Obwohl der "SPIEGEL" (mit dem vielgelobten Archiv) und viele andere Zeitungen diesen Aphorismus Karl Kraus zuschreiben, ist er nicht von ihm.
Alfred Polgar sagte angeblich zu Friedrich Torberg: "Ich muß über die Stadt ein vernichtendes Urteil abgeben: Wien bleibt Wien."
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Quelle: Wikiquote Diskussion
FALSCHZITATE mit Belegen und Kommentaren. Hunderte falsche Zitate, Memes, Kuckuckszitate, Zitaträtsel, apokryphe, problematische und entstellte Zitate, misquotations, misattributed and fake quotes. (Die Sammlung wird laufend ergänzt.) Von GERALD KRIEGHOFER.
Montag, 24. April 2017
"Der Unglückliche ist häßlich, besonders wenn er lacht." Karl Kraus (angeblich)
Niemand aus der Karl-Kraus-Forschung hat diesen Satz so oder so ähnlich je in einem Text von Karl Kraus entdecken können. Also wird der Spruch irrtümlich Karl Kraus zugeschrieben.
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Quellen:
Österreichische Akademie der Wissenschaften, AAC: DIE FACKEL von Karl Kraus (digitale Ausgabe)
Twitter
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Quellen:
Österreichische Akademie der Wissenschaften, AAC: DIE FACKEL von Karl Kraus (digitale Ausgabe)
"Zu Hitler fällt mir nichts ein." Karl Kraus (angeblich)
Der erste Satz des 300 Seiten langen polemischen Essays über die Herrschaft Hitlers im Jahr 1933, der 1952 unter dem Titel "Die Dritte Walpurgisnacht" veröffentlicht wurde, lautet: "Mir fällt zu Hitler nichts ein". Gemeint war: nichts, was die Macht Hitlers beschränken und nichts, was den Opfern der Gewalt wirklich helfen könnte. Darüber hinaus ist dieser prägnante Satz eine Anspielung auf ein Bekenntnis von Karl Kraus aus dem Jahr 1925: "mir fällt zu jedem Dummkopf etwas ein".
Dieser Einleitungssatz wird später in der Formulierung: "Zu Hitler fällt mir nichts ein" populär. Diese Formulierung impliziert allerdings die falsche Annahme, Karl Kraus sei wirklich nichts zu Hitler und der NSDAP eingefallen.
In Wahrheit war das Aufkommen des Hakenkreuzes seit 1923 ein Thema von Karl Kraus, und seine "Dritte Walpurgisnacht" ist wohl die stärkste Analyse der ersten Monate der Gewaltherrschaft Hitlers. Die Folterungen in den ersten Konzentrationslagern kommen hier ebenso zur Sprache wie die "Worthelfer der Gewalt" Gottfried Benn und Martin Heidegger, der Jargon der Nazis wird ebenso analysiert wie die Unterwerfung sämtlicher gesellschaftlicher Institutionen unter dem Willen der NSDAP-Parteiführung, die im Nazijargon "Gleichschaltung" genannt wird.
Ernst Jünger, Hans Habe, Fritz J. Raddatz und viele andere meinten, Karl Kraus habe "Zu Hitler fällt mir nichts ein" geschrieben und ihm wäre in der Tat zu Hitler nichts eingefallen. Jochen Stremmel hat in seinem bewundernswert sorgfältigen Buch: "'Dritte Walpurgisnacht' Über einen Text von KARL KRAUS" einige der schiefen Wiedergaben und Interpretationen dieses Zitats gesammelt:
Jochen Stremmel: "Dritte Walpurgisnacht" Über einen Text von Karl Kraus, 1982, S. 220-222.
Dieser Einleitungssatz wird später in der Formulierung: "Zu Hitler fällt mir nichts ein" populär. Diese Formulierung impliziert allerdings die falsche Annahme, Karl Kraus sei wirklich nichts zu Hitler und der NSDAP eingefallen.
