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Donnerstag, 4. Juni 2020

"Gedacht ist nicht gesagt, gesagt ist nicht gehört, gehört ist nicht verstanden, verstanden ist nicht ..." Konrad Lorenz (angeblich)


Pseudo-Konrad-Lorenz-Zitat  (Link).

 

Dieses in der Kommunikationswissenschaft und bei Kommunikationstrainern beliebte Schema ist seit den 1980er Jahren nachweisbar und wird dem Verhaltensforscher Konrad Lorenz, dem Verkaufstrainer Heinz Goldmann und seit kurzem auch dem Kommunikationswissenschaftler Paul Watzlawick zugeschrieben.

  • "Gedacht ist nicht gesagt, gesagt ist nicht gehört, gehört ist nicht verstanden, verstanden ist nicht gewollt, gewollt ist nicht gekonnt, gekonnt und gewollt ist nicht getan und getan ist nicht beibehalten."

Das Schema scheint in Wien im Jahr 1986, vielleicht unter Mitwirkung des Physikers Herbert Pietschmann, entstanden zu sein, wobei der ursprüngliche Wortlaut im Laufe der Jahre öfters verändert wurde.

Bei einer chronologischen Google-Books-Suche taucht das Zitat das erste Mal im Jahr 1986 ohne Zuschreibung an einen Autor als "Regel für Führungspersonen" in der österreichischen Zeitschrift "Erziehung und Unterricht" auf:

1986
  • "Als richtige Regel für Führungspersonen wurde fogendes einfache Schema entwickelt:
    Gesagt ist nicht gehört / gehört ist nicht verstanden / verstanden ist nicht einverstanden / einverstanden ist nicht behalten / behalten ist nicht getan /
    getan ist nicht richtig/immer getan."

    "Erziehung und Unterricht: Österreichische Pädagogische Zeitschrift", 136. Jg,  Heft 9, November 1986,  Österreichischer Bundesverlag, Wien: 1986, S. 622  " (Link);  (Link) 
Fünf Jahre danach wird das etwas veränderte Zitat in derselben Zeitschrift "Dr. H. Pietschmann" zugeschrieben.

Der Wiener Physiker Herbert Pietschmann hat mir per E-Mail bestätigt, dass er das Zitat vor Jahrzehnten verwendet, vielleicht sogar geprägt hat, aber nach drei Jahrzehnten könne er die Autorschaft nicht mehr mit Sicherheit beanspruchen.

1991
  • "Gesagt ist noch nicht gehört, gehört ist noch nicht verstanden, verstanden ist noch nicht einverstanden, einverstanden ist noch nicht ausgeführt, ausgeführt ist noch nicht richtig ausgeführt. (Dr. H. Pietschmann)"  

    "Erziehung und Unterricht: Österreichische Pädagogische Zeitschrift", 141. Jg,  Heft 2, Februar 1991,  Österreichischer Bundesverlag, Wien: 1991, S. 129 (Link)

 Weitere Entwicklung des Zitats:


1991
  • "Warum es so schwierig ist, zu einer Verhaltensänderung zu kommen, veranschaulicht folgende Aussage: - Gesagt ist nicht gehört, gehört ist nicht verstanden, verstanden ist nicht akzeptiert, akzeptiert ist nicht gehandelt und gehandelt ist nicht beibehalten." [Anonym] (Link)

Etwa ein Jahrzehnt, nachdem die Maxime geprägt wurde, wurde sie Konrad Lorenz ohne Quellenangabe unterschoben:

1998
  • "Gesagt ist nicht gehört, gehört ist nicht verstanden, verstanden ist nicht einverstanden , einverstanden ist nicht angewendet angewendet ist noch lange nicht eingehalten. / Konrad Lorenz"

    Nikolaus B. Enkelmann: "Mit Freude erfolgreich sein: Motivieren - Begeistern - Überzeugen. Arbeitsbuch zur Persönlichkeitsbildung." mvg Verlag, München: (1998) 2013, S. 200 (Link)

2000
  • "Die nachfolgende Aussage von Konrad Lorenz, einem der großen deutschen Verhaltensforscher, möchte ich Ihnen in diesem Zusammenhang gerne vorstellen: »Gesagt ist nicht gehört, gehört ist nicht verstanden, verstanden ist nicht ..." (Link)

2001
  • "Gehört ist noch nicht verstanden ! Verstanden ist noch nicht einverstanden ! Einverstanden ist noch nicht getan ! Getan ist noch nicht selbstverständlich ! " (Link)
2006: Konrad Lorenz  (Link) 

