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Samstag, 26. September 2020

"Vollständige Sorglosigkeit und eine unerschütterliche Zuversicht sind das Wesentliche eines glücklichen Lebens." Thomas von Aquin (angeblich)

Pseudo-Thomas-von-Aquin-Zitat.

 Dieser Gedanke stammt so ähnlich aus einer älteren Übersetzung von Senecas 44. Brief an Lucilius und wird im Internet seit ein paar Jahren irrtümlich manchmal Thomas von Aquin zugeschrieben.

 

Lucius Annaeus Seneca, 44. Brief an Lucilius: 


  • "Nam cum summa vitae beatae sit solida securitas et eius inconcussa fiducia .."

  •  "Denn während eine vollständige Sorglosigkeit und eine unerschütterliche Zuversicht das Wesentliche eines glücklichen Lebens ist ..."
    Übersetzt von Albert Forbiger.
  • "Denn da das Wesentliche an einem glücklichen Leben dauernde Sicherheit und deren unerschütterliche Gewißheit ist ..."
    Übersetzt von Gerhard Fink.

  • "For although the sum and substance of the happy life is unalloyed freedom from care, and though the secret of such freedom is unshaken confidence,  ..."
    Übersetzt von Richard M. Gummere.

 

Seneca, 44. Brief, bersetzt von Albert Forbiger (Link).

In der neuen Übersetzung von Gerhard Fink bekommt der Satz Senecas aus dem 44. Brief an Lucilius eine andere Bedeutung. In seiner Übersetzung heisst es nicht "vollständige Sorglosigkeit", sondern: "dauernde Sicherheit".


Seneca, 44. Brief, übersetzt von Gerhard Fink (Link)


Seneca, 44. Brief (Link)
 

Seneca, 44. Brief an Lucius.


Artikel in Arbeit.

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Quellen:

Ausgewählte Schriften des Philosophen Lucius Annäus Seneca. Uebersetzt und durch Anmerkungen erläutert von Albert Forbiger, Erstes Bändchen, Krais u. Hoffmann, Stuttgart: 1866, S. 143 (Link)

Lucius Annaeus Seneca: Epistulae morales ad Lucilium / Briefe an Lucilius. Band 1, Lateinisch-deutsch. Herausgegeben und übersetzt von Gerhard Fink, Artemis u. Winkler; Patmos, Düsseldorf: 2007, 44. Brief  (Link) 


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Dank:

Ich danke flyte für die Frage nach diesem Falschzitat.



Samstag, 26. Januar 2019

"Habe das Schicksal lieb, denn es ist der Gang Gottes durch die Seele." Thomas von Aquin (angeblich)

Diese angebliche Thomas-von-Aquin-Maxime ist kaum 10 Jahre alt, existiert anscheinend nur auf Deutsch und wird immer ohne Quellenangabe zitiert.

Pseudo-Thomas-von-Aquin-Zitat.

Wer dieses Kuckuckszitat geprägt hat, ist unbekannt. Da das Zitat erst mehr als 700 Jahre nach dem Tod Thomas von Aquins aufgetaucht und in keinem seriösen Nachschlagwerk zu finden ist, sollte man davon ausgehen, dass es ihm unterschoben wurde, solange keine lateinische Quelle angegeben wird.

Der erste Teil der Maxime ("Habe das Schicksal lieb") wiederholt die von Friedrich Nietzsche geprägte Devise "amor fati" ("Liebe zum Schicksal"), eine Devise, die mehr zu einer heidnisch-stoischen Weltsicht passt als zur christlichen Lehre Thomas von Aquins.

Die Metapher vom "Gang Gottes" wurde im 18. Jahrhundert geprägt und  meistens im Zusammenhang mit der Entwicklungsgeschichte der Menschheit verwendet.

Johann Gottfried Herder spricht vom "Gang Gottes unter die Nationen" und der Philosoph Hegel schreibt in seinen Grundlinien der Philosophie des Rechts, es sei "der Gang Gottes in der Welt, dass der Staat ist ...".

Kenner der Schriften Thomas von Aquins, wie der Theologe Nikolaus Wandinger vom Innsbrucker Institut für Systematische Theologie, halten es für völlig unwahrscheinlich, dass das angebliche Zitat je in einem Text Thomas von Aquins so oder so ähnlich gefunden werden wird.

Pseudo-Thomas-von-Aquin-Zitat.

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Quellen:
Hegel: Grundlinien der Philosophie des Rechts, § 25
E-Mail von Nikolaus Wandinger vom 26. Januar 2019

Beispiele für falsche Zuschreibungen:
Twitter 15. Juli 2010 (frühe Zuschreibung)
aphorismen.de/zitat/23473
gutezitate.com/zitat/275062
karmel-duisburg.eu

In Arbeit.
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Dank:
Ich danke Eduard Habsburg für den Hinweis auf dieses Kuckuckszitat und Nikolaus Wandinger vom Innsbrucker Institut für Systematische Theologie für seine Auskunft.