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Donnerstag, 21. Dezember 2017

"Wir können den Wind nicht ändern, aber die Segel anders setzen." Aristoteles (angeblich)

 
Pseudo-Aristoteles-Zitat.
Dieser Aphorismus ist  in verschiedenen Versionen seit dem 19. Jahrhundert in englischsprachiger Literatur verbreitet und wird erst im 21. Jahrhundert Aristoteles unterschoben.  

Wahrscheinlich wurde der Aphorismus 1859 von der 19jährigen Spiritualistin Cora L. V. Hatch   geprägt (Quote Investigator, Link).

In den Werken von Aristoteles ist der Spruch weder so noch so ähnlich so wenig zu finden wie in seriösen Nachschlagwerken zu Aristoteles.

Der "Wind" kommt seit biblischen und klassischen Zeiten metaphorisch in vielen Redensarten und Sprichwörtern vor, in der Kunstgeschichte symbolisiert er in der Renaissance im Zusammenhang mit aufgeblähten Segeln und dem Steuermann das Schicksal.

Walter Benjamin:
  • "Für den Dialektiker kommt es darauf an, den Wind der Weltgeschichte in den Segeln zu haben. Denken heißt bei ihm: Segel setzen. Wie sie gesetzt werden (-) das ist wichtig. Worte sind seine Segel. Wie sie gesetzt werden, das macht sie zum Begriff."
    Walter Benjamin, Das Passagen-Werk (Link)

Paul Tillich:
  • "In der Symbolik der Renaissancekunst wird das Schicksal durch den Wind dargestellt, der die Segel eines Schiffes aufbläst, während der Mensch am Steuer steht und die beabsichtigte Richtung soweit wie möglich einzuhalten sucht."
    Paul Tillich, Der Mut zum Sein (Link)
1859, Cora L. V. Hatch :
  • "You could not prevent a thunderstorm, but you could use the electricity; you could not direct the wind, but you could trim your sail so as to propel your vessel as you pleased, no matter which way the wind blew."
    Cora L. V. Hatch, 1859, Quote Investigator (Link)

Varianten:
  •  "As someone has said: we cannot direct the wind but we can adjust the sails."
  • "Like Mahatma Ghandi, 'we can't change the wind but we can adjust the sail'."
2010
  • Wir können dem Wind keine Befehle erteilen, aber wir können unsere Segel neu setzen und die Richtung ändern.  (anonym)
  • Sie können den Wind nicht ändern, aber Sie können versuchen, die Segel anders zu setzen.  (Deutsche Bootsweisheit) (Link)
  • "Wir können den Wind nicht ändern, aber die Segel anders setzen." Aristoteles  (Link)
2012
  • "Man kann den Wind nicht ändern, aber die Segel neu setzen."
2013
  • "Man kann den Wind nicht ändern, aber die Segel richtig setzen. (Quelle unbekannt)" (Link) 
  • "Wir können den Wind nicht lenken, aber wir können die Segel anpassen. Dolly Parton. "

Auch Garson O'Toole hat in seiner gründlichen Dokumentation der englischsprachigen Geschichte dieses Spruchs (Link) keinerlei Beziehung zu Aristoteles herausgefunden.

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Google
Google Books
Garson O'Toole (Quote Investigator): "We Cannot Direct the Wind, But We Can Adjust the Sails:  Cora L. V. Hatch? Thomas Sheridan? George Whyte-Melville? A. B. Kendig? Ella Wheeler Wilcox? Bertha Calloway? Jimmy Dean? Dolly Parton? Thomas S. Monson?" 2017,  (Link)

Frühe falsche Zuschreibungen an Aristoteles:
2005 (Link)
Google Books  

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Dank:
Dank an "Weltgeist is a bitch" für den Hinweis auf das Falschzitat und Garson O'Toole für seinen gründlichen Artikel darüber.

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Artikel in Arbeit.

Montag, 5. Juni 2017

"Durch die Gasse der Vorurteile muss die Wahrheit ständig Spießrute laufen." Indira Gandhi (angeblich)

Ich habe bis jetzt das Original dieses Zitats nicht gefunden. Es könnte ein falsch zugeschriebenes Zitat sein, aber ich bin mir keineswegs sicher.
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Quellen:
Indira Gandhi: "Selected Thoughts of Indira Gandhi: A Book of Quotes." 1985 Indira Gandhi quotes
"Der Standard", 3./4./5. Juni 2017, S. 30

Montag, 8. Mai 2017

"Zuerst ignorieren sie dich, dann lachen sie über dich, dann bekämpfen sie dich und dann gewinnst du." Mahatma Gandhi (angeblich)

Pseudo-Mahatma-Gandhi-Zitat.
 
