgeschichte dieses Falschzitats nachgegangen sind, und deren Analysen inzwischen von vielen anderen bestätigt wurden.

Wie so viele Klassikerzitate, die im 21. Jahrhundert erfunden wurden, hat sich auch dieses angebliche Einstein-Zitat schnell in vielen Sprachen der Welt verbreitet.

Im deutschen Sprachraum ist es seit dem Jahr 2012 in Zeitungen und auf Twitter nachweisbar und wird manchmal auch fälschlich Albert Schweitzer zugeschrieben (Link).

Pädagoginnen wollen mit dem Zitat Kindern Mut machen: Sie sollen nicht glauben, sie seien dumm, nur weil sie in einem Fach schlecht sind.

Der Aphorismus "Wenn du einen Fisch danach beurteilst, ob er auf einen Baum klettern kann, wird er sein ganzes Leben glauben, dass er dumm ist" ist inzwischen sprichwörtlich geworden: man kann ihn als amerikanisches Sprichwort bezeichnen.


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Quellen:
Alice Calaprice: "The Ultimate Quotable Einstein", Foreword: Freeman Dyson, Princeton University Press, Princeton and Oxford: 2011
Matthew Kelly: "The Rhythm of Life: Living Every Day with Passion and Purpose", Fireside Edition, New York: 2004 , S. 80 (Link) 
Barry Popik: “Everybody is a genius. But if you judge a fish by its ability to climb a tree, it will live its whole life believing that it is stupid”, 2012,   barrypopik.com/ 
Garson O' Toole: "Everybody is a Genius. But If You Judge a Fish by Its Ability to Climb a Tree, It Will Live Its Whole Life Believing that It is Stupid Albert Einstein? Amos Dolbear? Matthew Kelly? Apocryphal?" 2013 (quoteinvestigator.com) 
wikiquote.org/wiki/Talk:Albert_Einstein 
Andre Wolf: "Über Einstein, Fische, und deren Potenzial, auf Bäume klettern zu können." 2021 (mimikama)

Sophie Timmermann: FAKTENCHECK "Keine Belege für angebliches Zitat von Albert Einstein über Fisch, der auf einen Baum klettern kann." 2021 (correctiv.org/)

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Dank:
Ich danke Barry Popik, Garson O'Toole sowie den den Leuten von mimikama und corrective.org für ihre Dokumentationen.




Samstag, 17. September 2022

"Mein Bleistift ist klüger als ich." Albert Einstein (angeblich)

Der Philosoph Karl Popper hat 10 Jahre nach Albert Einsteins Tod das angebliche Albert-Einstein-Zitat "My pencil is more intelligent than I" im Jahr 1966 erstmals publiziert und alle späteren Varianten dieses Einstein-Zitats beziehen sich direkt oder indirekt auf diese erstmalige Erwähnung, wie der amerikanische Zitatforscher Garson O' Toole dokumentiert hat (quoteinvestigator).

Sir Karl Popper hat in späteren Publikationen diese Einstein-Worte noch mehrmals zitiert. In den deutschen  Übersetzungen wurden sie mit "Mein Bleistift ist schlauer als ich" oder "Mein Bleistift ist klüger als ich" wiedergegeben.


Karl Popper:

  • "Einstein sagte einmal: 'Mein Bleistift ist schlauer als ich'.  Was er meinte, läßt sich vielleicht so ausdrücken: mit einem Bleistift können wir mehr als doppelt so leistungsfähig sein als ohne ihn."
    Karl R. Popper, John C. Eccles: "Das Ich und sein Gehirn" 1982, Übersetzer: Willy Hochkeppel (Link)

Albert Einstein könnte diesen Satz auf Deutsch oder auf Englisch so oder so ähnlich einmal gesagt haben, aber wir wissen nicht wann und wo, da Karl Popper keine Quelle für dieses Zitat angegeben hat.

