Ein Leserbrief in der 'Presse' vom 13. November 2007 erinnert daran, dass nicht alle ehemaligen Untertanen von Kaiser Franz Joseph ihn ein "bisschen wie Gottvater" sahen, wie Otto Habsburg in einem Interview gemeint hat. Der Leserbriefschreiber zitiert, um diese Meinung zu korrigieren, die Verse Franz Joseph von Karl Kraus, allerdings unter Weglassung der Zeilen Wer, der ihn kannte, hat ihn auch gekannt? und Von wannen kam er und von welcher Art?, ohne diese Streichungen zu markieren. Vollständig lautet die Inschrift:
Franz Joseph
Wie war er? War er dumm? War er gescheit?
Wie fühlt' er? Hat es wirklich ihn gefreut?
War er ein Körper? War er nur ein Kleid?
War eine Seele in dem Staatsgewand?
Formte das Land ihn? Formte er das Land?
Wer, der ihn kannte, hat ihn auch gekannt?
Trug ein Gesicht er oder einen Bart?
Von wannen kam er und von welcher Art?
Blieb nichts ihm, nur das Wesen selbst erspart?
War die Figur er oder nur das Bild?
War er so grausam, wie er altersmild?
Zählt' er Gefallne wie erlegtes Wild?
Hat er's erwogen oder frisch gewagt?
Hat er auch sich, nicht nur die Welt geplagt?
Wollt' er die Handlung oder bloß den Akt?
Wollt' er den Krieg? Wollt' eigentlich er nur
Soldaten und von diesen die Montur,
von der den Knopf nur? Hatt' er eine Spur
von Tod und Liebe und vom Menschenleid?
Nie prägte mächtiger in ihre Zeit
jemals ihr Bild die Unpersönlichkeit.
(„Die Fackel“, Nr. 551, 1920, S. 18;
Worte in Versen V, Kraus-Schriften Bd. 9, S. 339)