Samstag, 15. Mai 2021

"Die Phantasie ist ein ewiger Frühling." Friedrich Schiller (angeblich)

 

Pseudo-Friedrich-Schiller-Zitat.
Wer den Satz "Die Phantasie ist ein ewiger Frühling" geprägt hat, ist noch unbekannt. 

Dieses beliebte angebliche Schiller-Zitat ist in den Schriften Friedrich Schillers nicht zu finden und taucht bei einer chronologischen Durchsuchung der digitalisierten Texte das erste Mal im Jahr 1980 in einer Aphorismensammlung auf (Link).

Diese Aphorismen-Sammlung Lothar Schmidts ist allerdings keine verlässliche Quelle für Zitate, da sie erstens die Zitate ohne Quellenangaben präsentiert und ich zweitens schon andere Falschzitate in dieser Sammlung entdeckt habe (Link).

So wie Klopstock, Goethe, Wieland oder Jean Paul verwendet auch Friedrich Schiller gelegentlich das Bild vom "ewigen Frühling", allerdings - so wie die anderen Autoren - nie im Zusammenhang mit dem Wort "Phantasie".

Das Bild des "ewigen Frühlings" geht  auf die Beschreibung des Goldenen Zeitalters in Ovids 'Metamorphosen' zurück, im Goldenen Zeitalter herrschte nach Ovid beständiger, "ewiger" Frühling: "ver erat aeternum" (Metamorphosen I, 107 ).

Das Zitat könnte als Paraphrase von Schillers Worten "Ewig jung ist nur die Phantasie" aus den letzten Zeilen von Friedrich Schillers fünfstrophigem Gedicht "An die Freunde" entstanden sein:

 

Friedrich Schiller: "An die Freunde", 1802

 
   " Alles wiederholt sich nur im Leben,
    Ewig jung ist nur die Phantasie;
    Was sich nie und nirgends hat begeben,
Das allein veraltet nie!"

 (Link)

Artikel in Arbeit.

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 Quellen:

genios.de
archive.org
anno
Friedrich Schiller: "An die Freunde" (Link);  (Link);
Friedrich Schiller: Sämtliche Werke, Auf Grund der Originaldrucke herausgegeben von Gerhard Fricke und Herbert G. Göpfert in Verbindung mit Herbert Stubenrauch, Band 1–5, 3. Auflage, München: Hanser, 1962 (vorerst zitiert nach zeno.org)

(Link)

Beispiele für falsche Zuschreibungen:

Lothar Schmidt: Aphorismen von A-Z: das grosse Handbuch geflügelter Definitionen, Drei Lilien Verlag, Wiesbaden: 1980, S. 338 (Link)


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Dank:

Ich danke Susanne Fischer für ihren Hinweis auf dieses Kuckuckszitat sowie Johannes Schneider und zitate.eu für die Erinnerung an Friedrich Schillers Gedicht "An die Freunde".