Die Autorin vermischt in dieser Romanbiographie Cicero-Zitate mit erfundenen Zitaten, wie das bei einem anderen Pseudo-Cicero-Zitat aus diesem Buch schon analysiert wurde; der Satz: "The budget should be balanced, the treasury should be refilled, public debt should be reduced ...", wird heute auch sehr oft irrtümlich Cicero und nicht der Autorin zugeschrieben, wie man hier Snopes.com und hier Quoteinvestigator.com nachlesen kann.
Unser Zitat, "A nation can survive its fools, and even the ambitious. But it cannot survive treason from within", wird auch durch einen Text mit dem Titel "Cicero's Prognosis" verbreitet, der einem amerikanischen Höchstrichter und Gouverneur von Florida mit dem Namen M. F. Caldwell zugeschrieben wird, also einem Mann, dessen Nachnamen mit dem der Autorin Taylor Caldwell identisch ist.
"THE HONORABLE MILLARD F. CALDWELL Justice - Supreme Court Tallahassee, Florida" (Link) soll diesen Vortrag im Oktober jenes Jahres gehalten haben, in dem der Roman, aus dem unser Zitat stammt, erschienen ist. - Ich nehme an, die Zuschreibung an diesen Richter ist ein Irrtum. In der Datenbank der U.S. National Library of Medicine wird der Text "Cicero's Prognosis" einer Person mit dem Namen "Caldwell MF" (ohne genauere Daten über die Autorin) zugeordnet. (Link)
Wie auch immer: Auch Autorinnen und Autoren von Wikiquote haben unser Zitat in keinem Werk Ciceros gefunden, aber sie schreiben es dem Herrn, nicht der Frau Caldwell zu (Link) und konstatieren zurecht eine entfernte Ähnlichkeit einer Passage des Zitats mit einer Stelle in Ciceros 2. Catilinarischen Rede.
Pseudo-Cicero, 1965:
- "Eine Nation kann ihre Narren überleben – und sogar ihre ehrgeizigsten Bürger. Aber sie kann nicht den Verrat von innen überleben. Ein Feind vor den Toren ist weniger gefährlich, denn er ist bekannt und trägt seine Fahnen für jedermann sichtbar. Aber der Verräter bewegt sich frei innerhalb der Stadtmauern, sein hinterhältiges Flüstern raschelt durch alle Gassen und wird selbst in den Hallen der Regierung vernommen. Denn der Verräter tritt nicht als solcher in Escheinung: Er spricht in vertrauter Sprache, er hat ein vertrautes Gesicht, er benutzt vertraute Argumente, und er appelliert an die Gemeinheit, die tief verborgenen in den Herzen aller Menschen ruht. Er arbeitet darauf hin, dass die Seele einer Nation verfault. Er treibt sein Unwesen des Nächtens – heimlich und anonym – bis die Säulen der Nation untergraben sind. Er infiziert den politischen Körper der Nation dergestalt, bis dieser seine Abwehrkräfte verloren hat. Fürchtet nicht so sehr den Mörder. Fürchtet den Verräter. Er ist die wahre Pest!” –
- "A nation can survive its fools, and even the ambitious.
But it cannot survive treason from within. An enemy at the gates is less
formidable, for he is known and carries his banner openly. But the
traitor moves amongst those within the gate freely, his sly whispers
rustling through all the alleys, heard in the very halls of government
itself. For the traitor appears not a traitor; he speaks in accents
familiar to his victims, and he wears their face and their arguments, he
appeals to the baseness that lies deep in the hearts of all men. He
rots the soul of a nation, he works secretly and unknown in the night to
undermine the pillars of the city, he infects the body politic so that
it can no longer resist. A murderer is less to be feared. The traitor is
the carrier of the plague. You have unbarred the gates of Rome to him."
Taylor Caldwell, 1965 (Fast zeichengetreue Wiedergabe aus dem Roman: "A Pillar of Iron: A Novel of Ancient Rome"; zitiert nach "Cicero's prognosis" (Link) .)
Auszug aus Ciceros 2. Catilinarischer Rede vom 9. November 63 v. Chr.:
- "Nulla enim est natio, quam pertimescamus, nullus rex, qui bellum populo Romano facere possit. Omnia sunt externa unius virtute terra marique pacata: domesticum bellum manet, intus insidiae sunt, intus inclusum periculum est, intus est hostis. Cum luxuria nobis, cum amentia, cum scelere certandum est. Huic ego me bello ducem profiteor, Quirites; suscipio inimicitias hominum perditorum; quae sanari poterunt, quacumque ratione sanabo, quae resecanda erunt, non patiar ad perniciem civitatis manere. Proinde aut exeant aut quiescant aut, si et in urbe et in eadem mente permanent, ea, quae merentur, exspectent."
- "Denn es gibt keine Nation, die wir zu fürchten
hätten, keinen König, der mit dem Römervolk Krieg
zu führen vermöchte. Alle auswärtigen Verhältnisse
sind durch eines Mannes (Pompeius)
Tapferkeit zu Land und Meer friedlich geworden. Nur ein innerer
Krieg ist noch vorhanden, im Inneren bestehen Nachstellungen,
im Innern hat die Gefahr sich festgesetzt, im Innern ist der Feind.
Mit der Üppigkeit, mit dem Wahnsinn, mit dem Verbrechen haben
wir zu kämpfen. Für diesen Krieg, Quiriten,
erkläre ich mich zum Anführer; ich nehme die Feindschaft
dieser schlechten Menschen auf mich. Was noch zu heilen ist, will
ich, so gut ich kann, heilen. Was ausgeschnitten werden muss,
werde ich nicht zum Verderben des Staates weiter um sich greifen
lassen. Daher sollen jene entweder sich fortbegeben oder sich
ruhig verhalten oder, wenn sie in der Stadt und bei ihrer Gesinnung
bleiben, das Los erwarten, das sie verdienen."
Marcus Tullius Cicero: "In Catilinam II" 2. Catilinarische Rede, 63 AD, Übersetzung nach C.N.v.Osiander, Gottwein.de (Link)
Quellen:
Taylor Caldwell: "A Pillar of Iron: A Novel of Ancient Rome", 1965. (Eine Ausgabe von 1965 hatte ich noch nicht in der Hand.) Google Books: (Link)
Millard F. Caldwell (Probably falsely attributed): "Cicero's Prognosis." Association of American Physicians and Surgeons, Inc. A Voice for Private Physicians, Florida: (1965) 1996 (Link)
Marcus Tullius Cicero: "In Catilinam II" 2. Catilinarische Rede, 63 AD, Übersetzung nach C.N.v.Osiander, Gottwein.de (Link)
U.S. National Library of Medicine (Link)
Quoteinvestigator.com
Wikiquote
de.wikiquote
Snopes.com
1963: (Link)