Angebliche Albert-Einstein-Zitate (quoteinvestigator):

1966: My pencil is more intelligent than I. [laut Popper]
1969: My pencil is cleverer than I am. 
[laut Popper]
1982: Mein Bleistift ist schlauer als ich. 
[laut Popper]
1985: My pencil is sharper than I am.
2011: My pencil and I are more clever than I.
2012: Mein Bleistift ist klüger als ich.
 [laut Popper]


Dass das Schreibzeug klüger sein kann als sein Autor ist aber eine Wendung, die Albert Einstein nicht geprägt haben kann, weil sie so ähnlich schon vier Jahrzehnte vor Einsteins Geburt in einem Brief  Heinrich Heines an seinen Verleger vorgekommen ist und vor Albert Einstein auch dem Mathematiker Leonhard Euler von dem Physiker Ernst Mach zugeschrieben wurde.

1839/1917

Heinrich Heine:

  •  "genug, die Feder ist klüger als ich, und will nicht weiter schreiben. Leben Sie wohl."
    Heinrich Heine an Julius Campe, Paris, 30. September 1839,  1917 (Link)

Heinrich Heine verwandte die Metapher von der klügeren Feder selbstironisch, der österreichische Physiker Ernst Mach benannte aber damit das befremdliche Gefühl von rationalistischen Mathematikern, die bei der Lösung eines mathematischen Problems in ein Flow kommen:

1882

Ernst Mach:


  • "Wer Mathematik treibt, den kann zuweilen das unbehagliche Gefühl überkommen, als ob seine Wissenschaft, ja sein Schreibstift, ihn selbst an Klugheit überträfe, ein Eindruck, dessen selbst der große EULER nach seinem Geständnisse sich nicht immer erwehren konnte. Eine gewisse Berechtigung hat dieses Gefühl, wenn wir bedenken, mit wie vielen fremden oft vor Jahrhunderten gefaßten Gedanken wir in geläufigster Weise operieren.

    Es ist wirklich teilweise eine fremde Intelligenz, die uns in der Wissenschaft gegenübersteht. Mit der Erkenntnis dieses Sachverhalts erlischt aber wieder das Mystische und Magische des Eindruckes, zumal wir jeden der fremden Gedanken, sobald wir nur wollen, nachzudenken vermögen."
    Ernst Mach: "Die ökonomische Natur der physikalischen Forschung.", Wien am 25. Mai 1882 (Link) 

Man kann die Metapher von der klügeren Feder auch boshaft verwenden, wie der Wiener Feuilletonist Raoul Auernheimer 1906 in einer Kritik eines missliebigen Autors bewies:

1906

Raoul Auernheimer:

  • "Allmählich erst mag er [der französische Autor Georges Courteline] eingesehen haben, daß auch in diesem Falle, wie in manchem andern, die Feder klüger war als der Schreiber und dann selbstbewußt fortgesetzt habe, was er instinktiv erraten hatte."
    Raoul Auernheimer: "Im Lachkabinett des Herrn Courteline", Neue Freie Presse,18. Februar 1906, S. 2 (anno)

Seit dem Jahr 1924  wird dem unfassbar produktiven Basler Mathematiker Leonhard Euler das Zitat in dem Wortlaut sein "Bleistift" sei "klüger als er" zugeschrieben:


1924

Walther Lietzmann:

  • "Euler soll einmal gesagt haben, es scheine ihm oft, als sei sein Bleistift klüger als er."
    Walther Lietzmann: Methodik des mathematischen Unterrichts. Quelle und Meyer Verlag, Leipzig: 1924, S. 195 (Link)

1936

Max Adler: 

  • "so hat Ernst  M a c h  einmal davon gesprochen, daß den Mathematiker bei Entwicklung seiner Gleichungen manchmal das unheimliche Gefühl beschleiche, als ob sein Bleistift klüger wäre als er selbst."
    Max Adler: "Das Rätsel der Gesellschaft. Zur erkenntnis-kritischen Grundlegung der Sozialwissenschaft." (Link)

1936

Auch den Theologen und Kirchenhistoriker Alfred von Harnack, bei dem Dietrich Bonhoeffer studiert hat, überkam in besonders produktiven Schreibphasen das Gefühl, seine Feder sei klüger als er selbst, wie seine Tochter Agnes von Zahn-Harnack in der Biographie über ihren Vater schrieb:

Adolf von Harnack:

  •  "Dreizehn Monate sind für eine solche Niederschrift eine kurze Zeit; Harnack aber hat oft geschildert, wie er sich in solchen Perioden gesteigerter Produktion von geistigen Kräften beflügelt fühlte, über die er sich selbst kaum Rechenschaft geben konnte, und er pflegte wohl bei der Durchsicht des Geschriebenen zu sagen: 'Meine Feder ist klüger als ich.' Die Wortprägungen, die Bilder strömten ihm dann zu, und der Aufbau des Werkes erhob sich in klaren Umrissen und künstlerisch schönen Abmessungen unter seiner Hand. Ein so schnelles Arbeiten war nur möglich, weil er sein Werk schon jahrelang im Geist mit sich getragen und das Material unermüdlich gesammelt, gesichtet und gruppiert hatte."
    Agnes von Zahn-Harnack: "Adolf von Harnack" 1936   (archive.org)


Und auch Albert Einsteins Freund und Kollege Kurt Gödel, mit dem er bekanntlich gerne in Princeton spazieren ging, hat in seinen erst kürzlich publizierten Notizbüchern etwas zum Phänomen des intelligenten Bleistifts notiert:


2021 /  (1934-1955) 

Kurt Gödel

  • "Bemerkung (Grundlagen): Ein Kriterium dafür, dass man etwas in der Mathematik richtig macht, ist, dass alles 'von selbst' geht (die Intelligenz des Bleistifts zeigt sich)."
    Kurt Gödel: Philosophische Notizbücher / Maximen III, 2021 (Link)


Albert Einstein könnte bei einem Spaziergang mit Kurt Gödel auch einmal diese unter Mathematikern und Physikern seiner Generation sprichwörtliche Redensart von dem intelligenten Bleistift zitiert haben, aber er hat sie nicht geprägt.

Die ursprüngliche Quelle für das Leonhard Euler zugeschriebenen Bleistift-Zitat, auf die sich Ernst Mach 1882 bezogen hat, ist mir noch unbekannt. Der genaue Wortlaut des Leonhard-Euler-Zitats ist also ungewiss.


Artikel in Arbeit.
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Quellen:
Garson O' Toole: "My Pencil and I Are More Clever Than I Am", 2022 (quoteinvestigator.com)
Karl R. Popper, John C. Eccles: "Das Ich und sein Gehirn" Von den Verfassern durchgesehene Übersetzung aus dem Englischen von Angela Hartung (Eccles-Teile) und Willy Hochkeppel (Popper-Teile). Piper Verlag, München: 1982, S. 256 (Link)
Brief von Heinrich Heine an Julius Campe, Paris, 30. September 1839, in: Heinrich Heines Briefwechsel. Herausgegeben von Friedrich Hirth. Zweiter Band, Georg Müller, München und Berlin: 1917, S. 298 (Link)
Ernst Mach: "Die ökonomische Natur der physikalischen Forschung.", Vortrag, gehalten in der feierlichen Sitzung der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften zu Wien
am 25. Mai 1882 (Link),  Almanach der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften für das Jahr 1882, 32. Jahrgang, k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Wien: 1882, S. 294-319; S. 304 (Link)
Raoul Auernheimer: "Im Lachkabinett des Herrn Courteline", Neue Freie Presse, Nr. 14903, Morgenblatt, 18. Februar 1906, S. 1-3; S. 2 (anno)
Walther Lietzmann: Methodik des mathematischen Unterrichts. Quelle und Meyer Verlag, Leipzig: 1924, S. 195 (Link)
Agnes von Zahn-Harnack: "Adolf von Harnack", Hans Bott Verlag, Berlin-Tempelhof: 1936, S. 134,   (archive.org)
Max Adler: "Das Rätsel der Gesellschaft. Zur erkenntnis-kritischen Grundlegung der Sozialwissenschaft." (Erstdruck: Saturn Verlag, Wien: 1936), Reihe Austromarxismus, Band IV, Wiener Verlag für Sozialforschung, Bremen: 2016, S. 86 (Link)
Kurt Gödel: Philosophische Notizbücher / Philosophical Notebooks / Maximen III / Maxims III. Herausgegeben von  Eva-Maria Engelen. De Gruyter, Berlin / Boston: 2021, S. 153 (Link). Anmerkung von Eva-Maria Engelen: "Leonhard Euler behauptete, seine ganze Mathematik konzentriere sich im Bleistift, mit dem er seine Berechnungen anstellt."


