Donnerstag, 13. Dezember 2018

„Inder, Türken, Hottentotten sind sympathisch alle drei, wenn sie leben, lieben, lachen, fern von hier in der Türkei ..." Heinrich Heine (angeblich)

Diese hämischen, erbärmlich holprigen Verse haben mit dem brillanten deutschen Dichter Heinrich Heine, der engstirnige deutsche Patrioten gerne verspottete, gar nichts zu tun.

Erstmals aufgetaucht sind diese dümmlichen Zeilen 135 Jahre nach Heines Tod in einem Leserbrief an den Kölner Stadt-Anzeiger am 29. November 1991. Schon damals wandten sich Leute an das  Heine-Institut mit der Frage, ob diese Verse wirklich von Heinrich Heine stammten.

Hätte der Urheber dieser Verse sie unter seinem eigenen Namen publiziert, wären sie kaum sehr weit aus einem Kellerlokal fanatischer Nationalisten herausgekommen.

Unter dem erlogenen Dichternamen "Heinrich Heine" kamen die Zeilen aber über das ausländerhassende Milieu hinaus, da sie im 21. Jahrhundert auch durch Zeitungen wie der Kronen Zeitung und von Leuten wie Erika Steinbach und H.C. Strache auf Twitter und Facebook verbreitet wurden.

Seit 1991 weisen anerkannte Kennerinnen und Kenner der Werke Heinrich Heines (zum Beispiel im Heine-Jahrbuch von 1993 oder im Nordkurier 2018) auf Anfragen darauf hin, dass die Zuschreibung dieser Verse an Heinrich Heine erlogen und falsch ist.

Trotzdem wird mit diesem angeblichen Heine-Gedicht weiter Stimmung gegen Ausländer gemacht, auch wenn es noch niemand in einem Text Heinrich Heines, der als Ausländer  in Paris gestorben ist, gefunden hat.

Pseudo-Heinrich-Heine-Zitat:


  • "Inder, Türken, Hottentotten sind sympathisch alle drei,
    wenn sie leben, lieben, lachen, fern von hier in der Türkei.

    Doch wenn sie in hellen Scharen, wie der Maden in dem Speck
    in Europa nisten wollen, ist die Sympathie bald weg."
Pseudo-Heinrich-Heine-Zitat.


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Quellen:
Heinrich-Heine-Portal, Suchmaschine uni-trier.de
Heine-Jahrbuch 1993: books.google (bibliographische Angaben folgen)
nordkurier.de/kultur-und-freizeit/heinrich-heine-schrieb-nie-ueber-inder-tuerken-hottentotten-3131118201.html
Kronen Zeitung: zeitzuender.wordpress.com/2012/08/13/hetzerei-mit-falschem-heine-gedicht-uber-turken-und-inder-und-hottentotten-schwarze/

Beispiele für falsche Zuschreibungen:
1991: Kölner Stadt-Anzeiger, zitiert nach Heine-Jahrbuch 1993
2009: pi-news.net/2009/07
2012: Kronen Zeitung  (Link) (inzwischen gelöscht)
2013:  michael-mannheimer.net
2016: deutschelobbyinfo.com/
2017: Erika Steinbach Twitter (inzwischen gelöscht)
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Dank:
Ich danke Tobias Blanken für den Hinweis auf dieses Kuckuckszitat sowie Winfried Werner Linde und Julian Röpcke für ihre Recherchen dazu.

Artikel in Arbeit.

"Der Hauptgrund für Stress ist der tägliche Kontakt mit Idioten." Albert Einstein (angeblich)

Pseudo-Albert-Einstein-Zitat.

Dieses Pseudo-Albert-Einstein-Zitat ist noch keine zehn Jahre alt und nicht nur auf Facebook und Twitter inzwischen ziemlich beliebt

Der "lustige Spruch" wurde von einer unbekannten Person geprägt und auf Twitter das erste Mal Albert Einstein am 5. September 2016  zugeschrieben, in Zeitungen am 5. Oktober 2016 (laut genios.de).

In Büchern wird dieses Zitat laut einer Google-Books-Suche erst seit dem Jahr  2018 Albert Einstein untergeschoben.

Wer den Spruch (etwa auf Facebook) als Erster Albert Einstein zugeschrieben hat, ist unbekannt. 

 Auf Twitter war das Zitat als "lustiger Spruch" schon Monate vor der falschen Zuschreibung an Albert Einstein beliebt.

 

Beispiele für Tweets mit dem Spruch ohne Zuschreibung an Albert Einstein: 

 2. April 2016:


Twitter, 2. April 2016; ohne Zuschreibung an Einstein.
5. September 2016:
Twitter, 5. September 2016 (Link); ohne Zuschreibung an Einstein.  

Da der Spruch Albert Einstein ohne ersichtlichen Grund erst ein halbes Jahrhundert nach seinem Tod zugeschrieben wurde, immer ohne Quellenangabe zitiert wird, weder in den digitalisierten Texten Albert Einsteins noch in seriösen Nachschlagwerken zu finden ist, ist dieses Zitat ein typisches Kuckuckszitat des 21. Jahrhunderts.

 

Pseudo-Albert-Einstein-Zitat.


Es ist äußerst unwahrscheinlich, dass dieser Satz, der auf Englisch nahezu unbekannt ist, jemals in einem Text oder Interview Albert Einsteins gefunden werden wird.

 

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Quellen:

Alice Calaprice: "The Ultimate Quotable Einstein", Foreword: Freeman Dyson, Princeton University Press, Princeton and Oxford: 2011 (Das Zitat wird weder so noch so ähnlich erwähnt.)
 Alice Calaprice: "Einstein sagt: Zitate, Einfälle, Gedanken", Vorwort von Freeman Dyson; übersetzt von Anita Ehlers, Piper Verlag, München / Berlin: 2015 (Das Zitat wird weder so noch so ähnlich erwähnt.)
Arsenal of Wisdom:  "Falsche Zitate: Einstein und die Idioten", Blog-Artikel, 1. Dezember 2016 (arsenal-of-wisdom)
 
Beispiele für falsche Zuschreibungen des Witzes an Albert Einstein: 

Twitter:  5. September 2016; (Der Link zu der Quelle auf Facebook funktioniert nicht mehr.)
Mitteldeutsche Zeitung, 5. Oktober 2016 (genios.de, kostenpflichtig)
Hans-Erich Kirsch: "Das kleine Dorf und sein Schriftsteller", edition-winterwork, Borsdorf: 2018 ebook (Link) 
Alexander Paufler: "Führung - Kreativität - Innovation: Ein Leitfaden mit Denkstrategien und Denktaktiken für innovative Köpfe. SpringerGabler, Wiesbaden: 2019 S. 104 (Link)




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Dank:
Ich danke Eduard Habsburg für den Hinweis auf dieses Kuckuckszitat.

Letzte Änderungen: 14/9 2019; 4/10 2021 (Schwerpunkt auf Twitter; Streichung aller Nachweise in Foren, da deren Datierungen unsicher sind.).