Samstag, 3. Februar 2018

"Österreich ist eine kleine Welt, in der die große ihre Probe hält." Marie von Ebner-Eschenbach (angeblich)


Pseudo-Marie-von-Ebner-Eschenbach-Zitat.

Dieser in Österreich oft zitierte Vers aus einer Festrede von  Friedrich Hebbel wird manchmal irrtümlich Josef Weinheber, Franz Grillparzer oder Marie von Ebner-Eschenbach zugeschrieben.

Das Zitat stammt aus einer ungewöhnlich optimistischen Festrede von Friedrich Hebbel zum  Jahrestag der neuen österreichischen Verfassung, dem Februarpatent 1861


  •  Friedrich Hebbel, 1862

    "...
    Dies Oesterreich ist eine kleine Welt,
    In der die große ihre Probe hält,
    Und waltet erst bei uns das Gleichgewicht,
    So wird's auch in der andern wieder licht.
    Drum eilt, ihr wirkt ja für die gold'ne Zeit,
    Denn nicht im Dunkel der Vergangenheit
    Soll man sie suchen, vor uns liegt sie da.
    Einst wird geschehen, was noch nie geschah.
    Schaut hin auf Pericles und sein Athen
    Und fragt euch selbst: wie wird's auf Erden steh'n,
    Wenn die vereinten Kräfte des Geschlechts
    Sich rühren in dem Segen gleichen Rechts,
    Und wenn sich der Planet mit Blüten krönt,
    Wie sie das Beet, das Hellas hieß, verschönt'."


    Friedrich Hebbel: Prolog zum 26. Februar 1862 (Zu Wien im Operntheater gesprochen.) (Link)



Wenn Karl Kraus 1914 von "dieser Versuchsstation des Weltirrsinns" und der "österreichischen Versuchsstation des Weltuntergangs" schreibt, ist aller Optimismus des Festredners Hebbel über die Zukunft Österreichs als Probebühne der Welt verschwunden.



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 Quellen:
Google
Friedrich Hebbel's sämmtliche Werke, Band 7 Gedichte, Hoffmann und Campe, Hamburg: 1867, S. 280 (Link)
Karl Kraus: "Die Fackel", 1914, Nr. 398, S. 17, Nr. 400, S. 2, 46
Österreichische Akademie der Wissenschaften, AAC: DIE FACKEL von Karl Kraus (digitale Edition) 


Donnerstag, 1. Februar 2018

"Das Asylwerber kriminell werden, auch unter Umständen Raub begehen, dass ist Einzig und Allein die Schuld der Deutschen .." Aydan Özoğuz ‏(angeblich)



Dieses Zitat mit den vielen Rechtschreibfehlern ist ein übler Scherz, der der deutschen Integrationsbeauftragten unterschoben wurde und von der ehemaligen CDU-Abgeordneten Erika Steinbach weiterverbreitet wird, obwohl Staatsministerin Aydan Özoğuz‏ sie darauf aufmerksam gemacht hat, dass es - wie jedem aufmerksamen Leser sofort klar sein müsste - ein erfundenes, erlogenes Zitat ist.

Fabriziert hat diese Meme im Jahr 2015 Uwe Ostertag, ein  Mann, der der Meinung ist, man dürfe Personen peinliche Aussprüche, die sie nie gesagt haben, zuschreiben, wenn man darunter mit kleiner Schrift das Wort "Satire" hinzufügt.  

Das Amstgericht Würzburg war im Februar 2017 anderer Meinung und hat diesen Mann wegen Volksverhetzung und einiger anderer Delikte in 1. Instanz zu einer Freihheitsstrafe von 22 Monaten ohne Bewährung verurteilt (Link).

 (In der Version, die Erika Steinbach verbreitet, ist das Wort "Satire" weggelassen.)

Der Tweet Erika Steinbachs wurde über 300 Mal retweetet und offensichtlich glauben jetzt viele ihrer Follower, Aydan Özoğuz‏ habe diesen Blödsinn wirklich gesagt. 

Dieses Falschzitat über die angebliche "Schuld der Deutschen, weil deren Spendenbereitschaft zu wünschen übrig lässt", hat Empörung und Hass ausgelöst.


Reaktionen auf Twitter; zwei Beispiele von Dutzenden:

  • "Das ist eine Unverschämtheit, was diese Türkin da von sich gibt! Es ist nicht zu übersehen, dass nur in der SPD und bei den GRÜNEN solche abgetakelten "Damen" mit Migrationshintergrund Karriere machen können!"