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Dank:
Ich danke wieder besonders Bernd-Christoph Kämper, aber auch Nicole Karfyllis und Marius Fränzel für ihre Hinweise und Recherchen. Großer Dank auch an Garson O' Toole für seine vorbildliche Arbeit und seine Frage.

Letzte Änderungen: 28/9 2022.


Dienstag, 13. September 2022

"Erzähle niemanden deine Pläne, zeige ihnen nur deine Ergebnisse." Pseudo-Albert-Einstein-Zitat

Pseudo-Albert-Einstein-Zitat.

Dieser Ratschlag einer unbekannten Person wird erst seit etwa 6 Jahren dem 1955 verstorbenen Physiker Albert Einstein untergeschoben und ist in seinen digitalisierten Schriften und in relevanten Nachschlagwerken nicht zu finden.
Vor der Zuschreibung an Albert Einstein wurde das Zitat als anonymer Motivationsspruch zuerst auf Englisch, später auch auf Deutsch verbreitet und ist inzwischen auch bei Influencerinnen, Motivationstrainern und bei Bodybuildern beliebt.


Wenn ein anonymes Meme sich schnell verbreitet, dauert es oft nicht lange, bis es einer Autorität untergeschoben wird. So auch hier.

Auf Englisch wird das Anfang des 21. Jahrhunderts anonym entstandene Zitat inzwischen vereinzelt Buddha, C.G. Jung oder seit 2016 Lenonardo di Caprio und einigen anderen zugeschrieben, auf Deutsch vorerst anscheinend nur Albert Einstein.


Seriöse Belege für diese verschiedenen Zuschreibungen an moralische Autoritäten wurden von den Zitierenden nicht geliefert und sind auch nicht zu finden. Höchstwahrscheinlich werden sie auch nie gefunden werden.


Varianten des Zitats:


  • Don't tell me your plans, show me your progress.
  • You don't have to tell anyone your plans. Show them your actions.
  • Never tell anyone your plans, show them your results instead.
  • Don’t tell people your plans — show them your results.
  • Don't tell people your goals. Show them!
  • Erzähle niemanden deine Pläne, zeige ihnen nur die Ergebnisse.
  • Erzähle Menschen niemals deine Pläne, zeige ihnen nur deine Resultate.
  • Erzähle den Menschen nicht Deine Pläne. Zeige ihnen Deine Ergebnisse
  • Zeige ihnen nicht deine Pläne, zeige ihnen deine Ergebnisse.

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Quellen:

Google
archive.org 
genios.de
Alice Calaprice: "The Ultimate Quotable Einstein", Foreword: Freeman Dyson, Princeton University Press, Princeton and Oxford: 2011 [Das Zitat wird nicht erwähnt.]
Alice Calaprice: "Einstein sagt: Zitate, Einfälle, Gedanken", Vorwort von Freeman Dyson; übersetzt von Anita Ehlers, Piper Verlag, München / Berlin: 2015 ebook [Das Zitat wird nicht erwähnt.]
Einstein Archives Online  alberteinstein.info 
Eric J. Bolland: Strategizing: New Thinking about Strategy, Planning, and Management, Howard House, Bingley: 2020, S. 26 (Link) [Zuschreibung an Buddha]
Motivational Quotes by Carl Jung, 22. Februar 2021 (.youtube) [Zuschreibung an C.G. Jung]
"Europas MoneyCoach Nr.1"  (pinterest.de) [Zuschreibung an Bodo Schäfer]
Motivational Quotes, Wall Art, Typographic Poster (amazon.com) [Zuschreibung an Leonardo DiCaprio]

Beispiele für falsche Zuschreibungen an Albert Einstein:
Früheste Zuschreibung auf Twitter:
(twitter.com)
Albert Einstein: "Seine besten 10 #Zitate" (youtube.com)
"Albert Einstein Zitate": 
Facebook

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Dank:

Ich danke Matthias Christler für die Frage nach diesem Kuckuckszitat.