In Wahrheit war das Aufkommen des Hakenkreuzes seit 1923 ein Thema von Karl Kraus, und seine "Dritte Walpurgisnacht" ist wohl die stärkste Analyse der ersten Monate der Gewaltherrschaft Hitlers. Die Folterungen in den ersten Konzentrationslagern kommen hier ebenso zur Sprache wie die "Worthelfer der Gewalt" Gottfried Benn und Martin Heidegger, der Jargon der Nazis wird ebenso analysiert wie die Unterwerfung sämtlicher gesellschaftlicher Institutionen unter dem Willen der NSDAP-Parteiführung, die im Nazijargon "Gleichschaltung" genannt wird.
Karl Kraus
1925- "Produktion
Die Fülle meines Werks ist ungemein:
mir fällt zu jedem Dummkopf etwas ein."
Karl Kraus: "Die Fackel" 697-705, 1925, 61
- "Ich glaube, es kommt doch in der Literatur hauptsächlich darauf an, was einem einfällt, damit es Sprache werde, von der späterhin die Menschheit etwas zur Geistesbildung abgewinnt; und mir fällt weiß Gott zu jedem Dummkopf etwas ein — ich bin schon so kleinlich —, während der Zustand, in den ich den Gegner versetzt habe, sichtlich der einer Benommenheit ist, wo die Assoziationen durcheinanderflirren, ohne für den Sprachwert mehr als ein Lallen zu ergeben, und wo also von den faden Fehden ein Faden zu jenem Fötus führt, der noch fader ist."
Karl Kraus: "Die Fackel" 795-799, 1928, 97f.
- "Das stolz bekannte Nichts, das mir zu Hitler einfiel, schlägt,
denke ich, alles, was den aktiven Freiheitskämpfern nicht eingefallen ist."
Karl Kraus: "Die Fackel" 912-915, 1935, 70
- "Zu Hitler fällt mir was ein
Teppichbeißer, Vegetarier, Unmensch, Übermensch, Abstinenzler, Monster, Nichtraucher, Diktator, Gefreiter, Hundefreund, Dämon, Österreicher, Regierungsrat, Eintopfesser, Reichskanzler, Abenteurer, Junggeselle, Antisemit, Kunstmaler, Sadist, Schriftsteller, Putschist, politischer Gefangener, Klemmi, Ehrenbürger in Frankfurt, Bochum, Wuppertal, Zülpich, Recklinghausen, Bad Honnef, Bergisch Gladbach, Berchtesgaden und weiteren 132 deutschen Gemeinden. - Was noch?"
Henryk M. Broder, SPIEGEL SPECIAL 2/1989
Ernst Jünger, Hans Habe, Fritz J. Raddatz und viele andere meinten, Karl Kraus habe "Zu Hitler fällt mir nichts ein" geschrieben und ihm wäre in der Tat zu Hitler nichts eingefallen. Jochen Stremmel hat in seinem bewundernswert sorgfältigen Buch: "'Dritte Walpurgisnacht' Über einen Text von KARL KRAUS" einige der schiefen Wiedergaben und Interpretationen dieses Zitats gesammelt:
Jochen Stremmel: "Dritte Walpurgisnacht" Über einen Text von Karl Kraus, 1982, S. 220-222.
Dank für Hinweise und Anregungen
Für Fragen, Anregungen, Hilfe, Witz, Hinweise, Recherchen, Korrekturen und Kritik danke ich:
Besonders Garson O'Toole, Ralf Bülow, Basso Continuo, Zitante Christa, Michael Wollmann und Tobias Blanken, aber auch: Katharina Prager, Martin Anton Müller, Joseph Wälzholz, Julian Nordhues, Matthias Cremer, Brigitte Stocker, Valerié Robert, Paulus Esterhazy, Peter Daser, Eugen Pfister, Peter Plener, Eduard Habsburg, Friedrich Forssman, Markus Pirchner, Andrea Maria Dusl, Leigh Hunt, Axel Feuerherdt, Michael Gunczy, Kunstseidene, Kéri Will, Joesi Prokopetz, Zenon, Sigurd Paul Scheichl, Karin Koller, Frank Richter, Nicole delle Karth, Brigitte Fuchs, Michael Mayer, Peter Winslow, Klaus Kastenhofer, Wolfgang Kauders, Magica, Erich Neuwirth, Daniel Kosak, Lisi Moosmann, Kurt Fischer, Dennis Beck, Letnapark, Peter Rabl, Ingo Stützle, Oliver Rathkolb, Birgit Mathon, Juliane Fischer, werquer.works, Robert Misik, Thomas Hauer, Fanny Esterházy, Xoph da Prof, Astrid Dominiak , Buchhandlung am Turm, Birte Förster, Christina Dongowski, CurlySue, Lucile Dreidemy, Norbert Mayer, Giesbert Damaschke, Bernhard Forssman, Georg Hoffmann-Ostenhof, Walter Schübler, Renate Stark-Voit, Dr. Hausse, Clemens M. Schuster, Christian Seidl, Tomasz Michalski, Moritz Jacob, Peter Michael Braunwarth, Roland Reuß, Wolfgang Mieder, Armin Wolf, Oliver Grimm, Julia Ortner und Patrick Bahners.