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Nachtrag:
Erika Steinbach freut sich inzwischen übrigens, dass Twitter-Angestellte bei ihrem rufschädigenden, hassauslösenden Tweet keinen Regel- oder Gesetzesverstoß erkennen konnten (Link).

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Quellen:
Zu Uwe Ostertag:
Mimikama: (Link)  ; "Das hat Aydan Özoğuz nie gesagt!", 7. Februar 2018 (Link)
Timo Steppat: "Hass im Netz : Ich bin der Troll" FAZ, 8. September 2014 (Link)
mimikama.at/allgemein/ist-das-wieder-ein-ostertag/

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Dank:
Ich danke Tobias Blanken für den Hinweis auf dieses Falschzitat und den Leuten von Mimikama für ihre Dokumentationen zu Uwe Ostertag.



Mittwoch, 24. Januar 2018

"Am lautesten singen immer die, die falsch singen." Franz Grillparzer (angeblich)

Das Zitat ist etwas entstellt.

1834,  Grillparzer:
  • "In der Kirche singen immer die am lautesten, die falsch singen."
    Franz Grillparzer, 1834

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Quelle: 
Franz Grillparzer: Sämtliche Werke: 15. und 16. Band: Ästhetische Studien, Sprachliche Studien, Aphorismen, Studien zur Literatur, Nachdruck Verone: 2016, S. 175  (Link);
 (Link)

Freitag, 19. Januar 2018

"Wenn die Gleichheit regiert, wird das die schlimmste aller Diktaturen." Bakunin (angeblich)




Das ist ein kürzlich fabriziertes Pseudo-Bakunin-Zitat. Wer das Zitat in einer Schrift des russischen Anarchisten Bakunin findet, bekommt einen Finderlohn von mir, habe ich auf Twitter versprochen.

Mittwoch, 17. Januar 2018

"Circa 20 Jahre nach dem Untergang des Kommunismus werden in Deutschland wieder Menschen verhungern. Einfach so." Carl Friedrich von Weizsäcker (angeblich)

Seit etwa 2007 werden im Internet 12 Prophezeiung des Physikers und Friedensforschers Carl Friedrich von Weizsäcker verbreitet, die angeblich in seinem Buch "Der bedrohte Friede", Hanser Verlag, aus dem Jahr 1983 zu finden sind (Link).

Aber diese Prophezeiungen stammen nicht von Carl Friedrich von Weizsäcker, sondern von einer unbekannten Autorin oder einem unbekannten Autor.

In dem 648 Seiten starkem Buch Weizsäckers (alle Auflagen von 1981 bis 1983 haben dieselbe Seitenanzahl) mit der Sammlung von 53 Artikeln zur Politik aus den Jahren 1945 bis 1981 ist kein einziger Satz der 12 Prophezeiungen Weizsäcksers zu finden, wie einige, die diese falschen Prophezeiungen verbreitet haben, inzwischen auch zugeben (Link).

Diese falschen Prophezeiungen sind auch keine Paraphrasierungen von Sätzen, die Weizsäcker so ähnlich 1983 publiziert hat. Weder ich noch sonst jemand hat entsprechende Passagen in Weizsäckers Buch finden können.



Erfunden wurden diese angeblichen 1983er-Prophezeiungen 25 Jahre nach dem Jahr 1983 im Umkreis eines Vereins, dessen unbekannte Mitglieder sich "Neue Gemeinschaft von Philosophen" nennen und sich nach der Meinung einer anderern rechtsextremen Gruppierung als "das letzte schlagkräftige Bataillon des deutschen Volkes" verstehen.

Dieser Verein gibt "Reichsbriefe" heraus und die Carl Friedrich von Weizsäcker unterschobenen Prophezeiungen kann man im "Reichsbrief" Nr. 8 vom 29. September 2009 nachlesen (Link).
 

Pseudo-Friedrich-von-Weizsäcker-1983-Prophezeiungen (erlogen um 2007):