Artikel in Arbeit.



Sonntag, 12. Juni 2022

"Eine wirklich gute Idee erkennt man daran, dass ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erscheint." Albert Einstein (angeblich)

Pseudo-Albert-Einstein-Zitat.
Dieses Kuckuckszitat schreibt die Politikwissenschaftlerin Ulrike Guérot seit 10 Jahren in veränderten Versionen dem Physiker Albert Einstein zu, es ist aber weder so noch so ähnlich in Albert Einsteins digitalisierten Schriften und in relevanten Nachschlagwerken zu finden.

Kurze Geschichte dieses Pseudo-Albert-Einstein-Zitats:


40 Jahre nach Albert Einsteins Tod ist dieses Kuckuckszitat im Jahr 1996 auf Deutsch  aufgekommen, auf Englisch anscheinend erst ein Jahrzehnt später.

Bei der ersten Erwähnung des Zitats in einem Printmedium war sich der Autor noch nicht so sicher, ob das Zitat wirklich von Albert Einstein stammt.

1996
  • "Von Einstein soll der Satz stammen: Eine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vornherein ausgeschlossen scheint."

    Ralf-Dieter Brunowsky: "Brauchen wir das Internet?" Capital Nr. 12, 1996, S. 302 (genios.de)
In den folgenden Jahren wurde dieser Aphorismus laut der Zeitungssuchmaschine genios.de ein Dutzend Mal in verschiedenen Zeitungen zitiert und schließlich im Jahr 2009 in eine Zitatesammlung für Manager aufgenommen, was die Verbreitung des Falschzitats wahrscheinlich beschleunigt hat.

Auch auf Twitter ist das falsches Einstein-Zitat seit 2009 beliebt:

2009
  • "'Eine wirklich gute Idee erkennt man daran, dass ihre Verwirklichung von vornherein ausgeschlossen scheint.' Albert Einstein" Twitter
Im Jahr 2012 hat die Politikwissenschaftlerin Ulrike Guérot das Pseudo-Einstein-Zitat etwas umformuliert erstmals publiziert:

2012
  • "Die Europäische Kommission denkt derzeit über eine europäische Arbeitslosenversicherung nach. 'Unmöglich', ruft es aus dem Wald. Und wieder gilt, um mit Einstein zu sprechen: Keine Idee ist eine gute, die nicht von Anfang an als unmöglich erscheint."
    Ulrike Guérot: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 09.12.2012, Nr. 49, S. 41
Vier Jahre später hat Ulrike Guérot das falsche Albert-Einstein-Zitat noch einmal verändert:

2016
  • "'Keine Idee ist eine gute, die nicht am Anfang als völlig illusorisch erschien.' Albert Einstein"

    Ulrike Guérot: "Warum Europa eine Republik werden muss! Eine politische Utopie"
2016
  • "'Eine wirklich gute Idee erkennt man daran, dass ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erscheint. 'Albert Einstein #Innovation" Twitter

2022
  • "Die #Mondaymotivation kommt diesmal von Albert Einstein: 'Eine wirklich gute Idee erkennt man daran, dass ihre Verwirklichung von vorne herein ausgeschlossen erscheint.'" Twitter
Auf Englisch ist dieses falsche Albert-Einstein-Zitat viel weniger verbreitet als auf Deutsch. 
Pseudo-Albert-Einstein-Zitat.

  • "You can recognize a really good idea by the fact that its implementation seems impossible in the first place."
    wikiquote  Albert_Einstein, Rubrik: "Misattributed"

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Quellen:

The Collected Papers of Albert Einstein (https://einsteinpapers.press.princeton.edu/)
Alice Calaprice: "The Ultimate Quotable Einstein", Foreword: Freeman Dyson, Princeton University Press, Princeton and Oxford: 2011 [Ohne Erwähnung des Zitats.]
Alice Calaprice: "Einstein sagt: Zitate, Einfälle, Gedanken", Vorwort von Freeman Dyson; übersetzt von Anita Ehlers, Piper Verlag, München / Berlin: 2015 [Ohne Erwähnung des Zitats.]
wikiquote.org:   "Google shows that the internet often attributes this statement to Einstein, but never with a source. It does not occur in any book in Google Books."

