Freitag, 2. Oktober 2020

"Wer Bücher liest, schaut in die Welt und nicht nur bis zum Zaune." Johann Wofgang von Goethe (angeblich)

Pseudo-Johann-Wolfgang-von-Goethe-Zitat.

Dieses nicht nur  im Buchhandel beliebte Zitat wird Johann Wolfgang Goethe erst seit kaum 10 Jahren unterschoben und ist in seinen digitalisierten Werken und in Goethe-Lexika unauffindbar.

Entstanden ist der Spruch anscheinend als Werbeslogan für Zeitungen in den 1930er Jahren; die Redensart 'über den Zaun schauen' in der Bedeutung 'seinen Gesichtspunkt erweitern' ist allerdings schon viel älter:

  •  "Wer Zeitung liest, schaut in die Welt und nicht nur bis zum Zaun!"
  • Variante:
    "Wer das 'Salzburger Volksblatt' liest, schaut in die Welt und nicht nur bis zum Zaun!"

 

Das Kleine Blatt, 27. August, 1939, S. 19 (Link)


Salzburger Volksblatt, 10. Oktober 1936, S. 8 (Link).

Als der variierte Zeitungs-Werbespruch Anfang des 21. Jahrhunderts aufgekommen ist, wurde er noch nicht Goethe unterschoben, wie Moritz Jacob herausgefunden hat.

2004:

  • "Das Motto dieses Bücher-Flohmarktes lautet: Wer Bücher liest, schaut in die Welt und nicht nur bis zum Zaune."

Ein Jahrzehnt später schmückt das Pseudo-Goethe-Zitat schon die Wand einer Buchhandlung, taucht auch schon in angesehenen Zeitungen auf, und wenn es im Internet nicht Goethe unterschoben wird, wird es als italienisches Sprichwort bezeichnet.

Bei einer chronologischen Suche mit der Zeitungssuchmaschine genios.de findet man die falsche Zuschreibung an Goethe das erste Mal in einem Artikel über eine Veranstaltung der Stadtbibliothek der sächsischen Kleinstadt Bad Düben  in der Leipziger Volkszeitung am 12. Juni 2009.


 2018

  • "An einer freien Wand steht in Großbuchstaben: 'Wer Bücher liest, schaut in die Welt und nicht nur bis zum Zaune.' Das ist von Goethe und kann als aktueller Kommentar zur politischen Lage gelesen werden." (sueddeutsche.de)

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Pseudo-Johann-Wolfgang-von-Goethe-Zitat. Foto: Güsten, dpa (Link).

 

 


Artikel in Arbeit.

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Quellen:

Google

´genios.de 

ANNO

 

"Lexikon der Goethe-Zitate". Hrsg. von Richard Dobel, Artemis Verlag, Weltbild Verlag, Augsburg: 1991  

Das Kleine Blatt, 27. August, 1939, S. 19

Salzburger Volksblatt, 10. Oktober 1936, S. 8

Leipziger Volkszeitung, 12. Juni 2009 (genios.de)

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Dank:

Ich danke Moritz Jacob für die Aufdeckung dieses Kuckuckszitats und Ralf Bülow für seine Recherchen zur Vorgeschichte des Zitats.


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Anhang

 

Facebook, 27. September 2020:

Pseudo-Johann-Wolfgang-von-Goethe-Zitat.

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Pseudo-Johann-Wolfgang-von-Goethe-Zitat.