  1. Die Arbeitslosenzahlen werden weltweit ungeahnte Dimensionen erreichen.
  2. Die Löhne werden auf ein noch nie da gewesenes Minimum sinken.
  3. Alle Sozialsysteme werden mit dem Bankrott des Staates zusammenbrechen. Rentenzahlungen zuerst. Auslöser ist eine globale Wirtschaftskrise ungeheurer Dimension, die von Spekulanten ausgelöst wird.
  4. Circa 20 Jahre nach dem Untergang des Kommunismus werden in Deutschland wieder Menschen verhungern. Einfach so.
  5. Die Gefahr von Bürgerkriegen steigt weltweit dramatisch.
  6. Die herrschende Elite wird gezwungen, zu ihrem eigenen Schutz Privatarmeen zu unterhalten.
  7. Um ihre Herrschaft zu sichern, werden diese Eliten frühzeitig den totalen Überwachungsstaat schaffen, und eine weltweite Diktatur einführen.
  8. Die ergebenen Handlanger dieses “Geld-Adels” sind korrupte Politiker.
  9. Die Kapitalwelt fördert wie eh und je einen noch nie dagewesen Nationalismus (Faschismus), als Garant gegen einen eventuell wieder erstarkenden Kommunismus.
  10. Zum Zweck der Machterhaltung wird man die Weltbevölkerung auf ein Minimum reduzieren. Dies geschieht mittels künstlich erzeugter Krankheiten. Hierbei werden Bio-Waffen als Seuchen deklariert, aber auch mittels gezielten Hungersnöten und Kriegen. Als Grund dient die Erkenntnis, daß die meistenMenschen ihre eigene Ernährung nicht mehr finanzieren können, jetzt wärendie Reichen zu Hilfsmaßnahmen gezwungen, andernfalls entsteht für sie ein riesiges, gefährliches Konfliktpotential.
  11. Um Rohstoffbesitz und dem eigenen Machterhalt dienend, werden Großmächte Kriege mit Atomwaffen und anderen Massenvernichtungswaffen führen.
  12. Die Menschheit wird nach dem Niedergang des Kommunismus das skrupellosesteund menschenverachtendste System erleben, wie es die Menschheit noch niemals zuvorerlebt hat, ihr “Armageddon” (“Endkampf”).
    Das System, welches für diese Verbrechen verantwortlich ist, heißt ”unkontrollierter Kapitalismus
    “.

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Twitter:


Die ehemalige CDU-Politikerin Erika Steinbach, der es Spaß macht, erlogene Zitate zu verbreiten, hat auch ein Video dieser Pseudo-Weizsäcker-Prophezeiungen auf Twitter verbreitet:


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Ein Video von dieser plumpen Fälschung wurde mehr als 60.000 Mal angeklickt.

Man verbreitet Unwahrheiten und betont gleichzeitig treuherzig, der Wahrheit besonders verpflichtet zu sein und bemerkt die unfreiwillige Komik nicht, die durch diesen Widerspruch entsteht.

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Quellen:
Carl Friedrich von Weizsäcker: "Der bedrohte Friede: Carl Hanser Verlag, München, 1. Auflage: 1981, identische Auflagen 3 u. 4: 1983
altermannblog.de:  "CFv Weizsäckers Voraussagen", 2013f.

Diese Prophezeiungen werden auf Facebook, Twitter und Youtube, durch Leserbriefe und Postings sowie durch vier Bücher (Link) verbreitet. Eine Google-Suche ergibt ungefähr 1000 Treffer; einige Beispiele für die Verbreitung der 12 Kuckuckszitate:

Hans Peter Ackermann: "Verkauftes Land", Books on Demand, Norderstedt, 2009, S. 128  (Link)
Anonym (GFG): "Exodus: Aufbruch in eine neue Gesellschaftsordnung oder Warum der mündige Bürger für eine gerechte und friedvolle Gesellschaft eintreten muss",  Frieling Verlag, Berlin: 2015, S. 36ff. (Link)
pce.at/PDF
elo-forum.org 2014
politaia.org
"Reichsbrief" Nr. 8  – ALLEIN DIE WAHRHEIT FÜHRT ZUR FREIHEIT! – "Neue Gemeinschaft von Philosophen" 29. September 2009  (Link)
initiative vernunft. Impuls- und Informationsplattform für Mensch und Mitwelt in gemeinsamer Zukunft (Link) (Mit nicht auf dem ersten Blick ersichtlichem Hinweis, dass die Prophezeiungen in Weizsäckers Büchern nicht zu finden sind.)
(Google)

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Dank:
Ich danke Basso Continuo sehr für seinen Hinweis auf diese Pseudo-Prophezeiungen und seine  Recherchen. Dank auch an altermannblog.de,  der meines Wissens als Erster auf diese Fälschungen aufmerksam gemacht hat, sowie an Martha Bunk vom Hanser Verlag für ihre Auskunft.

Dienstag, 16. Januar 2018

"Das Auto ist eine vorübergehende Erscheinung. Ich glaube an das Pferd." Kaiser Wilhelm II. (angeblich)

Pseudo-Kaiser-Wilhelm II.-Zitat.
 Dieses inzwischen sehr weit verbreitete Zitat wurde Kaiser Wilhelm II. erst im 21. Jahrhundert untergeschoben. 