Sarah Palin, Bernie Sanders, Donald Trump und Hillary Clinton haben diesen angeblichen Gandhi-Spruch verbreitet, so wie tausende andere auch, obwohl seit 2011 in verschiedensten Zeitungen zu lesen war, dass der Spruch falsch zugeschrieben wird.

Er ist die realistische Zusammenfassung der Erfahrung von vielen politischen Aktivisten. Gandhi hat es ähnlich erlebt und auch beschrieben, aber er hat diesen Spruch, der ihm seit 1981 untergeschoben wird, selber nie so prägnant gesagt.

Geprägt wurde der Aphorismus 1918 von einem US-Gewerkschafter namens Nicholas Klein, von dem man nicht viel mehr weiß, als dass er unseren globalen Wortschatz mit diesem Spruch bereichert hat. 
 
Er schrieb zum Beispiel für die Hobo News, eine Zeitung für obdachlose Arbeitsimmigranten (Hobos). Ursprünglich hatte der Spruch diese Fassung:

Nicholas Klein, 1918


  • "First they ignore you.
    Then they ridicule you.
    And then they attack you and want to burn you.
    And then they build monuments to you."
    Nicholas Klein, Baltimore, 15. Mai 1918 (Link)
  • "Und, liebe Freunde, in dieser Geschichte findet ihr die Historie unserer gesamten Bewegung wieder: Zuerst ignorieren sie dich. Dann machen sie dich lächerlich. Dann greifen sie dich an und wollen dich verbrennen. Und dann errichten sie dir Denkmäler. Und das ist genau das, was den vereinigten Arbeitern der Bekleidungsindustrie Amerikas passieren wird."
    Nicholas Klein, 15. Mai 1918, auf einem Gewerkschaftsstag der vereinigten Textilarbeiter Amerikas in Baltimore. (Übersetzung: Jungle World)

1922 schreibt Mahatma Gandhi: "Lächerlich gemacht zu werden ist wie Unterdrückung" ... "Wenn in einem zivilisierten Land der Spott eine Bewegung nicht umzubringen vermag, dann wird sie langsam respektiert".

Mahatma Gandhi, 1922

  • "Unfortunately for His Excellency the movement is likely to grow with ridicule as it is certain to flourish on repression. No vital movement can be killed except by the impatience, ignorance or laziness of its authors. A movement cannot be 'insane' that is conducted by men of action as I claim the members of the Non-co-operation Committee are. … Ridicule is like repression. Both give place to respect when they fail to produce the intended effect. … It will be admitted that non-co-operation has passed the stage [of] ridicule. Whether it will now be met by repression or respect remains to be seen. … But the testing time has now arrived. In a civilized country when ridicule fails to kill a movement it begins to command respect."
    Mahatma Ghandhi, Freedom's Battle, 1922 (Link) 




Pseudo-Gandhi-Zitat.

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Quellen:
Google-Statistik, Deutsch: "Ungefähr 38 000 Ergebnisse"
Google-Statistik, Englisch: "Ungefähr 98 700 Ergebnisse"

Nicholas Klein: "Address of Nicholas Klein to the Biennial Convention of the Amalgamated Clothing Workers of America", Baltimore, 15. Mai 1918, in:  Proceedings of the Third Biennial Convention of the Amalgamated Clothing Workers of America: 1918, S . 53;   (Link wikisource)
Mahatma Gandhi: "Freedom's Battle. Being a Comprehensive Collection of Writings and Speeches on the Present Situation." Second Edition: 1922, Gutenberg ebook: 2003 (Link) 
Wikiquote, Englisch 
Wikiquote, Deutsch
Elke Wittich, Boris Mayer: "Gandhi ist immer gut",  20. Oktober 2011, Jungle World
Snopes, "First They Ignore You, Then They Vote for You? A quote misattributed to Mahatma Gandhi started recirculating after it was tweeted by presidential candidate Donald Trump." 2016