Sonntag, 9. Juli 2017

„Wie viele Dinge gibt es doch, die ich nicht brauche!" Aristoteles (angeblich)




Dieses berühmte Sokrates-Zitat wird fälschlich Aristoteles zugeschrieben. Das Sokrates-Zitat stammt aus der im 3. Jahrhundert n. Chr. entstandenen Schrift: "Über Leben und Meinungen berühmter Philosophen" von Diogenes Laertios.
Erstmals Aristoteles unterschoben wurde dieses - inzwischen leider oft falsch zugeschriebene Zitat - im Jahr 2003 in einer völlig unseriösen Zitatesammlung für "Führungskräfte" (Link).

Diogenes Laertios hat viele Anekdoten von Philosophen gesammelt, oft ohne Angabe seiner Quellen. Im II. Buch seiner Schrift über die berühmten Philosophen, im 5. Kapitel,  25, schreibt er zu SOKRATES:

  •  "Πολλάκις δ' ἀφορῶν εἰς τὰ πλήθη τῶν πιπρασκομένων ἔλεγε πρὸς αὑτόν, 'Πόσων ἐγὼ χρείαν οὐκ ἔχω.'" (Link)
  • "Oft sagte er beim Anblick der massenhaften Verkaufsartikel zu sich selbst: 'Wie zahllos sind doch die Dinge, derer ich nicht bedarf!'" (Link)
  • "Often when he looked at the multitude of wares exposed for sale, he would say to himself, "How many things I can do without!"
  • "And when he saw the vast variety of Commo∣dities that were put to sale among the Multitude, he was wont to say to himself, How many things are there in the World of which I have no need!"

  • "Quelquefois il jetait les yeux sur la multitude des choses qui se vendaient à l'enchère, en pensant en lui-même : Que de choses dont je n'ai pas besoin!"
  • "Di quante cose non ho bisogno." (Link)

Dieses berühmte Sokrates-Zitat, von dem wir aus dem Altertum nur die eine Quelle in dem Text von  Diogenes Laertios kennen, wurde von vielen Philosophen kommentiert und von manchen Autoren  phantasiereich übersetzt:

1766
  • "Aber die durch Erfahrung gereifte Vernunft, welche zur Weisheit wird, spricht in dem Munde des Sokrates mitten unter den Waaren eines Jahrmarkts mit heiterer Seele: Wie viel Dinge gibt es doch, die ich alle nicht brauche!" Immanuel Kant (Link)
  • "Sokrates hat weislich gesprochen: Der sey Gott am nächsten, welcher in dieser Welt am wenigsten vonnöthen hat; und als er einstens einem prächtigen Aufzuge der Reichen zusah, so rief er aus: Gott Lob, daß ich so viele Dinge nicht brauche!" (Link)
1776
  • "Auch fodert das Beste der Menschheit nicht ungeheure Gelahrtheit von uns – der natürliche Mensch ruft, unter unsern Wissenschaften, wie Sokrates auf einem Jahrmarkte, aus; Gott sey Dank, wie viel ist hier, was ich nicht brauche."  (Link) 
1777
  • "wie Sokrates einst bey einem prächtig aus meublirten Pallaste: wie viel ist hier, das ich nicht brauche!" (Link)

1786
  • "Als Sokrates auf den Markt verschiedene schöne Sachen, die verkauft wurden, erblickte, sagte er: wie viel schöne Sachen sind hier, die ich nicht brauche. -" (Link)
1813
  • "Als S o k r a t e s einst über den Markt ging, wo eine Menge von Dingen da stand, rief er aus: 'wie viele Dinge, die ich nicht brauche!'" (Link)

 1822:
  • "Was sprach der philosophische Faun, / Als er vorüber dem Markt, dem waarengefüllten daherging: / '– O wie viel ist nicht hier, das ein Vernünft'ger nicht braucht!'" (Link)
1832
  • „Mitten unter den Schätzen des Luxus, rief Sokrates: „Wie Vieles ist, das ich nicht brauche.“  (Link)
 
1869
  • "Sokrates ..., welcher allen Strapazen trotzt, vor die Silberläden tritt um sich zu freuen, dass er so Vieles nicht brauche".  (Link)

1870
  • "Als Sokrates an Läden von Putzsachen vorüberging, rief er aus : Wie viele Dinge sind hier, die ich nicht brauche!" (Link)
 1871
  • "Jenes goldene Wort des Sokrates: „Wie vieles giebt es doch, das ich alles nicht brauche". (Link)

 2010
  •  "Als Sokrates einen Festzug durch Athen sah, bei dem Berge von Edelsteinen und Gold mitgeführt wurden, rief er nur: Seht nur, wie viele Dinge es gibt, die ich nicht brauche!" (Link)
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Quellen:
Google Books
Ingo Reichardt, Anne Reichardt: "Treffende Worte: 3000 Zitate für Führungskräfte." Linde Verlag, Wien: 2003, S. 89 (Link)
Diogenes Laertios: Leben und Meinungen berühmter Philosophen. Buch I–X. Übers.: Otto Apelt. Philosophische Bibliothek. Bd. 53/54, Felix Meiner Verlag, Leipzig: 1921, II. Buch, 5. Kapitel, Sokrates, 25  (Link)
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How many things I can do without
Socrates, on looking in the shop windows / On looking at an expensive shop