Es taucht um das Jahr 2000 im Usenet auf, 2001 in einem Buch, 2005 in einem Artikel in der "Welt" und wird seitdem in vielen unseriösen Zitatsammlungen, Managementratgebern, Zeitungen und auch im Mercedes-Benz Museum und durch Mercedes Werbung verbreitet (Link).

Datiert wird das Zitat "um 1900" sowie je nach Quelle mit dem Jahr 1904, 1905, 1906 oder 1916 und selten liest man wie im Mercedes-Benz Museum, dass das Zitat Kaiser Wilhelm nur "zugeschrieben" ist.

In den digitalisierten zeitgenössischen Büchern und Zeitungen ist das Zitat nicht zu finden. -

Allerdings gibt es in der Tat eine Prophezeiung Kaiser Wilhelms, etwas sei eine "vorübergehende Erscheinung": 

Im Januar 1900 prognostiziert Kaiser Wilhelm bei einer Feier der Technischen Hochschule in Berlin, die Sozialdemokratie sei eine 'vorübergehende Erscheinung' und lobt in der gleichen Rede die deutsche Technik, der erfreulicher Weise auch "das Ausland Achtung zolle".

Anders als das Auto-Zitat impliziert, zeigt sich Kaiser Wilhelm, der mehr noch als in seine Pferde in seine Dackel vernarrt war, in dieser Rede vom Fortschritt der Technik sehr angetan.

1900, Kaiser Wilhelm II:
  • "Die Socialdemokratie betrachte ich als vorübergehende Erscheinung. Die wird sich austoben."
    Kaiser Wilhelm, 10. Januar 1900, Berlin, Technische Hochschule, Jahrhundertwendefeier,
    Reichspost, 11. Januar 1900, S. 2 (Link)

 

Entwicklung des Kuckuckzitats:

 
1968
  • "Jeder Autounfall — und es gab deren nicht wenige - wurde besprochen, und die Neunmalweisen wiederholten ständig, daß sie es immer gesagt hatten, das Auto sei eine Plage und überdies nur eine vorübergehende Erscheinung - wer würde in ein paar Jahren noch vom Auto sprechen?"
    Ohne Zuschreibung an Kaiser Wilhelm, in: "St. Moritz: Die Geschichte des mondänsten Dorfs der Welt" (Link)
2000 Kreuzwort/FAZ
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 24.11.2000, Nr. 274, S. 11


Senkrecht: 1 Sind dort ein absolutes Muß[...]  2 "Ich glaube an das Pferd. Das halte ich für eine vorübergehende Modeerscheinung." (Wilhelm II.) 
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 24.11.2000, Nr. 274, S. 11

2001

  • "Ich glaube an das Pferd. Das Auto halte ich für eine
    vorrübergehende Modeerscheinung.
                                 -Kaiser Wilhelm II- "
    Kai Raphahn, 11. Januar 2001, de.alt.anime (Link);12. April 2001 (Link)
2001
  • "... Kaiser Wilhelm. Der sagte, ich halte nichts von dem Auto, ich setze auf das Pferd."
    (Link)
2002
  • "Und Kaiser Wilhelm II. erklärte noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts, das Auto werde auch beim Militär keine Zukunft haben, er setze auf das Pferd. "
    (Link)
2004
  • "Ich glaube an das Pferd. Das Automobil ist nur eine vorübergehende Erscheinung.
    (Kaiser Wilhelm II. )"
    12. August 2004  (Link)

2005
  • "Beckenbauer war sich 1990 sicher: "Wenn jetzt nach der Wiedervereinigung auch noch all die Fußballer aus dem Osten dazukommen, wird Deutschland auf Jahre hinaus unschlagbar sein." Ein anderer deutscher Kaiser (Wilhelm II.) war ähnlich treffsicher: "Ich glaube an das Pferd. Das Automobil ist nur eine vorübergehende Erscheinung." Nicht nur das Auto wurde unterschätzt. Als der erste Mikrochip auftauchte, fragten Ingenieure von IBM: 'Aber für was ist das gut?'"
    Dirk Maxeiner, Michael Miersch: "Wir glauben an das Pferd"
    "Die Welt" 20. Dezember 2005
    (Link)
2006
  • "Ganz oben am Eingang steht eine ausgestopfte Stute, daneben der Satz Wilhelms II. aus dem Jahr 1905: „Ich glaube an das Pferd. Das Automobil ist eine vorübergehende Erscheinung."
2013
  • "'Ich glaube an das Pferd. Das Automobil ist nur eine vorübergehende Erscheinung.'
    Kaiser Wilhelm II. (um 1900)"
    SPIEGEL Geschichte 3/2013, 28.Mai 2013 (Link)
     