(Diese Liste ist noch unvollständig. )
Es ist heutzutage - mit etwas Übung - in 90 von 100 Fällen nicht schwierig, ein falsches Zitat innerhalb von fünf Minuten als solches zu erkennen. Wenn mir ein Zitat verdächtig vorkommt, versuche ich den Kontext des Zitats zuerst bei Google Books , archive.org, dem Projekt Gutenberg und in Zeitungsarchiven herauszufinden. Danach gehe ich zu Wikiquote, das von Jahr zu Jahr verlässlicher wird, aber nicht blindes Vertrauen verdient sowie zu sorgfältig hergestellten Textsammlungen, die nicht mit Hilfe von Google durchsuchbar sind, wie zum Beispiel der digitalen "Fackel" der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Dann blättere ich fallweise in sorgfältig gemachten Nachschlagwerken und Studien, die nicht Online zur Verfügung stehen.
Online-Zitatesammlungen oder Zitatlexika wie "Zitate für Manager" meide ich vollständig, da sie alle zu fehlerhaft sind. Finde ich das Zitat nicht in einer seriösen Quelle, interessiert mich, seit wann es im Umlauf ist und ob es Ähnliches auf Englisch und Französisch gibt. Wenn das Zitat eines bekannten Autors in der Fachliteratur unbekannt ist, in keinem der seriösen Lexika von Oxford, Yale oder Reclam vorkommt, und das Zitat erst seit 20 Jahren in Umlauf ist, wenn noch dazu nie eine Quelle angegeben wird und es nur in Online-Zitate-Sammlungen verbucht ist: dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass es falsch zugeschrieben ist, sehr, sehr groß.
Am Ende frage ich zur Sicherheit eine kompetente Forschungsstelle, ob dort das Zitat schon einmal aufgetaucht ist. Die jeweiligen Forscherinnen und Forscher wissen auch, wieviel Texte aus ihrem Arbeitsgebiet mit Hilfe von Suchmachinen durchsuchbar sind und wieviele nicht.
Einige Zweifelsfälle können allerdings nur sehr zeitaufwendig geklärt werden. Man darf nicht vergessen, dass die Bücher bei Google Books mit Fehlern auf fast jeder Seite eingelesen wurden und man sich nie vollständig sicher sein kann, ob eine resultatlose Suche nicht auf Grund von Fehlern bei Google Books oder eigenen Fehlern erfolglos geblieben ist. Auch sind ja nicht alle Klassiker vollständig digitalisiert. Das Gesamtwerk eines Autors vermögen nur jene zu überblicken, die es jahrelang studiert haben. Auch sind viele digitalisierte Ausgaben von Klassikern entsetzlich fehlerhaft. Deswegen können am Ende doch nur spezialisierte Philologen für ihr Fachgebiet entscheiden, ob ein zweifelhaftes Zitat korrekt zugeschrieben wird oder nicht. Es ist wesentlich weniger zeitaufwendig, ein falsches Zitat zu verbreiten als nachzuweisen, dass es inkorrekt oder falsch zugeschrieben ist.
