Montag, 17. Juni 2019

"Asylkritiker können das Land jederzeit verlassen". Walter Lübcke (angeblich)

Pseudo-Walter-Lübcke-Zitat. Facebook, 3. Juni 2019.

Dem ermordeten CDU-Politiker Walter Lübcke wurde dieser Satz seit dem Herbst 2015 im rechtsextremen Milieu unterschoben. Er hat ihn nie gesagt.

Walter Lübckes verärgerter Kommentar bei einer Bürgerversammlung in Lohfelden bei Kassel am 14. Oktober 2015 war in einem anderen Wortlaut an beleidigende und hämische Zwischenrufer gerichtet, und keineswegs an alle "Asylkritiker" (Link).

Auf Zwischenrufe wie "Scheiß Staat!" versuchte Walter Lübcke die moralischen Verpflichtungen des deutschen Staates gegenüber Asylsuchenden zu erklären, um am Ende zu den hämischen und beleidigenden Zwischenrufern zu sagen:

Walter Lübcke, 14. Oktober 2015

  • ".. es lohnt sich in unserem Land zu leben. Da muss man für Werte eintreten, und wer diese Werte nicht vertritt, kann dieses Land jederzeit verlassen, wenn er nicht einverstanden ist - das ist die Freiheit eines jeden Deutschen ..."

    Walter Lübcke, Bürgerversammlung in Lohfelden zu Erstaufnahmezentren für Flüchtlinge in Hessen, 14. Oktober 2015, vor über 800 Leuten  Youtube 
Walter Lübckes verärgerte Reaktion auf beleidigende und hämische Zwischenrufer wurden bis in sein Todesjahr oft entstellt wiedergegeben:

Beispiele für entstellte und erlogene Walter-Lübcke-Zitate:



Ohne die vielen falschen Zitate wäre der Hass auf den am 2. Juni 2019 ermordeten angeblichen "Volksverräter" Walter Lübcke wahrscheinlich nicht dermaßen ausgeufert. 

Sogar sein Tod wurde im rechtsextremen Milieu noch hämisch gefeiert.

Besonders wütend reagierte jene Gruppe im rechten politischen Spektrum, die an die Ideologie glaubt, Migranten und Asylwerber würden von einer geheimen Macht gesteuert, die einen "großen Austausch", eine im Nazijargon genannte "Umvolkung" plane (Link).


Der Journalist Matern Boeselager erinnerte nach der Ermordung Lübckes an die Hassreaktionen, Mordwünsche und Morddrohungen aus dem rechten Spektrum: "So hasserfüllt war die rechtsextreme Kampagne gegen den erschossenen CDU-Politiker. Eine Dokumentation der Attacken und Drohungen, die 2015 über Walter Lübcke hereinbrachen." Vice, 4. Juni 2019 (Link)  


Die entstellten Darstellungen der Rechtsextremen wurden auch von AfD-nahen Politikerinnen wie Erika Steinbach noch vier Jahre später, im Jahr der Ermordung des CDU-Politikers Walter Lübckes, weiter verbreitet. 

Ein Gericht wird entscheiden, ob die Tötung des CDU-Politikers wirklich ein politischer Mord war. 


[Ist Ihnen ZITATFORSCHUNG zur Eindämmung falscher Zitate etwas wert? (Link)]

______
Quellen:
"Störer provozierten Regierungspräsidenten. Info-Abend zu Flüchtlingen: 800 Besucher in Lohfelden", HNA, 15. Oktober 2015 hna.de
"Walter Lübcke im Interview: 'Ich bleibe bei meiner Aussage'", HNA, 16. Oktober 2015  hna.de
"Ungeheuerlicher Vortrag des Dr. Walter Lübcke (Regierungspräsident Kassel): Deutsche sollen ihr Land verlassen, wenn sie mit der Asylpolitik nicht einverstanden sein!", 16. Oktober 2015,  
deutschelobbyinfo.com
"CDU-Politiker: Asylkritiker können „dieses Land jederzeit verlassen“, Junge Freiheit, 16. Oktober 2015 Jungefreiheit.de 
pi-news.net/2015/10/
michael-mannheimer.net/
wikipedia 
Lars Wienand: "Erika Steinbach heizte Hass auf Walter Lübcke neu an" 6. Juni 2019, t-online.de (Link)
Matern Boeselager: "So hasserfüllt war die rechtsextreme Kampagne gegen den erschossenen CDU-Politiker. Eine Dokumentation der Attacken und Drohungen, die 2015 über Walter Lübcke hereinbrachen." Vice, 4. Juni 2019 (Link) 

(Artikel in Arbeit.) 
_
Dank:
Ich danke den Wikipedia-Mitarbeiter*innen für ihre Recherchen.