Montag, 30. März 2020

"Unsichtbar wird der Wahnsinn, wenn er nur genügend große Ausmaße annimmt." Bertolt Brecht (angeblich)

Entstelltes Bertolt-Brecht-Zitat.

  •  " 'Unsichtbar wird der Wahnsinn, wenn er genügend große Ausmaße angenommen hat.' Berthold [!] Brecht" [Im Falschzitat wird auch der Vorname Brechts oft falsch geschrieben.]
  • "Unsichtbar wird der Wahnsinn, wenn er nur genügend große Ausmaße annimmt. Bertold [!] Brecht"
  • "Unsichtbar macht sich die Dummheit, indem sie ungeheuer große Ausmaße annimmt." 
  • "Keynes würde nach dieser Haushaltsdebatte Brecht zitieren. Unsichtbar wird die Dummheit, wenn sie riesengroße Ausmaße angenommen hat."
  • "Die Dummheit macht sich unsichtbar, indem sie gigantische Ausmaße annimmt"
  • "Unsichtbar wird die Dummheit, wenn sie genügend große Ausmaße angenommen hat.“
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Es wurde irrtümlich vermutet, das Falschzitat sei eine Variation eines anderen Satzes von Bertolt Brecht, den Brecht 1935 für seine Pariser Rede am Internationalen Schriftstellerkongress 'zur Verteidigung der Kultur' und für das Gedicht, "Wenn die Untat kommt, wie der Regen fällt" (Link), geprägt hat. 

Die Weltöffentlichkeit war im Frühling und Sommer 1933 über die Ermordungen von Sozialdmokraten, Gewerkschaftlern und Kommunisten und die Berichte von Folterungen in den ersten Konzentrationslagern in Hitler-Deutschland empört.

1935 machten die Grausamkeiten und Verbrechen der Nationalsozialisten in Deutschland fast keine internationalen Schlagzeilen mehr.

Darauf reagierte Bertolt Brecht mit seiner Pariser Rede und dem Gedicht: "Wenn die Untat kommt, wie der Regen fällt".


  • "Wenn die Verbrechen sich häufen, werden sie unsichtbar. Wenn die Leiden unerträglich werden, hört man die Schreie nicht mehr."
    Bertolt Brecht, 1935 

 

Bertolt Brecht: Rede am Internationalen Schriftstellerkongress zur Verteidigung der Kultur,  Paris, 21. Juni 1935: 

 

  •  "Als wir zum ersten Male berichteten, daß unsere Freunde geschlachtet wurden, gab es einen Schrei des Entsetzens und viele Hilfe. Da waren hundert geschlachtet. Aber als tausend geschlachtet waren und des Schlachtens kein Ende war, breitete sich Schweigen aus, und es gab nur mehr wenig Hilfe.

    So ist es. Wenn die Verbrechen sich häufen, werden sie unsichtbar. Wenn die Leiden unerträglich werden, hört man die Schreie nicht mehr. Ein Mensch wird geschlagen, und der zusieht, wird ohnmächtig. Das ist nur natürlich. Wenn die Untat kommt, wie der Regen fällt, dann ruft niemand mehr halt."

    Bertolt Brecht, Kongressrede 1935 (Link)

Bertolt Brecht: "Wenn die Untat kommt, wie der Regen fällt", 1935:

 

  • "...
    Als es zum ersten Mal berichtet wurde, daß unsere Freunde langsam geschlachtet wurden, war da ein Schrei des Entsetzens.

    Da waren hundert geschlachtet. Aber als tausend geschlachtet waren und des Schlachtens kein Ende war, bereitete sich Schweigen aus.

    Wenn die Untat kommt, wie der Regen fällt, dann ruft niemand mehr: halt!

    Wenn die Verbrechen sich häufen, werden sie unsichtbar. Wenn die Leiden unerträglich werden, hört man die Schreie nicht mehr.
    ..."

    Bertolt Brecht: "Wenn die Untat kommt, wie der Regen fällt" (Link)

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Quellen:
Google
Bertolt Brecht: Rede am Internationalen Schriftstellerkongress zur Verteidigung der Kultur,  Paris, 21. Juni 1935 in: Die ZEIT 17/1985, "Ich fordere die Rückkehr zur Realität. Fast vergessene Dokumente: Der Schriftstellerkongreß zur Verteidigung der Kultur in Paris 1935", 19. April 1985 (Link)
 Bertolt Brecht: Der Tui-Roman, zitiert nach: "Was ist ein Einbruch in eine Bank gegen die Gründung einer Bank?" Das Brecht-Brevier zur Wirtschaftskrise. Herausgegeben von Tom Kindt. Suhrkamp Verlag, Berlin: 2016, ebook (Link)
Bertolt Brecht: "Wenn die Untat kommt, wie der Regen fällt" (um 1935) in: Die Gedichte von Bertolt Brecht in einem Band. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main: 1981, S. 552 (Link) 
[Die Zeile, "dann ruft niemand mehr: halt!", wird in diversen Brecht-Ausgaben mit unterschiedlichen Satzzeichen wiedergegeben. Ich kann noch nicht sagen, welche Version korrekt ist.] 
Viktor Farkas:  "Vertuscht: wer die Welt beherrscht; mit Informationen zum 11. September 2001",  Argo Verlag. Marktoberdorf: 2002, S. 259 (Link).
wikiquote - Diskussion 

http://forum.spiritscape.de/viewtopic.php?t=773  



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