Der Wiener Autor Friedrich Torberg hat diese Wendung in der Formulierung des ungarischen Schriftstellers Ferenc Molnár über einen problematischen Journalisten, der so lüge, "daß nicht einmal das Gegenteil wahr ist" (Link), weiter erzählt und später auch variiert.
Auch in einem Essay Kurt Tucholskys taucht 1927 die Wendung auf: Ein Minister habe "so schlecht gelogen, dass nicht einmal das Gegenteil von dem wahr war, was er sagte." (Link)
1920 schreibt Karl Kraus von Notlügen, "von denen nicht einmal das Gegenteil wahr ist", aber die ihm zugeschriebene Verallgemeinerung, "Es gibt Dinge, die so falsch sind, dass nicht einmal das Gegenteil wahr ist", stammt nicht von Karl Kraus, sondern wurde ihm seit 1976 (ursprünglich von
Henryk M. Broder) unterschoben.
1915, Unbekannt
- "Nach den Lügen des 'Temps',
von denen wenigstens das Gegenteil wahr ist, seien jetzt einige andere
Lügen vorgeführt, die so dreist sind, daß nicht einmal ihr Gegenteil
wahr sein kann."
"Ein Tag des Weltkrieges" ("Von unserem militärischen Mitarbeiter), Pester Llyod, 11. Mai 1915, S. 3 (Link)
1920, Karl Kraus
- "Dankbar bin ich keinem dafür, des kann er versichert sein, und die Idee, daß ich auf solche Beute lauere oder das Druckbild einer schändlichen Zeit durchwühle, um michsatirisch zu befriedigen und mit Zeitungspapier mir warm zu machen, gehört zu jenen armseligen Notlügen einer durch meinen Blick beengten Gegenwart, von denen nicht einmal das Gegenteil wahr ist."
Karl Kraus, 1920
1925, Karl Kraus
- "Aber im Fall des Herrn Otto Ernst, den ich nie gekannt habe und der nie ein mir bekanntes Wort gegen mich geschrieben hat, ist nicht einmal das Gegenteil wahr."
Karl Kraus, 1925
1927, Kurt Tucholsky
- Wenn Ihr Junge in der Schule nicht versetzt wird, dann darf er mit Ihnen
nicht ins Theater gehen. Wenn ein Minister seine Aufgabe bis zum
blamablen Zusammenbruch verfehlt hat, Fehler auf Fehler gehäuft,
gelogen, aber schlecht gelogen, so schlecht gelogen, dass nicht einmal
das Gegenteil von dem wahr war, was er sagte, geschoben, aber dumm
geschoben, getäuscht, aber unvollkommen getäuscht –: dann geschieht was?
Dann fährt er, unwiderruflich, liebe Frau, ins Ausland. Zur Erholung,
liebe Frau.
Kurt Tucholsky (Ignaz Wrobel): "Was soll er denn einmal werden?" Die Weltbühne, 10. Juli 1928, Nr. 28, S. 60 (Link)
- "Von einem Journalisten, der mit der Wahrheit besonders wüst und willkürlich umsprang, sagte er: 'Ein unverläßlicher Mensch. Er lügt so, daß nicht einmal das Gegenteil wahr ist'."
Der Monat, Band 9, 1956, S. 62 (Link)
Quellen:
Pester Llyod, 11. Mai 1915, S. 3 (Link)
Friedrich Torberg, Der Monat, Band 9, 1956, S. 62 (Link)
Kurt Tucholsky (Ignaz Wrobel): "Was soll er denn einmal werden?" Die Weltbühne, 10. Juli 1928, Nr. 28, S. 60 (Link)
Karl Kraus: Die Fackel Nr. 554-556, 1920, S. 47
Karl Kraus: Die Fackel Nr. 686-690, 1925, S. 88
Kurt Tucholsky (Ignaz Wrobel): "Was soll er denn einmal werden?" Die Weltbühne, 10. Juli 1928, Nr. 28, S. 60 (Link)
Henryk M. Broder hat dieses Pseudo-Karl-Kraus-Zitat 1976 unter die Leute gebracht, und später - zum Beispiel 2009 - in einem Interview
(Artikel in Arbeit)