Diese Maxime des griechischen Dichters
Pindar wird Johann Wolfgang von Goethe
fälschlich zugeschrieben und ist weder in seinen digitalisierten Schriften noch in Goethe-Lexika zu finden.
Pindars Maxime stammt in diesem Wortlaut von Friedrich Nietzsche, in dessen Schriften und Briefen sie fünfmal in leicht verschiedenen Versionen vorkommt. Auch der Untertitel von Nietzsches letztem Werk, "Ecce homo. Wie man wird was man ist", spielt auf diesen Pindarschen Aphorismus an.
Friedrich Nietzsche:
- 1876: „Werde der, der du bist“: das ist ein Zuruf, welcher immer nur bei wenig Menschen erlaubt, aber bei den allerwenigsten dieser Wenigen überflüssig ist.
- 1881: Werde fort und fort, der, der du bist —
der Lehrer und Bildner deiner selbst! Du bist kein Schriftsteller, du
schreibst nur für dich! So erhältst du das Gedächtniß an deine guten
Augenblicke und findest ihren Zusammenhang, die goldne Kette deines
Selbst!
- 1882: Pindar sagt einmal „werde der, der du bist!“ Treulich und ergeben F N.
- 1882: Was sagt dein Gewissen? — „Du sollst der werden, der du bist.“
- 1885: Der nämlich bin ich von Grund und Anbeginn,
ziehend, heranziehend, hinaufziehend, aufziehend, ein Zieher, Züchter
und Zuchtmeister, der sich nicht umsonst einstmals zusprach: „Werde, der du bist!“
- 1882: Leben Sie wohl! Wir wollen dem Leben ja nicht gram werden, sondern immer mehr werden, die wir sind — die „fröhlich-Wissenden.“
- 1882: Wir aber wollen Die werden, die wir sind, — die Neuen, die Einmaligen, die Unvergleichbaren, die Sich-selber-Gesetzgebenden, die Sich-selber-Schaffenden!
Von diesem Satz Pindars gibt es viele verschiedene Übersetzungen, aber keine von Goethe.
Pindar, Zweite Pythische Ode:
- "Werde welcher du bist erfahren". Übersetzt von Friedrich Hölderlin.
- "Werde der, der du bist!" Übersetzt von Friedrich Nietzsche.
- "Komm zur Kenntnis, von welcher Art du bist!" Übersetzt von Dieter Bremer.
- "Beginne zu erkennen, wer du bist." Übersetzt von Eugen Dönt.
- Become such as you are, having learned what that is.
- Be what you know you are.
- Become the one thou art.
Become who you are!
- Be true to thyself now that thou hast learnt what manner of man thou art.
- Having learned, become who you are.
- Deviens celui que tu es!
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Quellen:
"Lexikon der Goethe-Zitate". Hrsg. von Richard Dobel, Artemis Verlag, Weltbild Verlag, Augsburg: 1991
Pindar: "Siegeslieder" Griechisch - Deutsch, Übers.: Dieter Bremer, Sammlung Tusculum, Patmos Verlag, Düsseldorf/Zürich: 2003, Zweite Pytische Ode, S. 124/72; 125
(Link)
Pindar: "Oden", übersetzt und hrsg. von Eugen Dönt, Reclam, Stuttgart: 1986, S. 99
Friedrich Hölderlin: Pindar, in: Friedrich Hölderlin: Sämmtliche Werke, Band 15, hrsg. von D. E. Sattler, Stroemfeld/Stern, Frankfurt am Main: 1987, S. 219, Z. 131
(Link)
Friedrich Nietzsche: Nachgelassene Fragmente Oktober–Dezember 1876
Friedrich Nietzsche: Nachgelassene Fragmente Frühjahr–Herbst 1881
Friedrich Nietzsche: Brief an Lou von Salomé: vermutlich 10. Juni 1882
Friedrich Nietzsche: Die fröhliche Wissenschaft: § 270. Erste Veröff. 1882
Friedrich Nietzsche: Also sprach Zarathustra IV: Das Honig-Opfer. 1885
Timo Hoyer: "Nietzsche und die Pädagogik: Werk, Biografie und Rezeption", Königshausen u. Neumann, Würzburg: 2002, S. 418
(Link)
Andreas Urs Sommer: "Kommentar zu Nietzsches "Der Antichrist", "Ecce homo", "Dionysos-Dithyramben, Nietzsche contra Wagner", Nietzsche-Kommentar 6/2, De Gruyter, Berlin/ Boston: 2013, S. 354 (Link)
Beispiele für falsche Zuschreibung an Goethe:
1985
books.google
facebook
twitter
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Ich danke
Frank Richter für den Hinweis auf dieses Falschzitat.
Artikel in Arbeit.
(Link)
Johann Wolfgang von Goethe
- Mephistopheles:
"Du bist am Ende - was du bist.
Setz dir Perücken auf von Millionen Locken,
Setz deinen Fuß auf ellenhohe Socken,
Du bleibst doch immer, was du bist."
Faust I, 1806-10 (Link)
Urworte, orphisch
ΔΑΙΜΩΝ, Dämon
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Wie an dem Tag, der dich der Welt verliehen,
Die Sonne stand zum Gruße der Planeten,
Bist alsobald und fort und fort gediehen
Nach dem Gesetz, wonach du angetreten.
So mußt du sein, dir kannst du nicht entfliehen,
So sagten schon Sibyllen, so Propheten;
Und keine Zeit und keine Macht zerstückelt
Geprägte Form, die lebend sich entwickelt. |