Durch das Internet verbreiten sich falsche Zitate zwar schneller, aber es ist in der Regel auch einfacher, herauszufinden, ob ein Zitat stimmt oder nicht, da bereits hunderte Falschzitate auf diversen Seiten, zum Beispiel beim Quote Investigator oder bei Wikiquote dokumentiert sind. Wenn ich zu dem Ergebnis komme, ein Bonmot sei falsch zugeschrieben, gibt es übrigens einen einfachen Weg, das zu falsifizieren: man muss mir lediglich eine seriöse Quelle für das Zitat nennen, von dem ich nach einigen Recherchen und Diskussionen mit Kollegen sage: es gibt keine.
Da man sich ja auch selber manchmal irrt, bin ich meinen Kollegen und Kolleginnen in der Karl-Kraus-Forschung und jenen Philologinnen und Philologen, die meine Anfragen beantworten sowie den Leuten, die mit mir auf Twitter über problematische Zitate diskutieren, dankbar.
Besonders Garson O'Toole, Ralf Bülow, Basso Continuo, Zitante Christa, Michael Wollmann und Tobias Blanken, aber auch: Katharina Prager, Martin Anton Müller, Joseph Wälzholz, Julian Nordhues, Matthias Cremer, Brigitte Stocker, Valerié Robert, Paulus Esterhazy, Peter Daser, Eugen Pfister, Peter Plener, Eduard Habsburg, Friedrich Forssman, Markus Pirchner, Andrea Maria Dusl, Leigh Hunt, Axel Feuerherdt, Michael Gunczy, Kunstseidene, Kéri Will, Joesi Prokopetz, Zenon, Sigurd Paul Scheichl, Karin Koller, Frank Richter, Nicole delle Karth, Brigitte Fuchs, Michael Mayer, Peter Winslow, Klaus Kastenhofer, Wolfgang Kauders, Magica, Erich Neuwirth, Daniel Kosak, Lisi Moosmann, Kurt Fischer, Dennis Beck, Letnapark, Peter Rabl, Ingo Stützle, Oliver Rathkolb, Birgit Mathon, Juliane Fischer, werquer.works, Robert Misik, Thomas Hauer, Fanny Esterházy, Xoph da Prof, Astrid Dominiak , Buchhandlung am Turm, Birte Förster, Christina Dongowski, CurlySue, Lucile Dreidemy, Norbert Mayer, Giesbert Damaschke, Bernhard Forssman, Georg Hoffmann-Ostenhof, Walter Schübler, Renate Stark-Voit, Dr. Hausse, Clemens M. Schuster, Christian Seidl, Tomasz Michalski, Moritz Jacob, Peter Michael Braunwarth, Roland Reuß, Wolfgang Mieder, Armin Wolf, Oliver Grimm, Julia Ortner und Patrick Bahners.
(Diese Liste ist noch unvollständig. )
Es ist heutzutage - mit etwas Übung - in 90 von 100 Fällen nicht schwierig, ein falsches Zitat innerhalb von fünf Minuten als solches zu erkennen. Wenn mir ein Zitat verdächtig vorkommt, versuche ich den Kontext des Zitats zuerst bei Google Books , archive.org, dem Projekt Gutenberg und in Zeitungsarchiven herauszufinden. Danach gehe ich zu Wikiquote, das von Jahr zu Jahr verlässlicher wird, aber nicht blindes Vertrauen verdient sowie zu sorgfältig hergestellten Textsammlungen, die nicht mit Hilfe von Google durchsuchbar sind, wie zum Beispiel der digitalen "Fackel" der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Dann blättere ich fallweise in sorgfältig gemachten Nachschlagwerken und Studien, die nicht Online zur Verfügung stehen.
Online-Zitatesammlungen oder Zitatlexika wie "Zitate für Manager" meide ich vollständig, da sie alle zu fehlerhaft sind. Finde ich das Zitat nicht in einer seriösen Quelle, interessiert mich, seit wann es im Umlauf ist und ob es Ähnliches auf Englisch und Französisch gibt. Wenn das Zitat eines bekannten Autors in der Fachliteratur unbekannt ist, in keinem der seriösen Lexika von Oxford, Yale oder Reclam vorkommt, und das Zitat erst seit 20 Jahren in Umlauf ist, wenn noch dazu nie eine Quelle angegeben wird und es nur in Online-Zitate-Sammlungen verbucht ist: dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass es falsch zugeschrieben ist, sehr, sehr groß.
