Sonntag, 11. Februar 2018

"Kein Wind ist demjenigen günstig, der nicht weiß, wohin er segeln will.“ Michel de Montaigne (angeblich)

"Nul vent fait pour celuy qui n'a point de port destiné."
Michel de Montaigne

Dieses Zitat des französichen Philosophen Michel de Montaigne  geht auf einen ähnlichen Satz von Lucius Annaeus Seneca in einem Brief an Lucilius aus dem Jahr 64 n. Chr. zurück.

Montaigne, Übersetzungen:

  • 1753: "Wer sich keinem gewissen Hafen vorgesetzet hat, dem ist kein Wind günstig." (Link)
  • 1793: "Wer nach keinem betimmten Hafen steuert, dem ist kein Wind günstig." (Link)
  • 1942: "Kein Wind dient dem Manne, der keinen Hafen ansteuert." (Link)
  • 1957: "Dem weht kein Wind, der keinen Hafen hat, nach dem er segelt."

  • "No wind serves him who has no destined port." (Link)
  • "No wind works for the man who has no port of destination. " (Link)    

Das Zitat Montaignes wird in den letzten Jahrzehnten sehr frei ins Deutsche übersetzt:
  • "Kein Wind ist demjenigen günstig, der nicht weiß, wohin er segeln will."
  • "Kein Wind ist dem günstig, der nicht weiß, wohin er segeln will."   
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  • "Aucun ne fait certain dessein de et puis y accommoder la main, l'arc, la corde, la fiesche, et les mouvemens. Nos conseils fourvoyent, parce qu'ils n'ont pas d'adresse et de but. Nul vent fait pour celuy qui n'a point de port destiné."
    Michel de Montaigne: Essais. Hrsg. v. Pierre Coste,  P. Gosse u. J. Neaulme, Haye: 1727,
    Livre Second, Chap. I, S. 12 (Link)

  • "Niemand macht einen festen Entwurf für sein Leben, und nur Theilweise nehmen wir es unter unsere Überlegung. Der Bogenschütze muß doch erst wissen, wohin er zielen soll, und dann erst seine Hand, den Bogen, Sehne, Pfeil und Schneller darnach einrichten. Unsre Anschläge sind nichtig, weil sie kein fest bezeichnetes Ziel haben. Wer nach keinem bestimmten Hafen steuert, dem ist kein Wind günstig."
    Michael Montaigne’s Gedanken und Meinungen über allerley Gegenstände. Ins Deutsche übersetzt.  F.T. Lagarde, Berlin: 1793, Band 3, Zweytes Buch, 1. Kapitel,  S. 17 (Link)

 Seneca: Moralische Briefe an Lucilius (Epistulae morales ad Lucilium), VIII, Brief LXXI, 3, 64 n. Chr.:

 

  • "ignoranti quem portum petat nullus suus ventus est."

     
  • "Wenn man nicht weiß, welchen Hafen man ansteuert, ist kein Wind günstig."
  • "Wer nicht weiß, welchen Hafen er anlaufen soll, bekommt keinen günstigen Wind." 
  • "Für einen, der nicht weiß, welchen Hafen er anlaufen soll, ist kein Fahrtwind günstig." 
  •  "Il n'y a point de vent favorable pour celui qui ne sait dans quel port il veut arrive." (Link)
  • "If one does not know to which port one is sailing, no wind is favorable."
  • "When a man does not know what harbour he is making for, no wind is the right wind."
  • "You Must Know Your Destination Port If You Wish to Catch A Favorable Wind."

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  • "Scire debet quid petat ille qui sagittam vult mittere, et tunc derigere ac moderari manu telum: errant consilia nostra, quia non habent quo derigantur; ignoranti quem portum petat nullus suus ventus est."
    Seneca, Brief LXXI an Lucilius (Link)
  • "Wissen muß, wohin zielt, wer einen Pfeil abschießen will, und dann ausrichten und lenken mit der Hand das Geschoß: In die Irre gehen unsere Pläne, weil sie kein Ziel haben, auf das sie ausgerichtet werden können. Wer nicht weiß, welchen Hafen er anlaufen soll, bekommt keinen günstigen Wind."
    Seneca, Brief LXXI an Lucilius


Oscar Wilde wird der Satz Senecas in der Version, "Günstige Winde kann nur der nutzen, der weiß, wohin er will", unterschoben (Link), wie Garson O'Toole dokumentiert hat (Link).

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Quellen:
Google
Google: Aucun vent ne sert celui qui dirige son voyage vers aucun port certain. "Ungefähr 5 Ergebnisse" 
Garson O'Toole (Quote Investigator): "You Must Know Your Destination Port If You Wish to Catch A Favorable Wind -  Oscar Wilde? Seneca the Younger? Leon Tec?", 2011 (Link)
Lucius Annaeus Seneca: Philosophische Schriften. Vierter Band: Ad Lucilium epistulae morales. An Lucilius Briefe über die Ethik 70—124. Hg. V. Manfred Rosenbach. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 1984, S. 21 (Link)
Moralische Briefe an Lucilius (Epistulae morales ad Lucilium), VIII, LXXI, 3  (Link)
Seneca: Letter LXXI: On the supreme good, line 3
L. Annaeus Seneca: Epistulae morales ad Lucilium, Hrsg. von Rainer Nickel, Band 1,  Artemis u. Winkler, 2007, S. 416 (Link)
Michel de Montaigne: Essais. Hrsg. v. Pierre Coste,  P. Gosse u. J. Neaulme, Haye: 1727, Livre Second, Chap. I, S. 12 (Link)
Michael Montaigne’s Gedanken und Meinungen über allerley Gegenstände. Ins Deutsche übersetzt.  F.T. Lagarde, Berlin: 1793, Band 3, Zweytes Buch, 1. Kapitel,  S. 17 (Link) 
Stefan Zweig: Montaigne. (1941, 1942 verfasst) Hrsg. von Karl-Maria Guth. Contumax, Berlin: 2015, S. 31 (Link)

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Dank:
Ich danke Tacita für den Hinweis auf dieses Zitat.

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Artikel in Arbeit.