Beispiele für falsche Zuschreibungen:

Ralf-Dieter Brunowsky: "Brauchen wir das Internet?" Capital Nr. 12, 1996, S. 302 (genios.de)
Ralf Steffler: "Am Anfang war das Bit Die neue Bibel der modernen Physik". BoD, Frankfurt am Main: 2003, S. 350 (Link)
Monika Mörtenhummer, Harald Mörtenhummer: "Zitate im Management: Das Beste von Top-Performern und Genies aus 2000 Jahren Weltwirtschaft." 2. Auflage, Linde, Wien: 2009, Ebook (books.google)
Ulrike Guérot: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 09.12.2012, Nr. 49, S. 41
Ulrike Guérot: "Warum Europa eine Republik werden muss! Eine politische Utopie",  Lizenzausgabe für die Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn: 2016, S. [folgt]
brandeins.de 2016, Thema: Innovation



Artikel in Arbeit.

Freitag, 29. April 2022

"Ich bin all jenen dankbar, die NEIN zu mir gesagt haben. Wegen ihnen habe ich es selbst gemacht." - Albert Einstein (angeblich)

Pseudo-Albert-Einstein-Zitat.

Auf Deutsch ist dieses Pseudo-Einstein-Zitat kaum 10 Jahre alt, auf Englisch ("I am thankful to all those who said NO to me. It's because of them I did it myself") tauchte es im Jahr 2008 auf Twitter auf, und wurde da bis heute hunderte Male zitiert. 

Seit ein paar Jahren wird das Zitat auch in Büchern und Zitatesammlung Albert Einstein zugeschrieben

Da dieser Motivationsspruch erst über 50 Jahre nach seinem Tod Albert Einstein erstmals zugeschrieben wurde, immer ohne Quellenangabe zitiert wird und in seinen digitalisierten Schriften und in relevanten Lexika nicht zu finden ist, ist es wohl ein Kuckuckszitat.

Pseudo-Albert-Einstein-Zitat.

Vielleicht stammt dieser Motivationsspruch von dem amerikanischen Selbsthilfebücher-Autor Wayne Dyer, wie zum Beispiel auf Quora behauptet wurde, aber ich habe noch keine verlässlichen Beleg dafür gefunden.

Der Gedanke, dass ein "Nein" auch nützlich sein kann, steht so wohl in mehreren Ratgeberbüchern, die positives Denken empfehlen. Ein Beispiel:

 1999

  • "I'm so grateful that I didn't get any of the jobs I wanted when I was interviewing for them. The people who said no to me did me a big favor because now I'm doing the kind of creative work I never would have imagined."
    Azriela Jaffe: "Starting from 'No': 10 strategies to overcome your fear of rejection and succeed in business" Dearborn, Chicago: 1999, S. 102 (archive.org)

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Quellen:
Google Englisch: "Ungefähr 19 400 Ergebnisse (0,52 Sekunden)"
 Google Deutsch:  "Ungefähr 994 Ergebnisse (0,50 Sekunden) "
The Collected Papers of Albert Einstein (https://einsteinpapers.press.princeton.edu/)
Alice Calaprice: "The Ultimate Quotable Einstein", Foreword: Freeman Dyson, Princeton University Press, Princeton and Oxford: 2011 [Ohne Erwähnung des Zitats.]
Alice Calaprice: "Einstein sagt: Zitate, Einfälle, Gedanken", Vorwort von Freeman Dyson; übersetzt von Anita Ehlers, Piper Verlag, München / Berlin: 2015 [Ohne Erwähnung des Zitats.]
Azriela Jaffe: "Starting from 'No': 10 strategies to overcome your fear of rejection and succeed in business" Dearborn, Chicago: 1999, S. 102 (archive.org) 
Quora  
 
Erste Erwähnung des Kuckuckzitats auf Twitter:
Englisch: 2008 Twitter,  10. August 2008
Deutsch: 2012  Twitter-Suche vor 2015
 
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Dank:
Ich danke Ben Singer  für den Hinweis auf dieses Falschzitat und Ralf Bülow für seine Recherchen.