Am Ende frage ich zur Sicherheit eine kompetente Forschungsstelle, ob dort das Zitat schon einmal aufgetaucht ist. Die jeweiligen Forscherinnen und Forscher wissen auch, wieviel Texte aus ihrem Arbeitsgebiet mit Hilfe von Suchmachinen durchsuchbar sind und wieviele nicht.
Einige Zweifelsfälle können allerdings nur sehr zeitaufwendig geklärt werden. Man darf nicht vergessen, dass die Bücher bei Google Books mit Fehlern auf fast jeder Seite eingelesen wurden und man sich nie vollständig sicher sein kann, ob eine resultatlose Suche nicht auf Grund von Fehlern bei Google Books oder eigenen Fehlern erfolglos geblieben ist. Auch sind ja nicht alle Klassiker vollständig digitalisiert. Das Gesamtwerk eines Autors vermögen nur jene zu überblicken, die es jahrelang studiert haben. Auch sind viele digitalisierte Ausgaben von Klassikern entsetzlich fehlerhaft. Deswegen können am Ende doch nur spezialisierte Philologen für ihr Fachgebiet entscheiden, ob ein zweifelhaftes Zitat korrekt zugeschrieben wird oder nicht. Es ist wesentlich weniger zeitaufwendig, ein falsches Zitat zu verbreiten als nachzuweisen, dass es inkorrekt oder falsch zugeschrieben ist.
Durch das Internet verbreiten sich falsche Zitate zwar schneller, aber es ist in der Regel auch einfacher, herauszufinden, ob ein Zitat stimmt oder nicht, da bereits hunderte Falschzitate auf diversen Seiten, zum Beispiel beim Quote Investigator oder bei Wikiquote dokumentiert sind. Wenn ich zu dem Ergebnis komme, ein Bonmot sei falsch zugeschrieben, gibt es übrigens einen einfachen Weg, das zu falsifizieren: man muss mir lediglich eine seriöse Quelle für das Zitat nennen, von dem ich nach einigen Recherchen und Diskussionen mit Kollegen sage: es gibt keine.
Da man sich ja auch selber manchmal irrt, bin ich meinen Kollegen und Kolleginnen in der Karl-Kraus-Forschung und jenen Philologinnen und Philologen, die meine Anfragen beantworten sowie den Leuten, die mit mir auf Twitter über problematische Zitate diskutieren, dankbar.
Sonntag, 23. April 2017
"We intend to turn Euope into a mixed race of Asians and Negroes ruled over by the Jews." Richard Coudenhove-Kalergi (angeblich)
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Pseuo-Coudenhove-Kalergi quote. |
Das stimmt alles so wenig wie die Behauptung, Coudenhove-Kalergi sei Jude gewesen. Dr. Richard Coudenhove-Kalergi wurde in Tokio als Sohn einer Japanerin geboren, die Vorfahren seines adeligen österreichischen Vaters sind seit den Kreuzzügen dokumentiert.
Richard Coudenhove-Kalergi wird auf rechtsextremen Seite auch das folgende Zitat unterschoben:
Jürgen Langowski ist einmal diesem Falschzitat nachgegangen und hat es in den behaupteten Quellen nicht gefunden (miscelle.de).
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Jürgen Langowski: "Herr Kleinsorg und die Bücherkiste Ein Mann packt aus. Oder ein. Je nachdem" miscelle.de
Vanessa Conze: "Richard Coudenhove-Kalergi: umstrittener Visionär Europas." Muster-Schmidt, Gleichen/ Zürich: 2004
(Link)
"Wähle den Beruf, den du liebst – und du musst keinen Tag in deinem Leben arbeiten." Konfuzius (angeblich)
![]() |
Pseudo-Confucius-Zitat. |
Dieses Zitat ist vor etwa 50 Jahren in Amerika entstanden und noch kein Forscher hat es in einem konfuzianischen Text gefunden. Es ist also ein Kuckuckszitat.