2009
  • " 'Gesagt ist nicht gehört,
    gehört ist nicht verstanden,

    verstanden ist nicht einverstanden,

    einverstanden ist nicht getan,

    getan ist nicht richtig getan.'
    ... Das Zitat wird dem österreichischen Verhaltensforscher Konrad Lorenz (1903-1989) zugeschrieben." (Link)
2012

  •  "I recently came across the following, which was attributed to Konrad Lorenz. It’s quite profound, and is itself a wonderful example of clear and concise communication.
  1. What is thought is not said
  2. What is said is not heard
  3. What is heard is not understood
  4. What is understood is not believed
  5. What is believed is not yet advocated
  6. What is advocated is not yet acted on
  7. What is acted on is not yet completed"

    Jack Malcolm: "Why Communication Is a Hard Skill", 2012  (Link)



Pseudo-Konrad-Lorenz-Zitat (Link)


 2014
  • "Gesagt ist nicht gehört, gehört ist nicht verstanden, verstanden ist nicht begriffen, begriffen ist nicht getan." (Link)
 

2019 

  •  "Paul Watzlawick, der sich ebenfalls Gedanken zu diesem Kommunikationsmodell [dem Sender-Empfänger-Modell] machte und treffend formulierte:

    'Gedacht ist nicht gesagt, gesagt ist nicht gehört, gehört ist nicht verstanden, verstanden ist nicht gewollt, gewollt ist nicht gekonnt, gekonnt und gewollt ist nicht getan und getan ist nicht beibehalten.' "


    Andreas Werner, Christine Arlt-Palmer: "Leadership: Bewährte und aktuelle Aspekte der Führung." Kohlhammer, Stuttgart: 2019 ebook (Link)


Nach der derzeitigen Quellenlage gibt es keinen guten Grund, dieses Zitat Konrad Lorenz oder gar Paul Watzlawick zuzuschreiben.

Das Zitat wird manchmal auch dem Verkaufstrainer und Bestsellerautor Heinz Goldmann zugeschrieben, der es 10 Jahre nachdem es nachweislich geprägt wurde, in einem 1996 erschienenen Buch anscheinend zitiert hat. (Link)

 

Artikel in Arbeit.
 

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Quellen:
Google
Twitter
E-Mail von Herbert Pietschmann vom 4. Juni 2020
"Erziehung und Unterricht: Österreichische Pädagogische Zeitschrift", 136. Jg,  Heft 9, November 1986,  Österreichischer Bundesverlag, Wien: 1986, S. 622  " (Link);  (Link) 
"Erziehung und Unterricht: Österreichische Pädagogische Zeitschrift", 141. Jg,  Heft 2, Februar 1991,  Österreichischer Bundesverlag, Wien: 1991, S. 129 (Link)
Nikolaus B. Enkelmann: "Mit Freude erfolgreich sein: Motivieren - Begeistern - Überzeugen. Arbeitsbuch zur Persönlichkeitsbildung." mvg Verlag, München: (1998) 2013, S. 200 (Link)
 Jack Malcolm: "Why Communication Is a Hard Skill", 2012  (Link)
 Andreas Werner, Christine Arlt-Palmer: "Leadership: Bewährte und aktuelle Aspekte der Führung." Kohlhammer, Stuttgart: 2019 ebook (Link)
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Dank: Ich danke Oliver Claves für die Frage nach diesem Kuckuckszitat und Herbert Pietschmann für seine Antwort auf meine Frage.


Donnerstag, 13. Juni 2019

"Wer als Werkzeug nur einen Hammer hat, sieht in jedem Problem einen Nagel." Paul Watzlawick (angeblich)

Pseudo-Paul-Watzlawick-Zitat.

Dieser Aphorismus wurde in den 1960er Jahren in Amerika geprägt und wird seit 2006 auf Deutsch dem Kommunikationswissenschaftler Paul Watzlawick unterschoben.