2016
  • "In einem Mercedes Simplex sitzend, sagte Kaiser Wilhelm II. 1904: »Das Auto hat keine Zukunft. Ich setze auf das Pferd.« Und Gottlieb Daimler 1901: »Die weltweite Nachfrage nach Kraftfahrzeugen wird eine Million nicht überschreiten  - allein schon aus Mangel an verfügbaren Chauffeuren."
    (Link)


Varianten des Kuckuckszitats:


  • "I believe in the horse. The automobile is a temporary appearance - Wilhelm II, Emperor of Germany, 1916" 
  • "I believe in the horse. The automobile is only a passing phenomenon."
  • "I believe in horses. The automobile is a temporary phenomenon". 
(reddit.com) Pseudo-Kaiser-Wilhelm II.-Zitat. 
  • "Ich glaube an das Pferd. Das Automobil ist nur eine vorübergehende Erscheinung."
  • "Das Auto hat keine Zukunft, ich setze aufs Pferd." 
  • "'In fünf Jahren wird keiner mehr vom Auto reden. Ich setze aufs Pferd' (Kaiser Wilhelm II., 1905)."
  • "Der Motorkarren ist eine vorübergehende Erscheinung - ich setze auf das Pferd."  

Das Zitat wurde von einer unbekannten Person geprägt, und hat sich seit 2001 auf zehntausenden Webseiten verbreitet. Da es vor dem 21. Jahrhundert in keinem digitalisierten Text Kaiser Wilhelm zugeschrieben wird und auch in keinem seriösen Nachschlagwerk zu finden ist, ist es wohl in allen seinen Varianten ein Falschzitat.

Die Prophezeiung, das Auto sei "eine vorübergehende Erscheinung", war nachweislich schon in den 1960er Jahren bekannt, wurde damals aber noch keinem Kaiser in den Mund gelegt.
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Quellen:
Google
Anno
Reichspost 11. Januar 1900, S. 2 (Link)
Curt Riess: "St. Moritz: Die Geschichte des mondänsten Dorfs der Welt", Classen, Zürich: 1968, S. 68 (Link)
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 24.11.2000, Nr. 274, S. 11

Kai Raphahn, 11. Januar 2001, de.alt.anime (Link);12. April 2001 (Link)
Dirk Maxeiner, Michael Miersch: "Wir glauben an das Pferd", "Die Welt" 20. Dezember 2005 (Link)
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Artikel in Arbeit.
2001 (Link); Usenet, Kai Raphahn (Link)
2010: (Link)
(Link)
1900: "aber ich glaube, wenn man dem König Ludwig XVI. auf dem Wege zum Schaffott gesagt hätte, die Revolution ist nur eine vorübergehende Erscheinung, daß ihm das nicht gerade sehr zum Trost gereicht hätte." (Link)(Link)

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Dank:
Ich danke Nicole Karafyllis für ihren Hinweis auf den Dackel Erdmann.

Letzte Änderung: 23/1 2023; 27/1 2023 (Dackel) 

Montag, 15. Januar 2018

"Meine Sorgen möcht ich haben." Kurt Tucholsky (angeblich)

Karl Kraus hat diesen Satz ein halbes Jahr vor Kurt Tucholsky publiziert.


1930
  • "(Meine Sorgen möcht ich haben.)"
    Karl Kraus, September 1930,
    Die Fackel 838-844, S. 61: "Wegen der Maske!" (Link)
1931
  • "Meine Sorgen möcht ich haben."
    Kurt Tucholsky, 17. März 1931,
    Die Weltbühne, XXVII. Jahrgang, Nr. 11, S. 389:
    Kaspar Hauser (Pseudonym): "Zur soziologischen Psychologie der Löcher" (Link)
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Quellen:
Die Weltbühne, XXVII. Jahrgang, 17. März 1931, Nr. 11 S. 389 (Im Projekt Gutenberg wird diese  Satire irrtümlich Peter Panther zugeschrieben; im Original: Kaspar Hauser. Textlog.de: (Link))
Karl Kraus: Die Fackel, September 1930, Nr. 838-844, S. 61
Österreichische Akademie der Wissenschaften, AAC: DIE FACKEL von Karl Kraus (digitale Edition) 
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Dank:
Ich danke Andre Gottwald für das 'Fackel'-Zitat.