Der Quote Investigator Garson O'Toole hat herausgefunden, dass dieses populäre Konfuzius-Zitat - mit über 400.000 Treffern in einer Google-Suche-Statistik - wahrscheinlich von einem Lehrer des Philosophieprofessors Arthur Szathmary stammt.
Arthur Szathmary erinnerte sich an den Ausspruch seines alten Lehrers in einem Artikel für das "Princeton Alumni Weekly" im Jahr 1982:
- "An old-timer I knew used to tell his students: ‘Find something you love to do and you’ll never have to work a day in your life.’"
Zitiert nach (Quote Investigator)
Seit dem Jahr 1985 wurde dieses Zitat auf Englisch Konfuzius fälschlich zugeschrieben, seit dem Jahr 2007 auf Deutsch, und mit Hilfe von unseriösen Zitatesammlungen wurde das Falschzitat bald auf der ganzen Welt beliebt.
Pseudo-Konfuzius-Zitat. |
Varianten:
![]() |
Pseudo-Confucius quote. |
- "Choose a job you love, and you will never have to work a day in your life."
- "Choisissez un travail que vous aimez et vous n'aurez pas à travailler un seul jour de votre vie."
- "Scegli un lavoro che ami, e non dovrai lavorare neppure un giorno in vita tua."
- "Wähle den Beruf, den du liebst – und du musst keinen Tag in deinem Leben arbeiten."
- "Wähle einen Beruf, den du liebst, und du musst nie im Leben arbeiten."
- "Wähle einen Beruf, den du liebst, und du musst keinen einzigen Tag in deinem Leben arbeiten."
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Pseudo-Konfuzius-Zitat. |
______
Quellen:
Garson O'Toole: "Choose a Job You Love, and You Will Never Have To Work a Day in Your Life. Confucius? Arthur Szathmary? An Old-Timer? Janet Lambert-Moore? Harvey Mackay? Anonymous?" 2014 (Quote Investigator)
Konfuzius: "Gespräche (Lun-yu). Aus dem Chinesischen übersetzt und herausgegeben von Ralf Moritz, Philipp Reclam jun. (1988) Stuttgart: 1998.
Princeton Alumni Weekly, Princeton University Press, Princeton, New Jersey: October 6, 1982, S. 32 [Zitiert nach Garson O'Toole.]
Beispiele für falsche Zuschreibungen:
"Geistreiches für Manager" Neu ausgewählt von Hermann Simon, Campus Verlag, Frankfurt am Main / New York: 2009, S. 204 (Link)
Bert Forschelen: "Kompendium der Zitate für Unternehmer und Führungskräfte: Über 5000 Aphorismen für Reden und Texte im Management." Springer Gabler, Wiesbaden: 2017, S. 13 (Link)
_________
Ich danke Astrid Dominiak für den Hinweis auf Twitter und wie so oft Garson O'Toole für seine gründliche Arbeit.
Ich danke Astrid Dominiak für den Hinweis auf Twitter und wie so oft Garson O'Toole für seine gründliche Arbeit.
Letzte Änderungen: 7/7 2022
"Siegen macht dumm." Sokrates (angeblich)
Der Spruch "Siegen macht dumm" ist noch keine 70 Jahre alt und wird zum Beispiel von dem Philosophen Richard David Precht in Talk Shows öfters fälschlich Sokrates zugeschrieben. Geprägt hat die Wendung wahrscheinlich Bertolt Brecht. Vor dem Erstdruck seinens Ausspruchs ist in keinem digitalisierten Druckwerk die Wendung zu finden. Durch ein Spiegel-Interview mit Günter Grass wurde der Spruch später populär.
1963:
2009
Ich danke Ralf Bülow für den Hinweis auf den Erstdruck.
