Pseudo-Bertolt-Brecht-Zitat. |
In den letzten Jahrzehnten wurde dieser anonyme Spruch aus dem 19. Jahrhundert irrtümlich Bertolt Brecht, Kurt Tucholsky, Wilhelm Busch oder Heinrich Heine zugeschrieben.
Dieses Sprichwort taucht erstmals 1874 auf einem Schweizer Stimmzettel zur Wahl der Züricher Steuerkommission auf, was damals von vielen deutschen und österreichischen Zeitungen amüsiert berichtet wurde.
1874
- "(Wahlhumor) Auf einem Stimmzettel zur Wahl in die Züricher Steuerkommission war zu lesen:
'Nur die allergößten Kälber
Wählen ihre Metzger selber.' "
(Link)
Neues Fremden-Blatt, Abendausgabe, Wien, 27. Mai 1874, S. 2. |
Der Witz des unbekannten Autors wurde in den Jahren darauf weit verbreitet und von Sozialdemokraten schon vor dem 1. Weltkrieg bei Wahlen oft als Slogan verwendet.
Am häufigsten wird dieses Zitat heutzutage fälschlich Bertolt Brecht zugeschrieben:
Pseudo-Bertolt-Brecht-Zitat. |
Varianten:
- "Nur die allerdümmsten Kälber // wählen ihren Schlächter selber."
- "Nur die allergrößten Kälber wählen ihre Metzger selber."
- "Nur die dümmsten Kälber wählen ihre Schlächter selber."
- "Nur die dümmsten Kälber wählen ihre Metzger selber."
Bertolt Brecht spielt in dem "Kälbermarsch", seiner Parodie des Horst-Wessel-Liedes, in dem 1943 entstandenen Drama "Schwejk im Zweiten Weltkrieg" auf das Sprichwort an, aber er hat es selber weder geprägt noch in einer der ihm irrtümlich zugeschriebenen Versionen verwendet.
Bertolt Brecht
- "Hinter der Trommel her
Trotten die Kälber
Das Fell für die Trommel
Liefern sie selber.
Der Schlächter ruft:
Die Augen fest geschlossen
Das Kalb marschiert.
In ruhig festem Tritt.
Die Kälber, deren Blut im Schlachthaus schon geflossen
Marschiern im Geist in seinen Reihen mit."
_____
[Ist Ihnen ZITATFORSCHUNG etwas wert?]
_______
An Bertolt Brecht:
An Wilhem Busch:
__________
Dank:
Ich danke Christian Seidl und Wolfgang Gruber für ihre Hinweise auf den Schweizer Stimmzettel.
Letzte Änderungen: 17/6 2020; 3/12 2021.