Paul Watzlawick hat eine oft zitierte Geschichte mit einem Hammer und einem Nagel in seinem Bestseller "Anleitung zum Unglücklichsein"  erzählt, aber Watzlawicks "Geschichte mit dem Hammer" hat mit dem ihm später unterschobenen Aphorismus gar nichts zu tun:

 Paul Watzlawick, "Die Geschichte mit dem Hammer":

  • Ein Mann will ein Bild aufhängen. Den Nagel hat er, nicht aber den Hammer. Der Nachbar hat einen. Also beschließt unser Mann, hinüberzugehen und ihn auszuborgen. Doch da kommt ihm ein Zweifel: Was, wenn der Nachbar mir den Hammer nicht leihen will? Gestern schon grüßte er mich nur so flüchtig. Vielleicht war er in Eile. Aber vielleicht war die Eile nur vorgetäuscht, und er hat etwas gegen mich. Und was? Ich habe ihm nichts angetan; der bildet sich da etwas ein. Wenn jemand von mir ein Werkzeug borgen wollte, ich gäbe es ihm sofort. Und warum er nicht? Wie kann man einem Mitmenschen einen so einfachen Gefallen abschlagen? Leute wie dieser Kerl vergiften einem das Leben. Und dann bildet er sich noch ein, ich sei auf ihn angewiesen. Bloß weil er einen Hammer hat. Jetzt reicht‘s mir wirklich! – Und so stürmt er hinüber, läutet, der Nachbar öffnet, doch bevor dieser »Guten Tag!« sagen kann, schreit ihn unser Mann an: »Behalten Sie sich Ihren Hammer, Sie Rüpel!«
    Paul Watzlawick:  »Anleitung zum Unglücklichsein«, Piper Verlag, München: 1983, S. 37f. (Wikipedia)

Auf Englisch wird der Aphorismus von Buddha bis Mark Twain vielen Berühmtheiten unterschoben.

Pseudo-Mark-Twain-Zitat.


Zitatexperten wie Ralph Keyes, Wolfgang Mieder und Garson O'Toole sind dem Fall gründlich nachgegangen und haben keine Spur dieses Zitats bei Mark Twain etc. gefunden.

Der Satz ist in unterschiedlichen Varianten von verschiedenen Personen zwischen 1962 und 1974 geprägt worden.

Abraham Kaplan (1962),  Silvan Tomkins (1963) und der Psychologe Abraham Maslow (1966) waren an der Entwicklung des Aphorismus beteiligt und er wird Abraham Maslow zurecht oft zugeschrieben, obwohl seine Fassung des Aphorismus erst nach ein paar späteren Veränderungen weltweit populär wurde.

Die Entwicklung des Aphorismus in Amerika ist online sehr übersichtlich auf Garson O'Tooles empfehlenswerter Webseite quoteinvestigator.com dokumentiert.


Varianten des Kuckuckszitats:

  • "If your only tool is a hammer then every problem looks like a nail."

  •  " »Wer nur einen Hammer hat, wird jedes Problem für einen Nagel halten«, sagte schon der Kommunikationspsychologe Paul Watzlawick."  (2006) (Link)
  • "Wer als Werkzeug nur einen Hammer hat, sieht in jedem Problem einen Nagel."

  • "Wer nur einen Hammer hat, für den sieht jedes Problem wie ein Nagel aus."
  • "Wenn man als Werkzeug nur einen Hammer zur Verfügung hat, wird man jedes Problem wie einen Nagel betrachten."
Ich kann noch nicht ganz ausschließen, dass Watzlawick in seinen letzten Lebensjahren den Spruch einmal erwähnt hat -, aber geprägt hat er ihn nicht. 

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Quellen:
Ralph Keyes: "The Quote Verifier: Who Said What, Where, and When." St. Martin's Griffin, New York: 2006, S. 87
"The Dictionary of Modern Proverbs". Zusammengestellt von Charles Clay Doyle, Wolfgang Mieder und Fred R. Shapiro, Yale University Press, New Haven: 2012, S. 114
Paul Watzlawick:  »Anleitung zum Unglücklichsein«, Piper Verlag, München: 1983, S. 37f. (Wikipedia)

Garson O'Toole: "If Your Only Tool Is a Hammer Then Every Problem Looks Like a NailMark Twain? Abraham Maslow? Abraham Kaplan? Silvan Tomkins? Kenneth Mark Colby? Lee Loevinger? Anonymous?" 2014 (quoteinvestigator.com)

1998: Usenet ohne Zuschreibung an Paul Watzlawick

Beispiele für Zuschreibungen an Paul Watzlawick:

2006: Anita von Hertel: "Grrr! Warum wir miteinander streiten und wie wir davon profitieren können", Campus Verlag: 2006 ebook (eventuell früheste Zuschreibung)
2006: docplayer.org/18162342-
2007: forum.skywarn.de

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Ich danke Garson O'Toole, Wolfgang Mieder und Ralph Keyes für ihre gründlichen Arbeiten und Shirley für ihre Frage zu diesem Kuckuckszitat.


In Arbeit.