__________
Twitter:
___________
Quellen:
Kerstin Holzer im Gespräch mit Richard David Precht: „Kreativität entsteht aus Mangel“, FOCUS Nr. 34 2009, 17. August 2009
Martin Doerry und Volker Hage: "Siegen macht dumm." Günter Grass in einem SPIEGEL-Gespräch, DER SPIEGEL, 35/2003, 25. August 2003
Günther Weisedborn: "Die Entlarvung der Großen und der Kleinen, Ein Brecht-Stück, das nicht mehr geschrieben wurde: Der Eulenspiegel", Die ZEIT Nr. 52/1963, 27. Dezember 1963 (Erstdruck)
Bertolt Brecht, Texte für Filme, Theater, Band 4, Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main: 1967, S. 281; Gesammelte Werke, Supplementband, Bd. 2, Texte für Filme II, Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main: 196p, S. 634 (Link)
1963:
- "Wir müßten eine Situation aus den Bauernkriegen auswählen, wenn wir
realistisch vorgehen wollen. Eine Ritterschaft in Franken vielleicht.
Die Bauern müßten einen gewissen Sieg hinter sich haben und am weiteren
Kampf nicht mehr interessiert sein. Sie nehmen von den Plänen, die gegen
sie reifen, keine Notiz mehr. Man hat es ihnen gezeigt: Siegen macht
dumm."
Diktat von Bertolt Brecht zu dem geplanten Film "Der Eulenspiegel"; dieses Film- oder Theaterprojekt aus dem Jahr 1952 (?) wurde nie vollendet.
Erstdruck: Die Zeit, 52/1963, 27. Dezember 1963 (Link)
- "Man hat es ihnen gezeigt: Siegen macht dumm."
Bertolt Brecht, 1967, Texte für Filme, Theater, Band 4, S. 281
- "Siegen mach glücklich. Viel siegen mach glücklich und dumm. Dauernd siegen macht dumm. Unterliegen macht intelligent. Viel unterliegen macht intelligent und bitter. Dauernd unterliegen macht bitter."
Horst Drescher: "Aus dem Zirkus Leben: Notizen 1969-1986", 1987
- "Siegen macht dumm", "Siegen macht gelegenlich dumm"
Günter Grass in einem SPIEGEL-Gespräch, DER SPIEGEL, 35/2003
2009
- FOCUS: Herr Precht, ethische Einsicht erfasst den Menschen
selten in guten Zeiten. Dürfen wir von der Debatte um Nullwachstum einen
gesellschaftlichen Moralschub erhoffen?
Precht: Ein schönes Indiz dafür wäre die Tatsache, dass Herr Wiedeking die Hälfte seiner Abfindung von 50 Millionen spendet, weil ihm das im Zweifelsfall zu mehr Genugtuung und Glück verhilft. Damit bestätigt er eine Binsenweisheit der sogenannten Glücksökonomie, dass ab einem bestimmten Einkommen Glück nicht mehr proportional zur Mehreinnahme steigt. Aber im Ernst. Es gibt diesen schönen Satz von Sokrates: Siegen macht dumm. Und in Gesellschaften, die sich zu Tode amüsieren, kann man keine Veränderungen durchführen. So gesehen haben wir eine Chance."
FOCUS, 17. August 2009, Kerstin Holzer im Gespräch mit Richard David Precht: „Kreativität entsteht aus Mangel“
Ich danke Ralf Bülow für den Hinweis auf den Erstdruck.
__________
Twitter:
Philosophierätsel.— gerald krieghofer (@krieghofer) 9. November 2013
"Siegen macht dumm."
Der Philosoph Richard David Precht sagt, das Zitat sei von Sokrates.
Stimmt das?
___________
Quellen:
Kerstin Holzer im Gespräch mit Richard David Precht: „Kreativität entsteht aus Mangel“, FOCUS Nr. 34 2009, 17. August 2009
Martin Doerry und Volker Hage: "Siegen macht dumm." Günter Grass in einem SPIEGEL-Gespräch, DER SPIEGEL, 35/2003, 25. August 2003
Günther Weisedborn: "Die Entlarvung der Großen und der Kleinen, Ein Brecht-Stück, das nicht mehr geschrieben wurde: Der Eulenspiegel", Die ZEIT Nr. 52/1963, 27. Dezember 1963 (Erstdruck)
Bertolt Brecht, Texte für Filme, Theater, Band 4, Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main: 1967, S. 281; Gesammelte Werke, Supplementband, Bd. 2, Texte für Filme II, Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main: 196p, S. 634 (Link)
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